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Tierschützer zeigen Geringswalder an

Ein Foto mit dem bislang wohl größten gefangenen Wels Sachsens hat für den jungen Mann ein Nachspiel.

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Von Andy Scharf

Ein Trophäenfoto könnte einem Angler aus Geringswalde teuer zu stehen kommen: Die Tierschutzorganisation Peta hat Oliver Bardehle wegen Tierquälerei bei der Chemnitzer Staatsanwaltschaft angezeigt. Die Polizei ermittelt, teilte eine Sprecherin der Justizbehörde gestern auf Anfrage mit. Dem 32-Jährigen könnten demnach laut Strafgesetz bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafen von einigen tausend Euro drohen.

Peta ist über Medienberichte auf den Angel-Coup des Geringswalders aufmerksam geworden. Bardehle hatte Anfang Juli einen kolossalen 65-Kilo-Wels nach langem Kampf aus der Elbe gezogen. Er hatte den 214-Zentimeter-Fisch mit dem Wallergriff tief ins Maul gefasst, ihn aus dem Wasser gezerrt und den Fisch mit einer Schnur am Maul fixiert. Da es schon dunkel war, hatte er den Wels bis Sonnenaufgang angebunden gelassen, um dann ein Foto mit dem XXL-Fisch zu machen. Dann setzte er den Wels wieder in die Elbe. Für Peta ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und eine Straftat. „Beim sogenannten Catch and Release – Angeln und Wieder-ins-Wasser-zurücksetzen – sind die sensiblen Flossentiere erheblichen und anhaltenden Schmerzen sowie Todesangst ausgesetzt. Viele der so traumatisierten Tiere sterben in Folge dieser Tortur trotz Zurücksetzens“, so eine Peta-Sprecherin.

Angler ist „bedient“

Der 32-Jährige erfuhr durch „Freie Presse“ von der Strafanzeige. „Ich bin bedient“, sagte Bardehle gestern. Im Nachhinein bereue er die Aktion; es sei ein Fehler gewesen. Dennoch halte er die Kritik für überzogen. „Der Wels lag die ganze Nacht ruhig im Wasser – ich habe mehrfach nach ihm gesehen. Er hatte zehn Meter Leine, um zu schwimmen.“ Der Angler sei abends allein gewesen und habe unbedingt den Fang dokumentieren wollen. „Es war immerhin der bislang wohl größte Wels, der in Sachsen geangelt wurde“, so Bardehle. Den Koloss wie beim Angeln angedacht zu töten, sei keine Option für ihn gewesen. „Ich hätte den 2,14-Meter-Riesen weder transportieren können, noch hätten 65 Kilogramm Fisch in die Gefriertruhe gepasst.“

Für Fisch-Experten ist dieser Fall klar. „Der geschilderte Vorgang ist bedenklich“, betonte Dr. Gert Füllner von der sächsischen Fischereibehörde im Landesumweltamt. Er verweist auf das Tierschutzgesetz. Demnach dürfe Fischen nur dann Schmerz zugefügt werden, wenn es einen vernünftigen Grund gebe. „Und der wäre Angeln, um zu essen und nicht, um ein Foto zu machen.“ Fisch-Veterinärin Dr. Kerstin Böttcher pflichtete bei: „Fische gefangen halten und sie dann wieder freilassen – das ist Quälerei.“ Der Mann habe über die Stränge geschlagen. „Wenn er den Fisch nicht herausnehmen will, dann braucht er auch nicht angeln“, betonte die Fachtierärztin der sächsischen Tierseuchenkasse.

Der Anglerverband Leipzig sieht die Aktion von Oliver Bardehle ebenfalls kritisch. „Das macht man nicht“, sagte Friedrich Richter. Wenn, dann müsse er den Wels sofort wieder einsetzen. Richter halte nichts davon, dass sich Angler mit dem Fang zur Schau stellen. Bardehles Vereinskollege Jens Schumann vom Leipziger Verein „Angelspezi XXL“ hatte einst den Wels-Fang als „herausragende Leistung“ gepriesen – aus Unwissenheit, sagte er. Nun rudert er zurück. „Bei großen Fischen ist das Halten über Nacht nicht gut. Da hat er sich ein Eigentor geschossen. Die Aufruhr ist verständlich.“

Laut Peta kommt dieses „Trophäenangeln“ oft vor. Die Sprecherin schildert die Qualen der Fische. „Stellen Sie sich vor, Sie greifen nach einem Apfel. Plötzlich wird Ihre Hand von einem Metallhaken durchbohrt. Mit Ihrem ganzen Körpergewicht an einer Hand hängend, werden Sie aus der Luft in eine Atmosphäre gezogen, in der Sie nicht mehr atmen können.“ Unsinn und übertrieben, entgegnet Angler Jens Schumann. Dann müsste auch verhindert werden, dass Katzen Vögel mit ihren Kralle durchbohren. Und Rekord-Mann Bardehle bemerkte: „Wenn Angeln per se Quälerei sein soll, gibt es in Deutschland 3,3 Millionen Tierquäler.“ (FP/mit grün)