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Teurer Genuss am Schillerplatz

Ein neuer Laden greift den Trend zur bewussten Ernährung auf. Auch die anderen Gastronomen denken um.

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© Sven Ellger

Von Julia Vollmer

Selbst gemacht statt schnell und billig produziert vom Discounter. Zwei bis drei Tage trocknen die Nudeln der Pastamanufaktur Pasta Lucia an der Luft und werden danach von Hand verpackt. Diese Nudeln stehen nun im Regal neben geröstetem Kaffee und Wasser mit Salzkristallen. Über den Regalen hängt ein Fernseher. Was deshalb zunächst wie eine Sportkneipe anmutet, ist eigentlich ein Laden für Delikatessen aus der Region: der Topfgucker-Laden nahe dem Schillerplatz.

Inhaberin Christiane Weigel-Andersch setzt mit ihrem Laden auf den Trend zur bewussteren Ernährung, den auch die anderen Gastronomen im Viertel bestätigen. Statt beim Lebensmitteleinkauf vor allem auf den Preis zu schauen, wird zunehmend die Qualität und die Herkunft der Produkte wichtiger.

Um den Kunden mehr über die Herkunft ihrer Produkte zu erzählen, dreht Christiane Weigel-Andersch zu jedem Lebensmittel ein Video. Diese Filme gibt sie den Kunden zum Einkauf dazu. Die 44-Jährige ist eigentlich Lebensmitteltechnikerin, arbeitete aber jahrelang in der Fernsehbranche, erzählt sie. Konzipiert hat sie die Video-zum-Produkt-Idee 2012 mit ihrem Ehemann, inzwischen gehen sie allerdings getrennte Wege. „Es ist aus meiner Sicht wichtig, sich mit dem auseinanderzusetzen, was wir essen und trinken“, so Weigel-Andersch. Wer also ständig Bauchschmerzen hat, könne besser mit schonend gerösteten Kaffee klarkommen, sagt sie.

Mehr Geld für gute Qualität beim Essen – das beobachtet auch Thomas Jacob vom Schillergarten. Das Traditionsrestaurant an der Elbe setzt vor allem beim Fleisch auf regionale Produkte. Die Rinderroulade, die auf der aktuellen Winterkarte steht, stammt aus der hauseigenen Fleischerei, genauso wie die Bratwürste. Daneben wird der Schillergarten unter anderem von einem Schweinehof in der Oberlausitz beliefert. „Unsere Gäste fragen vermehrt, woher unser Fleisch und unsere Wurst kommen“, erzählt Thomas Jacob. Einfach essen, was auf dem Teller liegt, das beobachtet er immer seltener. Artgerechte Tierhaltung und kurze Lieferwege, das sei den Kunden wichtig. Und das dürfe dann auch mehr Geld kosten als Discounterware.

Etwas mehr Geld, aber in einer durchaus bescheideneren Dimension, kostet die Rinder-Currywurst bei Curry & Co. am Schillerplatz. 2,90 Euro und damit vierzig Cent mehr als die mit Schwein. Und trotzdem wird sie genauso oft gekauft wie die anderen, beobachtet Inhaberin Susanne Meyer-Götz. „Gerade hier am Schillerplatz essen die Kunden bewusster, achten mehr auf Herkunft und Zusammensetzung der Nahrungsmittel“, sagt sie. Das liege natürlich auch an der anderen Einkommensstruktur. Traditionell würden die Blasewitzer und Loschwitzer mehr Geld verdienen als beispielsweise die Neustädter, wo die zweite Dresdner Filiale des Curry-Imbisses liegt. Der Laden bezieht seine Wurst aus einer regionalen Fleischerei, die extra für Curry & Co. produziert.

„Eine der meistverkauften Würste bei uns ist die vegane, auch hier merken wir ein Umdenken der Kunden“, so Meyer-Götz. Nicht nur die jüngeren Gäste, die in den umliegenden Büros arbeiten und ihre Mittagspause mit Wurst und Pommes verbringen, greifen zur fleischlosen Variante auch mehr Senioren. Susanne Meyer-Götz beobachtet, wie vermehrt Kunden über 60 Jahre in ihren Laden kommen. Auch runde Geburtstage jenseits der 50 werden häufiger in der Würstchen-Braterei gefeiert. Beim Party-Catering begehrt: vegetarische Würste und vegane Gemüse-Pommes.

Vom Vegan-Trend profitiert auch der Biomarkt Podemus am Schillerplatz. Geschäftsführer Bernhard Probst plante schon länger, sein Geschäft zu erweitern. Denn auf den bisherigen 180 Quadratmetern kann er nur die Hälfte seines Sortimentes anbieten. Nun mietete er den benachbarten ehemaligen Fotoladen an, um mehr Fläche dazuzugewinnen.

Jetzt soll umgebaut werden. Bis Ende Februar kommt neuer Fußboden inklusive einer Heizung rein. Es entstehen auch breitere Gänge, bevor der Supermarkt mit 360 Quadratmetern Verkaufsfläche wieder öffnet. Der Eingang bleibt erhalten, der Ausgang wird in das ehemalige Fotogeschäft verlegt. Rund 200 000 Euro kostet der Umbau. Acht Märkte betreibt Podemus mittlerweile in Dresden, so der Geschäftsführer. Von seinem eigenen Hof stammen nur noch rund acht Prozent des Fleisches, dass verkauft wird. Der Rest kommt von Biobauernhöfen aus der Region.