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Tillich in Herrnhut auf Spurensuche

Ein privater Besuch führte den Ministerpräsidenten am Sonntag nach Herrnhut. Hier erfuhr er etwas über Sorben weltweit und traf einen alten Freund.

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© Bernd Gärtner

Von Andreas Herrmann

In jungen Jahren wohnte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) einmal in Kleinwelka in einem Internat auf der Zinzendorfstraße. Bei seinem Privatbesuch am Sonntag bei der Herrnhuter Brüdergemeine kam ihm aber nicht nur das wieder in den Sinn. Auch ein sehr herzliches Zusammentreffen mit dem Herrnhuter Martin Clemens erinnerte an alte Zeiten. Beide kannten sich noch von der ersten frei gewählten DDR-Volkskammer. Kurz darauf war Tillich als Beobachter in das Europäische Parlament eingezogen. Aus dieser Phase seines politischen Lebens stammt auch der erste Eintrag in das Ehrenbuch der Zinzendorfstadt. Im Jahr 1999 hatte der Politiker Herrnhut schon einmal besucht, wie Bürgermeister Willem Riecke berichtete. Für den nunmehr zweiten Besuch hatten die Herrnhuter ein anspruchsvolles Programm vorbereitet, das in Form eines „Herrnhuter Menüs“, wie die Führung tituliert war, absolviert wurde. Wichtiger Punkt dabei: Herrnhuter-Sorbische Spezialitäten im Unitätsarchiv. Präsentiert wurden diese von Lubina Mahling, die sich hier seit fünf Jahren mit den Beziehungen zwischen Herrnhut und den Sorben beschäftigt und diese reichen wiederum auch bis in die Zeit von Zinzendorf zurück. „Die Sorben rennen mir den Ort ein“, soll der einmal formuliert haben. Auf jeden Fall kümmerten sich Herrnhuter schon seit Lebzeiten des Grafen intensiv um die Alphabetisierung ihrer wendischen Freunde. Dabei half vor allem Freund und Cousin Friedrich Caspar von Gersdorf, der seit 1731 als Oberamtshauptmann der Oberlausitz bei den Sorben missionarisch tätig war. Dass über Herrnhut auch einige Sorben in die Welt fanden, wurde am Sonntag am Beispiel des Missionars Johann August Mirtschink deutlich. Mit viel Interesse erkundigte sich Stanislaw Tillich nach dem Wirken dieses Mannes in Grönland und in Südafrika.

Aber auch das Leben von Martin Böhmer, der als einer der ersten Sorben im Jahr 1743 nach Amerika ging, fand beim Sächsischen Ministerpräsidenten großes Staunen. Das Unitätsarchiv bewahrt auch zahlreiche Tagebücher und Berichte aus Kleinwelka auf und auch das war für Tillich wieder ein kleiner nostalgischer Rückblick. Weil diese Schriften in ganz kleinen Buchstaben geschrieben sind, erinnerte er sich daran, dass ihm sein Großvater einmal erzählte, wie toll es früher war, als das elektrische Licht anging und man auch zu abendlicher Stunde noch ordentlich schreiben konnte.

Großes Interesse zeigte der Ministerpräsident schließlich auch am Herrnhuter Kirchsaal – der „guten Stube der Gemeinde“ – der beim Besuchsprogramm natürlich ebenfalls auf der Menükarte stand. Die Herrnhuter Brüdergemeine will das 300-jährige Jubiläum ihrer Gründung im Jahr 2022 im sanierten und mit der Empore auf der Schwesternseite komplettierten historischen Kirchsaal feiern. Die Baukosten liegen bei rund 1,5 Millionen Euro und müssen überwiegend aus Spenden finanziert werden. Ein Förderverein sammelt dafür Geld. Tillich, der sich auch im Freundeskreis des Klosters Sankt Marienstern in Panschwitz-Kuckau engagiert, hatte dazu auch noch ein paar gute Ratschläge für die Herrnhuter und bekam von ihnen im Kirchsaal ein Geschenk in Form eines Liebesmahltabletts. Auf diesem werden in Herrnhut zu besonderen Anlässen Tee und Rosinenbrötchen gereicht. Symbolisiert wird damit der Ausdruck einer gelebten Gemeinschaft.