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Teures Wechselgeld

Wer in Riesa Münzen braucht, zahlt eine deftige Gebühr. Mancher Händler zieht deshalb schon Konsequenzen.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Auf seine Bank ist Mario Büttner in letzter Zeit nicht gut zu sprechen. Abzocke ist noch eines der harmloseren Wörter, die fallen, wenn der Geschäftsführer der Riesaer Zoohandlung Tierreich erst einmal ins Erzählen kommt. Was Büttner so in Rage bringt, sind die Gebühren, die die Volksbank auf die Geldmünzen erhebt, die die Riesaer Einzelhändler am Automaten oder am Schalter abholen. Und die haben es, gemessen am Wert der Geldstücke, in sich: „Für zehn Rollen mit Ein-Cent-Münzen im Wert von fünf Euro zahle ich eine Gebühr von sage und schreibe vier Euro“, schimpft Mario Büttner. Die gleiche Gebühr werde auf Zwei-Cent-Münzen erhoben. Bei Zwei-Euro-Stücken werden noch 1,50 Euro für einen Gesamtwert von 50 Euro fällig. Er habe sich auch schon bei der Bank darüber beschwert, sagt Mario Büttner. Ein Gesprächsangebot gab es bereits, noch habe das Treffen aber nicht stattgefunden.

Der Tierreich-Chef ist nicht der einzige Händler, der sich über die Gebühren aufregt. Volksbank-Vorstand Markus Ziron muss wegen des Themas zurzeit häufig aufgebrachte Kunden beschwichtigen, sagt er. Auf die Gebühren angesprochen, bestätigt Ziron: „Das sorgt für großen Unmut bei den Kunden.“ Betroffen seien in erster Linie die Einzelhändler, vom Bäcker und Fleischer bis hin zum Wirt. „Bei ihnen kochen die Emotionen hoch – auch, weil sie es bisher nicht kannten, dass sie zahlen müssen.“ Dabei habe die Gebühr gar nicht das Ziel, Gewinne zu erzielen, beteuert er. Vielmehr habe das alles mit den steigenden Kosten für das Münzgeldgeschäft zu tun. Grund sei eine EU-Regelung, die bereits seit 2015 gilt. Seitdem stünden die Banken unter dem Zwang, die Münzen zu kontrollieren. Zum einen auf Echtheit, zum anderen auf Abnutzungserscheinungen. Diese Aufgaben habe früher die Bundesbank übernommen. „Für uns hieß das: Wir mussten hier vor Ort in Technik investieren.“ Und die ist nicht günstig. Rund 200 000 Euro kostet ein Automat, der die Münzen prüft. Das sei aber nicht der Hauptkostenpunkt, erklärt Ziron. „Wir beschäftigen eine Vollzeitkraft, die sich ausschließlich um das Thema Münzen kümmert.“ Zudem müsse die Technik ständig gewartet und überprüft werden. Trotzdem glaube er daran, dass es sinnvoll sei, den Service für die Kunden weiter anzubieten, so Ziron. Aber eben nicht für lau. Er verstehe, dass mancher Kunde bei Schalterpreisen von 40 Cent für 50 Ein-Cent-Stücke schlucken muss, sagt der Bankvorstand. „Aber glauben Sie mir, das ist ein aufwandsgerechter Preis pro Rolle.“

Die Sparkasse Meißen kennt das Problem mit dem Münzgeld. Dort allerdings sei es derzeit noch möglich, Münzen ohne Gebührenaufschlag zu bekommen, sagt Sprecher Ralf Krumbiegel. Dort zahle der Kunde lediglich die normalen vertraglich vereinbarten Gebühren je nach Kontomodell. „Allerdings gilt dieses Angebot nur für Sparkassen-Kunden.“

Preise werden angepasst

Die Volksbank dagegen möchte weiter jedem die Möglichkeit geben, sich auch mit Kleingeld zu versorgen. An den in der Filiale in Riesa stehenden Automaten fallen die Gebühren geringer aus. Statt 40 werden dann etwa nur 30 Cent für eine Rolle mit Ein-Cent-Münzen verlangt. Aber wer dort viele Rollen besorgen möchte, der warte eben auch ewig, kritisiert Mario Büttner. „Und häufig hat der Automat auch gar nicht so viele Münzrollen vorrätig, wie ich brauche“, sagt Mario Büttner.

Die Händler jedenfalls reagieren auf die Gebühren. Im Tierreich werden zurzeit die Waren so umbepreist, dass dort keine Ein- und Zwei-Cent-Münzen mehr benötigt werden. Auch Markus Ziron bemerkt, dass viele Händler ihre Preise entsprechend um einige Cent nach oben oder unten korrigierten. Freilich sieht nicht jeder Geschäftsführer die Lage so dramatisch. Es sei doch logisch, dass bei dem Aufwand auch Kosten anfallen, sagt etwa Bäckerei-Chef Matthias Brade. „Wir sind aber auch etwas anders aufgestellt“, gesteht er ein. Kleinere Händler treffe das womöglich schwerer.

Existenzbedrohend sind die Gebühren aus Sicht von Lars Fiehler, dem Sprecher der Industrie- und Handelskammer in Dresden, nicht. „Vielmehr ärgern sich die Betroffenen darüber, da sie dem Verfahren mehr oder weniger ausgeliefert sind.“ Fiehler verweist zudem auf einen wichtigen Punkt: Das neue Prüfverfahren hätten sich „die Banken weder ausgedacht, noch finden sie es gut“. Wie es weitergeht, sei nicht ganz leicht auszumalen. Aber der Weg in Richtung bargeldloses Bezahlen dürfte über kurz oder lang wohl unumkehrbar sein. Volksbank-Vorstand Markus Ziron pflichtet ihm in dem Punkt bei. Im Grunde sei das für jeden Ladenbesitzer auch sicherer, als abends mit dem Geldkoffer zur Bank zu fahren.

Auch Mario Büttner fürchtet, dass die Gebühren das Ende des Bargelds einläuten. Anders als die Banken sieht er ihm skeptisch entgegen: „Bargeld ist geprägte Freiheit. Wenn alles nur noch über die Karte geht, dann haben wir den gläsernen Bürger.“ Er für seinen Teil wolle das nicht.