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Todesgefahr auf der Elbe

Wer Dresdens Fluss nicht kennt, muss vorsichtig sein: Welche Fehler leichtsinnige Freizeitkapitäne machen und was die Polizei dazu sagt.

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© René Meinig

Von Christoph Springer

Die Elbe hat Tücken. Wer Dresdens Fluss nicht kennt, muss vorsichtig sein. Strudel und gefährliche Strömungen können kleinen Booten zum Verhängnis werden. Es gibt sie neben großen Schiffen, an Brücken, Schiffsanlegern und den grünen und roten Tonnen, die das Fahrwasser markieren. Dazu kommt: Die Elbe ist eine Bundeswasserstraße und die Berufsschifffahrt hat stets Vorrang. Wer das alles weiß und dann noch die wichtigsten Schifffahrtszeichen und -signale kennt, kann aber getrost in See stechen auf dem drittlängsten Fluss Deutschlands.

Das machen immer mehr Freizeitkapitäne. Die Zahl der Boote nimmt zu, ist Rüdiger Steffen, der Chef der sächsischen Wasserschutzpolizei überzeugt. Zahlen kann er aber nicht nennen, ohnehin ist nicht jedes Boot registriert. Wer mit seinem Faltboot auf dem Fluss unterwegs ist oder gemeinsam mit Freunden ein Schlauchboot elbabwärts manövriert, braucht kein Kennzeichen. Ein frei erfundener Bootsname, der gut lesbar an der Außenseite steht, genügt.

Sorgen bereiten der Wasserschutzpolizei „in erster Linie revierfremde Paddler“, sagt Rüdiger Steffen. Sein Kollege Thomas Benseler erklärt genauer, was der Chef meint. „Wenn zum Beispiel der gewohnte Spreewaldpaddler auf der Elbe unterwegs ist und an der Kirche Maria am Wasser vorbeikommt, dann nimmt er das Paddel hoch, lässt sich treiben und genießt die Aussicht.“ Das Zweierboot, das wegen der Beladung hinten vielleicht etwas tiefer im Wasser liegt, dreht sich in der Strömung und treibt quer auf eine Fahrwassertonne zu. Das bedeutet Todesgefahr. Denn drückt die Strömung das Boot gegen die Tonne, dann kippt es, Wasser läuft hinein und es geht unter. „Ein Faltboot hält dem Druck nicht stand, es bricht und legt sich um die Tonne“, beschreibt Benseler das Schreckensszenario. Hat sich ein Paddler dann noch ein Band ums Handgelenk gelegt, dessen anderes Ende am Boot befestigt ist, um den Kontakt zu dem kleinen Kahn nicht zu verlieren, sollte das Boot mal kentern, kann er mit unter Wasser gezogen werden. Die Polizei rät, solche Sicherungsbänder lieber nicht zu nutzen. Dann ist im Ernstfall zwar das Boot weg, aber das Leben gerettet. „So habe ich zum Schluss nur einen Sachschaden“, sagen die Beamten.

In diesem Jahr gab es auf der Elbe in Dresden noch keinen Unfall. Rüdiger Steffen und seine knapp 50 Kollegen sind nicht nur für insgesamt 172 Flusskilometer von der tschechischen Grenze bis zum nordsächsischen Dommitzsch zuständig. Zu ihrem Einsatzgebiet gehören unter anderem auch ein Stück Mulde, viele Seen rings um Leipzig und in der Lausitz sowie mehrere Talsperren. Auch die Uferbereiche „bis zur ersten öffentlichen Straße“ sind Dienstgebiet der Wasserschutzpolizei. Ein Mopedfahrer auf dem Elberadweg ist für sie deshalb genau so ein Thema wie ein Lagerfeuer auf den Elbwiesen. Doch bei solchen Verstößen gegen Paragrafen und Regeln übernehmen schnell die Kollegen an Land.

Die Kollegen von Rüdiger Steffen, deren Dresdner Liegeplatz im Alberthafen ist, sind vor allem bei Problemen auf dem Wasser gefragt. Bei etwa 40 Prozent aller Einsätze haben sie ausschließlich mit Hobby- und Berufskapitänen zu tun. Zu vielen Wassersportlern auf der Elbe haben sie regelmäßig Kontakt. Denn fast 1 000 Paddler und Ruderer erreichen die Polizisten bei ihren jährlichen Vereinsbesuchen, bei denen die Verhaltensregeln auf dem Wasser in Erinnerung gerufen werden.

Weniger eng ist ihr Kontakt zu Bootsführern, die nicht in Vereinen organisiert sind. Diese Freizeitkapitäne fahren mit allen möglichen Wasserfahrzeugen – vom Billigschlauchboot bis zur teuren Segeljacht – auf der Bundeswasserstraße und sind für die Polizei vor allem dann greifbar, wenn sie einen Sportbootführerschein haben. Den braucht, wer ein Boot mit einer Motorleistung von mehr als 15 PS hat.

Wie auf der Straße gilt für alle Kapitäne die 0,5 Promille-Grenze. Wer mehr Alkohol getrunken hat und auffällig reagiert, riskiert ein Strafverfahren. Dass Freizeitkapitäne während der Fahrt gern bechern, mag Rüdiger Steffen aber nicht bestätigen. Das sei kein großes Problem auf der Elbe. An besonderen Feiertagen wie Himmelfahrt schauen die Beamten trotzdem genauer hin, wenn sie ausgelassene Bootsbesatzungen entdecken.

Leichtsinn ist dagegen eine Gefahrenquelle, die den Beamten zunehmend Sorgen bereitet. „Manchmal sieht man Menschen mit einfachen Baumarkt-Schlauchbooten auf der Elbe, die gerade mal für einen Badetümpel gemacht sind“, sagt Polizeihauptkommissar Thomas Benseler. „Das ist selbstgefährdend.“ Denn solche Boote sind den Kräften nicht gewachsen, die die Elbeströmung zum Beispiel an Brückenpfeilern entwickeln kann. Dann kann eine vergnügliche Bootstour schnell ein schlimmes Ende nehmen.