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Tharandter Burgkeller wird russisch

Maxim Satanovskiy stammt aus dem Ural, ist eigentlich IT-Experte und bietet nun einen Mix aus zweierlei Küchen an.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Tharandt. Drei Monate haben sie für die Neueröffnung gearbeitet. Die Küche ist geputzt, die Decke der Gaststube gemalert, der Geschirrspüler repariert, das Geschirr gewaschen. „Ich habe in der Zeit zwölf Kilo abgenommen“, sagt Maxim Satanovskiy und klopft auf den nicht vorhandenen Bauch. Jetzt ist es endlich soweit: Der Burgkeller Tharandt ist wieder geöffnet. Unter altem Namen, mit der gewohnten Einrichtung, aber unter neuer Führung. Und mit einer Speisekarte, die eine Mischung aus deutscher Küche und russischer Spezialitäten auflistet.

Denn Wirt Satanovskiy, 43 Jahre alt, und sein junger Koch Daniil Ubnitskiy, 19, stammen Russland. Beide kommen aus einer Stadt in der Nähe von Jekaterinburg im Ural. Satanovskiy siedelte 2013 mit seiner Familie nach Dresden über, als seine Frau, eine Ärztin, hier Arbeit fand. Sein Koch kam mit seinen Eltern bereits als Schüler nach Sachsen. Das war 2005. Gefunden haben sie sich nicht zufällig – Daniil ist der Sohn von Satanovskiys Schulfreunden. Den Burgkeller entdeckte der Wirt 2014 bei einem Spaziergang durch Tharandt. „Schon damals dachte ich, das wäre doch etwas“, erinnert er sich.

Kochen und Gastronomie ist seine Leidenschaft. Schon in seiner Heimat betrieb er zwei Jahre lang ein Restaurant. Sein Geld verdiente er allerdings lange als Techniker und IT-Experte. Als er nach Deutschland kam, setzte er sich zunächst auf die Schulbank und paukte die fremde Sprache. „Ich hatte Deutsch auch schon in der Schule, aber ich war der schlechteste Deutschschüler meiner Klasse“, erzählt er und lacht.

Anschließend holte er Diplome nach, die für eine Anstellung als IT-Experte in Deutschland notwendig waren. Doch dann entschied er sich für die Selbstständigkeit als Wirt. Das gefalle ihm einfach viel besser als die Arbeit vor dem Computer. Dass er mit dem Tharandter Burgkeller kein unproblematisches Haus übernommen hat, ist ihm klar. Nach der Wende wurde die Gaststätte mit Hotel lange von der Tharandter Familie Müller-Kenk betrieben. Doch im März 2011 mussten sie aufgeben – die Gäste blieben aus. 2012 fand sich ein Käufer für das Haus und ab Oktober auch ein neuer Pächter für Hotel und Gaststätte. Doch ein Dreivierteljahr später schloss der Burgkeller wieder. Er verfiel in einen Dornröschenschlaf, der lediglich von Dieben gestört wurde, die im März 2015 in das Haus einbrachen, aber keine nennenswerte Beute machen konnten. Im Herbst 2015 war der Burgkeller plötzlich wieder Gesprächsthema in Tharandt, als das Gerücht durch die Stadt geisterte, Asylbewerber sollten dort untergebracht werden.

Die vergangenen fünf Jahre des Burgkellers sind auch ein Spiegelbild der Tharandter Gastronomie. So nach und nach schlossen hier die Gaststätten. Verschwunden ist das „Artlokal Feuerstein“ an der Wilsdruffer Straße. Geschlossen haben längst die „Tharantel“ und der „Hubertushof“ an der Dresdner Straße. Letzterer ist heute ein Dönerimbiss. Immerhin: Gehalten hat sich das „Schillereck“, etabliert hat sich die „Pizzeria La Bella“. Maxim Satanovskiy ist sich aber sicher, dass er es schaffen kann und kalkuliert mit Preisen zwischen sieben und 14 Euro pro Essen. Locken will er seine Gäste mit typisch deutschen Gerichten wie Schnitzel, Wildgulasch und Forelle. Aber auch mit Soljanka, russischem Jägertopf – „das Rezept habe ich von meiner Mutter“ – oder Pelmeni. Die gefüllten Teigtaschen gibt es entweder gekocht oder, typisch für die Küche des Urals, angebraten. In Handarbeit geformt und nach Tharandt geliefert werden sie von einem Freund Satanovskiys, der ein Restaurant in Dresden betreibt.

Geöffnet sein soll der Burgkeller immer dienstags bis sonntags von zwölf bis 22 Uhr. Der Wirt will auch den Hotelbetrieb wieder in Schwung bringen. Die zehn Zimmer sollen renoviert und neu ausgestattet werden. Frühestens zum Jahresende, eher aber 2017, rechnet er damit, die Vermietung starten zu können. Zunächst soll das Restaurant richtig anlaufen. Touristen, Wanderer, Studenten und die Tharandter selbst – Satanovskiy ist sich sicher, dass in der Forststadt genügend potenzielle Gäste vorhanden sind.