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ThyssenKrupp verhökert alte Schätze

Firmenjet, Jagden und Immobilien – es ist ein wahrer Flohmarkt für die Superreichen.

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© dpa

Von Uta Knapp und Erik Nebel

Essen. Aufräumen ohne Tabus bei ThyssenKrupp: Im Zuge seines Umbaukurses beim Essener Traditionskonzern trennt sich Vorstandschef Heinrich Hiesinger radikal vom 2Erbe2.

Nachdem er das angeschlagene Unternehmen in den vergangenen Jahren zunächst wirtschaftlich stabilisierte und den 160 000 Beschäftigten eine neue auf Offenheit ausgerichtete Firmenkultur verordnete, geht es jetzt auch um die Symbole der Vergangenheit. Ob Immobilien, Firmenjet oder Jagdreviere – der Manager treibt nun die Trennung von manch liebgewordenem Relikt des alten Konzerns voran.

Prominentestes Beispiel ist das ehemalige Wohnhaus des 2013 im Alter von 99 Jahren gestorbenen Krupp-Patriarchen Berthold Beitz. Die in den 50er-Jahren errichtete Villa im Essener Nobelvorort Bredeney stehe zum Verkauf und werde bereits von Interessenten besichtigt, berichtet eine Unternehmenssprecherin. Zuvor hatte der Konzern sich bereits von dem ehemaligen Wohnhaus von Bertha Krupp getrennt. Die rote Karte gab es auch für die firmeneigenen Jagden und den Privatjet. Auch für den noblen Kieler Jacht-Club wird derzeit ein neuer Eigentümer gesucht.

Allein das ehemalige Beitz-Wohnhaus in bester Essener Wohnlage könnte mehrere Millionen Euro in die Konzernkasse spülen. Nach Medienberichten dürfte das rund drei Hektar große Grundstück oberhalb des Baldeneysees einen Wert von mindestens zehn Millionen Euro haben.

„Wenn man das erhalten möchte, kann man das auch ohne Denkmalschutz“, sagte die Leiterin der Essener Denkmalpflege, Petra Beckers, zur Diskussion über einen Schutz des Gebäudes. Der Bau sei „nett, aber nichts Außergewöhnliches“. Jetzt, da das Haus leer sei, erinnere nichts mehr an den ehemaligen Bewohner. Der Industrielle, der in dem Haus ein lebenslanges Wohnrecht genossen hatte, hatte dort über Jahrzehnte hinweg gelebt und wichtige Persönlichkeiten empfangen.

In der 2010 vorgelegten Beitz-Biografie von Joachim Käppner heißt es, der einst moderne Flachdach-Bungalow sei nach den Vorgaben von Beitz errichtet worden, nachdem der damalige Krupp-Manager den Einzug in eine ihm als Domizil angebotene düstere Fabrikantenvilla abgelehnt habe.

Für ThyssenKrupp hat das Gebäude keine Funktion mehr. Eine Sprecherin sagte, dass es ausschließlich privat genutzt worden sei. Das Gedenken an die Vergangenheit will ThyssenKrupp anderswo wachhalten. „Ort der Erinnerung und des Gedenkens an Berthold Beitz und sein Wirken für den Konzern sind für ThyssenKrupp die Villa Hügel und das Stiftungsgebäude“, heißt es. Bertold Beitz war Chef der Krupp-Stiftung, die ihren Sitz auf dem Gelände des Krupp-Stammsitzes Villa Hügel hat.

Größtenteils abgeschlossen ist die Aufgabe der zahlreichen Jagdreviere des Konzerns. In Wirtschaftswunderzeiten fädelten die alten Firmenpatriarchen dort noch so manches Geschäft ein. In die heutige Wirtschaftswelt passen sie offensichtlich nicht hinein. Schwerer tut sich der Konzern bislang mit dem geplanten Verkauf des Firmenjets. Dieses Überbleibsel aus besseren Tagen lässt sich heute kaum noch wirtschaftlich betreiben. Doch noch hat ThyssenKrupp dafür kein passendes Gebot erhalten. Auch der erst 2007 von ThyssenKrupp für 2,45 Millionen Euro gekaufte Kieler Jacht-Club steht bereits wieder zum Verkauf. Zur Umwidmung des Gebäudes zum „Alfried Krupp-Haus“ reisten damals neben dem Kieler Ehrenbürger Berthold Beitz auch der damalige ThyssenKrupp-Vorstandschef Ekkehard Schulz und der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme an. (dpa)