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Toter in der Weißeritz

Aus dem Heim in Schmiedeberg verschwand am Mittwoch ein Inder. Nun ermittelt die Mordkommission.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Schmiedeberg. Die Arbeiter der Waldwirtschaft Göhler durften am Donnerstag nicht mehr ihren Firmenhof betreten. Die Polizei hatte das Grundstück zwischen der B 170 und der Roten Weißeritz als möglichen Tatort abgesperrt. Denn unterhalb des Betriebshofs lag ein toter Mann im Fluss.

Polizeikräfte ermitteln vor Ort.
Polizeikräfte ermitteln vor Ort. © SZ/Herz
Die Spurensicherung dokumentierte genau die möglichen Blutspuren im Buswartehäuschen in der Nähe.
Die Spurensicherung dokumentierte genau die möglichen Blutspuren im Buswartehäuschen in der Nähe. © dpa
Per Hubsteiger der Dippser Feuerwehr wurde der Tote aus dem Flussbett geborgen.
Per Hubsteiger der Dippser Feuerwehr wurde der Tote aus dem Flussbett geborgen. © dpa

Kurz vor zehn Uhr am Vormittag ist die Leiche einem Mitarbeiter des Forstbetriebs aufgefallen, der zufällig ins Wasser geschaut hat. „Unsere Sekretärin hat dann die Polizei angerufen“, berichtet ein Arbeiter. Sofort rückten dann die Polizei, der Rettungsdienst und die Feuerwehr nach Schmiedeberg zur Buschmühle aus. Sie mussten jedoch schnell erkennen, dass hier jede Hilfe zu spät kam. Der Mann war bereits tot. Die Feuerwehr fuhr nach anderthalb Stunden wieder ab, kurz danach auch die Notärztin.

Für die Polizei begannen aber intensive Ermittlungen. Schnell war die Identität des Toten geklärt. Es war ein 36-jähriger Mann, der im Asylbewerberheim Schmiedeberg gewohnt hat. Er stammte aus Indien und ist am Mittwochabend aus dem Heim weggegangen. Seitdem hatte ihn niemand wieder gesehen – bis zum Donnerstagvormittag, als er schon tot im Wasser lag.

Der Fundort der Leiche ist nicht weit vom Asylbewerberheim, rund einen halben Kilometer flussabwärts. Die Rote Weißeritz fließt hier zwischen verschiedenen Firmengrundstücken hindurch. Ihre Ufermauern sind über zwei Meter hoch. Die Rettungskräfte mussten also erst eine Leiter anstellen, damit sie zu dem Mann hinuntersteigen konnten. Noch im Wasser haben sie seinen Tod festgestellt und ihn danach nicht weiter berührt, um keine Spuren zu verwischen. Der Wasserstand der Weißeritz ist derzeit nicht besonders hoch. 17Zentimeter meldete der Pegel Schmiedeberg. Das Wasser floss in der Mitte, am Rand wächst Gras. Hier lag der Tote teilweise im Wasser.

Intensive Ermittlungen

„Von der Liegesituation konnten wir nicht erkennen, wie er zu Tode gekommen ist“, sagte Thomas Geithner, der Sprecher der Polizeidirektion Dresden. Denkbar ist vieles – vom unglücklichen Sturz bis zum Tötungsdelikt. Aber in einem solchen Fall geht die Polizei erst einmal vom Schlimmsten aus. Der Betriebshof der Waldwirtschaft wurde abgesperrt. Niemand durfte mehr von der Straße hin zum Fundort.

Die Polizei ging so vor wie am Tatort eines Verbrechens. Aus Dresden machte sich die Kommission zur Morduntersuchung auf den Weg nach Schmiedeberg, ebenso die Tatortgruppe vom Landeskriminalamt. Das sind die Spezialisten, welche auch kleinste Spuren noch finden. Ein Rechtsmediziner wurde ebenfalls nach Schmiedeberg bestellt, um die Leiche zu untersuchen. Zuerst direkt im Flussbett, so wie der Tote gefunden worden ist.

Ein solches Vorgehen ist in unklaren Situationen üblich. Wenn sich herausstellt, dass kein Verbrechen passiert ist, kann die Polizei den Einsatz der Spezialisten stoppen. Wenn sie aber einen solchen Fall unterschätzt, den Tatort nicht richtig absperrt und die Spezial-Ermittler erst nachträglich dazuholt, kann es sein, dass wichtige Spuren bereits verloren gegangen sind.

Besonders genau untersuchen die Polizisten die Bushaltestelle, nicht weit vom Fundort der Leiche entfernt. Dort fanden sie Blutspuren am Boden, die jede einzeln markiert wurden. Andere Indizien gab es im Flussbett, etwa 50 Meter oberhalb des Leichnams lag eine Baseballkappe im Flussbett. Sie sah für das Regenwetter der vergangenen Tage zu trocken aus. Ungefähr in Flussmitte war auch eine Jacke zu sehen. Ob hier ein Zusammenhang mit dem Toten besteht, müssen jetzt die Kriminalisten feststellen. Nach der ersten Überprüfung ist der Tote am Nachmittag geborgen worden, wie die Polizei informierte. Dazu wurde noch einmal der Hubsteiger der Feuerwehr aus Dipps geholt.

Im Asylbewerberheim Schmiedeberg war am Donnerstag ungewöhnlich viel Betrieb. Das ist immer so am Monatsende, denn dann werden die Sozialleistungen ausgezahlt. Diese Woche gab es Geld für November.Einzelne Bewohner, die nach der Auszahlung mit dem Bus weggefahren sind, wussten aber gar nichts davon, dass einer ihrer Mitbewohner ums Leben gekommen war.

Insgesamt sind derzeit 130 Menschen in Schmiedeberg untergebracht. Darunter sind 35 Inder, also etwa ein Viertel der Bewohner, informierte das Landratsamt. Das Leben im Heim verlief in letzter Zeit in ruhigen Bahnen, wie Martin Eckstein vom Willkommensbündnis Dippoldiswalde und Peter Hofmann (SPD), der Ortsvorsteher von Schmiedeberg, berichteten.