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Thiemendorfer Wölfe sind Amerikaner

Das Video von Wolfswelpen des Königshainer Rudels stammt wahrscheinlich aus Wisconsin. Die Rietschener Wolfsexperten stehen blamiert da.

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© Bernd Wüstneck/dpa

Von Constanze Junghanß

Lausitz. Am Donnerstag bestätigte Helene Möslinger vom Lupus-Institut noch schriftlich gegenüber der SZ: „Die Aufnahme stammt aus einem Waldstück bei Thiemendorf und ist vom Dezember 2016. Es konnte somit der Welpennachweis für das Königshainer Berge-Rudel erbracht werden.“ Damit bezog sie sich auf ein 46 Sekunden langes Video im Internet, das Wölfe im Wald zeigt. Der Beitrag wurde bisher rund 15000 Mal aufgerufen. Ein Jänkendorfer stellte ihn am Mittwoch auf seine Facebookseite und schrieb den Zusatz „In Thiemendorf“ dazu.

Doch dem ist nicht so. Bei den Wölfen im Video sei zumindest bei zwei Tieren erkennbar, dass es Timberwölfe sind, sagt Friedrich Noltenius. Er ist Jäger und betreibt gleichzeitig Wolfsmonitoring im Kamenzer Raum. Vor allem die Fellzeichnung beim vierten und fünften Wolf im Bild sei besonders kontrastreich und weise darauf hin. „Timberwölfe gibt es in Amerika“, sagt er. Und aus den USA stammt wohl auch das Ursprungsvideo, das nun angeblich Tiere in der hiesigen Region zeigt. Auf der Facebookseite eines amerikanischen Senders taucht der Film am 15. Dezember ebenso auf, wie bereits am 10. Dezember auf der Facebookseite von Craig Kavajecz – angegebener Wohnort Port Wing, Wisconsin. Angeklickt wurde auf seiner Seite der Film über eine Million Mal. Er scheint der Autor des Beitrags zu sein. Auf seiner Seite vermuten mehrere Kommentatoren Kojoten, statt Wölfe. Friedrich Noltenius ist das Video schon länger bekannt. Ihm ist schleierhaft, wie das Lupus-Institut zu der Einschätzung kam, dass es sich bei den Wölfen um Welpen und dazu noch welche aus dem Königshainer Rudel handeln würde. Die SZ fragte wiederholt beim Lupus-Institut nach. Helene Möslinger sagt, Erkennungsmerkmal der Welpen wäre das etwas wuscheligere Fell sowie der kleinere Wuchs. Dem widerspricht Noltenius. Gerade in der kalten Jahreszeit sei das extrem schwierig einzuschätzen, da die Tiere Winterfell tragen. Auch an der Größe sei nicht zwingend auszumachen, ob Welpen zu sehen sind.

Das Video selbst wurde dem Lupus-Institut am 5. Januar von der Unteren Jagdbehörde des Landkreises zugeschickt. So bestätigt das auch Kreis-Pressesprecherin Gerlind Walter. „Das Video erhielt die Untere Jagdbehörde von einem Jäger“, sagt sie. Die Behörde leitet alle bei ihr eingehenden Hinweise zu Wölfen ungeprüft an das Institut weiter. Dort gehen im Schnitt 3000 Hinweise pro Jahr zu Wolfssichtungen aus ganz Sachsen ein. Darunter wären manchmal auch Falschmeldungen.

Helene Möslinger von Lupus sagt der SZ jetzt, dass es nun doch keinen Nachweis für Wolfswelpen des Königshainer Rudels gebe. Völlig ausschließen möchte sie Nachwuchs bei dem Rudel jedoch nicht. Allen Hinweisen werde vor Ort aber gar nicht nachgegangen, erklärt sie. Einer der Wölfe im Video hätte Ähnlichkeit mit einem hiesigen Tier gehabt und sie habe sich außerdem auf die offizielle Meldestelle des Landkreises verlassen.

Nach SZ-Informationen soll selbst ein Jäger vom Jagdbezirk Thiemendorf die Echtheit des Videos bestätigt haben. Georg Brückner, Jagdpächter in Thiemendorf, will nun prüfen, wer es in Umlauf brachte. Wolfsspuren in Richtung Wiesa könnten auf Jungtiere hindeuten, sagt er.

Das würde die These von Anwohnerin Gesine Knobloch bestätigen. Sie schreibt öffentlich auf Facebook, dass ihrer Meinung nach in Thiemendorf tatsächlich ein Rudel mit sieben Wölfen unterwegs sei. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nun aber nicht mehr.