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Tharandts Angesicht

Eine Ausstellung zeigt die Forststadt im Wandel. Die Motive überraschen auch Ortskundige.

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© Wilfried Schulze

Von Verena Schulenburg

Tharandt. Das markante Gebäude der Forstakademie hat sich kaum verändert. Schon vor über hundert Jahren säumte es die Pienner Straße in Tharandt, wie die schwarz-weiße Aufnahme beweist. Doch was ist das für ein Haus? „Rathaus“ steht zwar in dicken Buchstaben auf der Fassade. Die Tharandter Rathausspitze sitzt dort aber nicht mehr. Stattdessen kümmern sich heute Zahn- und Allgemeinarzt in dem Gebäude um das Wohl der Einwohner.

Dort, wo früher die Stadtspitze in Tharandts Mitte saß, gehen heute Mediziner ihrer Arbeit nach. Direkt daneben befindet sich heute der neue Sparkassenbau. Die Tharandter Stadtverwaltung sitzt mittlerweile im ehemaligen Sanatorium, direkt am Stadtpark.
Dort, wo früher die Stadtspitze in Tharandts Mitte saß, gehen heute Mediziner ihrer Arbeit nach. Direkt daneben befindet sich heute der neue Sparkassenbau. Die Tharandter Stadtverwaltung sitzt mittlerweile im ehemaligen Sanatorium, direkt am Stadtpark. © Wilfried Schulze
Wilfried Schulze (62) vor seinen Werken im Tharandter Judeich-Bau.
Wilfried Schulze (62) vor seinen Werken im Tharandter Judeich-Bau. © Andreas Weihs

Der Mann, der Tharandts Ansichten einen Hauch Historie verpasst hat, heißt Wilfried Schulze. Auch so mancher Ortskundige grübelt über den Bildern, die derzeit im Foyer des Judeich-Baus der Forstakademie der TU Dresden zu sehen sind. Denn welcher Straßenzug da gerade dargestellt wird, verrät keinerlei Notiz am Werk. „Warum auch?“, fragt Wilfried Schulze mit einem breiten Grinsen.

Die Grundlage für die insgesamt 25 Tharandter Ansichten sind alte Postkarten. Diese stammen aus den Sammlungen von Otto Wienhaus aus Tharandt und André Kaiser aus Grillenburg. „Von den rund einhundert Motiven, die ich mir ausgewählt hatte, haben am Ende aber nur 35 Ansichten gepasst“, erzählt Schulze. Einige davon konnte der 62-Jährige, der seit 17 Jahren in Tharandt wohnt, nun in der Forststadt ausstellen. Die Idee dazu kam ihm anlässlich der 800-Jahr-Feier, die Tharandt 2016 beging.

Nur wie hat er es geschafft, Altes und Neues so geschickt miteinander zu verbinden, dass sich die schwarz-weiße Aufnahme in das aktuelle Farbfoto fügt? „Ganz einfach“, sagt Wilfried Schulze, „man läuft durch Tharandt und versucht die Perspektive des damaligen Fotografen zu finden.“ Ganz so einfach ist es aber nicht. Abgesehen davon, dass Technik und Lichtverhältnisse stimmen müssen, muss auch der Standpunkt für das Fotomotiv exakt derselbe sein. „Mitunter sitzt man dann Zuhause vorm Bildschirm und stellt fest, dass es nicht funktioniert“, erzählt Schulze. Drei bis vier Anläufe für ein Motiv brauche man also schon, sagt er – und außerdem gute Kenntnisse in der Bildbearbeitung.

Manches Motiv hat ihn besonders beschäftigt. Die Schlossansicht in Grillenburg wollte erst nicht gelingen. „Den exakten Winkel zu finden, war schwierig“, erklärt er. Und der Blick auf das Gasthaus Waldhof zu Grillenburg musste aus der Vogelperspektive geschossen werden – vom Dachgeschoss des heutigen Vereinshauses aus.

Eigentlich ist Wilfried Schulze promovierter Ingenieur, verdiente in der Elektrotechnik sein Geld und betreute zuletzt als Selbstständiger große IT-Projekte. „Fotografiert habe ich aber schon immer gern“, sagt der gebürtige Dresdner. Schon früher entwickelte er Zuhause die Fotos seiner Kinder in der eigenen Dunkelkammer. „Das hatte den Vorteil, dass die Omas die Fotos gleich bekommen konnten“, sagt Schulze und schmunzelt. Die Fotografie sollte aber sein Hobby bleiben. Ganz unbekannt ist sein Talent in Tharandt nicht. Schon vor einiger Zeit stellte Schulze Fotografien in der Kuppelhalle aus, darunter auch Aktbilder. Weniger aufsehenerregend, aber nicht uninteressiert werden nun seine Tharandter Ansichten beäugt. Während einige Studenten verwundert vor den Aufnahmen stehen und überlegen, wie das funktioniert, würden sich ältere Tharandter vor allem daran erfreuen, wie sich ihre Stadt verändert hat.

Tharandter Ansichten: montags bis freitags, 7-18 Uhr im Foyer des Judeich-Baus, Pienner Str. 19 in Tharandt.