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Tote Frau nach Brand gefunden

Die Bewohner weiterer Wohnungen auf der Coswiger Pappelstraße wurden gerettet. Zwei kamen ins Krankenhaus.

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© Roland Halkasch

Von Sven Görner

Coswig. Die Sonne schmiegt sich wärmend an die Weinberge überm Schloss Wackerbarth in Radebeul. An diesem Sonntagvormittag sind schon viele Spaziergänger auf den Beinen. Sie genießen das schöne Frühlingswetter und die Aussicht ins Elbtal. Aber plötzlich wird die Idylle durch lautes Sirenengeheul gestört. Leute bleiben stehen. Drehen sich neugierig oder erschrocken um. Ein Krankenwagen nach dem anderen rasen auf der Meißner Straße in Richtung Coswig. Dazwischen Notarztwagen und Feuerwehren. Doch auch aus Richtung Weinböhla und Meißen steuert wenig später schweres Feuerwehrgerät das gleich Ziel an.

Am Sonntagvormittag mussten Rettungskräfte in Coswig anrücken.
Am Sonntagvormittag mussten Rettungskräfte in Coswig anrücken. © SZ/gör
Auf der Pappelstraße war in einem Mehrgeschosser ein Feuer ausgebrochen.
Auf der Pappelstraße war in einem Mehrgeschosser ein Feuer ausgebrochen. © SZ/gör
Eine Bewohnerin kam dabei ums Leben.
Eine Bewohnerin kam dabei ums Leben. © SZ/gör
Über 60 Feuerwehrleute aus dem Elbland waren im Einsatz.
Über 60 Feuerwehrleute aus dem Elbland waren im Einsatz. © SZ/gör
Eine Rußschicht an der Fassade zeugt von dem Unglück.
Eine Rußschicht an der Fassade zeugt von dem Unglück. © Roland Halkasch

Das befindet sich im Wohngebiet Spitzgrund in Coswig. Genauer auf der Pappelstraße 5. In dem langen Wohnblock der Wohnungsgenossenschaft steht eine Wohnung im Erdeschoss in Flammen. Wie von einem Bewohner der gegenüberliegenden Wohnung dieses Aufgangs zu erfahren ist, hatten Passanten bei ihm geklingelt, weil sie das Feuer in der Nachbarwohnung bemerkt hatten. „Ich bin sofort rüber, um zu helfen“, sagt der Mann in mittlerem Alter. Auf sein Klingeln kam keine Reaktion. „Da habe ich die Tür aufgetreten, um zu helfen“, erzählt er weiter. „Aber ich stand sofort in einer riesigen Rauchwolke. Ich konnte da nicht mehr rein.“ Die Feuerwehrkameraden finden die Bewohnerin, eine ältere Frau, später leblos vor. Der Notarzt kann nur noch ihren Tod feststellen.

Rauch war das größte Problem

Wie Einsatzleiter Andreas Schorbogen sagt, sei der Notruf um 10.22 Uhr bei der Leitstelle in Dresden eingegangen. „Als der Kommandowagen wenig später vor Ort eintraf, war sofort klar, dass es kein üblicher Einsatz um die Mittagszeit mit verbranntem Essen ist, sondern wir deutlich mehr Technik und Einsatzkräfte brauchen. Vor allem auch vom Rettungsdienst.“ Der Coswiger Wehrleiter nennt den Grund dafür: „Das gesamte Treppenhaus war schon so stark verraucht, dass dort niemand mehr ungeschützt durchkonnte. Es bestand daher die Gefahr, dass mehrere Bewohner Rauchgasvergiftungen erleiden könnten.“ Das Feuer sei in diesem Moment das kleinere Problem gewesen.

Parallel zur Vorbereitung des Löscheinsatzes wurde daher die Planung der Evakuierung der Bewohner aus dem Fünfgeschosser gestartet. Andreas Schorbogen: „Die Leute haben sich sehr diszipliniert verhalten und an den Fenstern gezeigt.“ Um einen sicheren Fluchtweg für die Eingeschlossenen zu bekommen lotsten die Kameraden den Coswiger Hubsteiger über den Wäschetrockenplatz von hinten an das Gebäude. Damit das gelingt, mussten aber erst einige Äste abgesägte werden. Über die Balkone an der Rückseite konnten danach die ersten Bewohner sicher nach unten gebracht werden.

Inzwischen wurde auch der Weinböhlaer Hubsteiger an der Vorderfront in Position gebracht. Einige Leute kamen mit Unterstützung der Kameraden zudem über die Treppe ins Freie. „Sie haben sogenannte Flucht- und Rettungshauben über den Kopf bekommen, um sie vor dem Rauchgas zu schützen“, sagt der Einsatzleiter.

Kreisbrandmeister Ingo Nestler erklärt, dass es mit diesen Hauben möglich ist, sich ein paar Minuten in den gefährlichen Gasen zu bewegen. „Ungeschützt wird man dagegen schon nach wenigen Atemzügen bewusstlos.“ Insgesamt werden rund 15 Menschen aus den neun betroffenen Wohnungen in der Pappelstraße gerettet. Sechs wurden nach Auskunft des Einsatzleiters medizinisch versorgt. Zwei kamen vorsorglich zur Beobachtung ins Krankenhaus.

Notunterkünfte für die Hausbewohner

Das Treppenhaus bekommt die Feuerwehr mit zwei großen Ventilatoren zwar schnell wieder rauchfrei, trotzdem wird der gesamte Aufgang bis zum Montag gesperrt. Mit Messgeräten wird dann geprüft, ob die Bewohner wieder zurückdürfen.

Vor Ort ist auch Coswigs Ordnungsamtsleiter Olf Lier. Wie er sagt kümmern sich Genossenschaft und Stadt gemeinsam darum, dass alle Hausbewohner für die Nacht ein Dach über den Kopf bekommen. Im Einsatz ist ebenso das Kriseninterventionsteam des Landkreises. Dessen geschulte Mitarbeiter betreuen die meist älteren Betroffenen.

Kurz nach 12 Uhr ist schließlich auch der letzte noch vermisste Bewohner in Sicherheit – eine Katze. Sie wird vorübergehend in die Obhut der Tierpension Heyne in Niederau übergeben.

Insgesamt sind 64 Feuerwehrleute aus Coswig, Radebeul, Weinböhla und Meißen im Einsatz. Außerdem noch 14 Rettungskräfte. Die Polizei hat bereits gestern Ermittlungen aufgenommen. Aussagen zur Brandursache gibt es bisher allerdings noch keine. Auch nicht zur Todesursache der verstorbenen Bewohnerin.