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Teure Weihnachtsleckerei

Die Preiserhöhungen beim Großhandel, der mehr als 600 Unternehmen beliefert, wirken sich auch auf die Stollenpreise der Görlitzer Bäcker aus.

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© nikolaischmidt.de

Von Marvin Liebig

Görlitz. Eigentlich liegen Welten zwischen Kalifornien und Görlitz. Dass die beiden doch mehr miteinander zu tun haben als gedacht, zeigt sich im Moment. Wie die Bäcker- und Konditorengenossenschaft Sachsen-Brandenburg (Bäko) in Groitzsch mitteilt, ist der Durchschnittspreis aller Rohstoff-Zutaten für die Stollenproduktion dieses Jahr um etwa zehn Prozent gestiegen. Das läge vor allem an der anhaltenden Dürre in Kalifornien, wo ein Großteil der für den Stollen unentbehrlichen Mandeln herkommt. Durch Trockenheit und Brände gab es in diesem Jahr Missernten und sogar Totalausfälle in den Plantagen.

Die Preiserhöhungen beim Großhandel, der mehr als 600 Unternehmen beliefert, wirken sich auch auf die Stollenpreise der Görlitzer Bäcker aus. „Wir mussten die Preise dementsprechend anpassen“, sagt Gerd Eichler von der Feinbäckerei Melzer aus Königshain. Demnach kostet ein Kilogramm Stollen aktuell elf Euro. Im Vorjahr waren es noch 50 Cent weniger. Laut dem 48-Jährigen, der das Geschäft seit 15 Jahren gemeinsam mit seiner Frau Heike führt, habe man versucht, die Preise stabil zu halten. Letztlich sei es aber nicht möglich gewesen. „Fast alle Zutaten sind teurer geworden“ , erklärt Gerd Eichler. „Butter, Rosinen, Mohn und ganz besonders Mandeln.“ Die würden pro Kilo etwa fünf Euro mehr kosten. Bei mehreren Tonnen produzierten Stollens mache das schon einiges aus.

Obwohl auch der Geldbeutel der Kunden darunter leidet, hat sich noch keiner bei Heike und Gerd Eichler im Geschäft beschwert. „Wenn wir ihnen die Umstände erklären, zeigen sie Verständnis dafür“ , erzählt Herr Eichler. Nur einmal habe jemand per E-Mail die Preisentwicklung in den letzten Jahren vorgelegt und um Aufklärung gebeten. Die habe er dann erhalten und nachvollziehen können. Wahrscheinlich auch, weil in diesem Jahr außer dem Stollen nichts anderes in der Bäckerei teurer geworden ist.

Viel erklären musste Eckehard Raschke seinen Kunden nicht. Die Preise erhöhen dagegen schon. „Das konnten wir leider nicht vermeiden“ , sagt der 58-Jährige, der mit seiner Frau die gleichnamige Bäckerei in der Grundstraße betreibt. Wie viel teurer die Stollen genau sind, will er aber nicht verraten. Seine Kunden würden trotzdem genauso oft wie vorher nach den weihnachtlichen Backwaren fragen. „Die Stollen sind sehr beliebt“ , erzählt der Bäckermeister. „Besonders Butterstollen ist ein echter Renner.“

Auf den hat sich auch Uwe Karsubke spezialisiert, der auf der Langenstraße sein Geschäft hat. Im vergangenen Jahr kostete das Kilo bei ihm 10,20 Euro. Jetzt ist es 70 Cent teurer. Der Bäckermeister reagierte auf die steigenden Zutaten-Preise, versuchte aber gleichzeitig moderat zu handeln. „Der Stollen hat Tradition in unserer Region und muss bezahlbar bleiben“ , erklärt er. „Wir dürfen ihn nicht zum Luxusgut machen.“

Was bei Eckehard Raschke und Uwe Karsubke der Butterstollen ist, sind in Königshain der Mohn- und Rosinenstollen. „Die Kunden schätzen sie sehr“ , freut sich Gerd Eichler. Für ihn muss ein echter Stollen vor allem eines sein: „Richtig schön gebuttert und gezuckert schmeckt er am besten.“ Das sieht auch Kollege Eckehard Raschke so und ergänzt: „Wir backen nur original mit Mandeln und nicht mit Nüssen.“ Anders als viele seiner Kollegen kauft er die Zutaten für seinen Stollen nicht bei der Genossenschaft, sondern bei einem privaten Anbieter aus Radebeul.

Auch wenn sie nicht beim selben Händler einkaufen, sind sich die Bäcker in einem Punkt einig. Der Stollen hat an seiner Beliebtheit trotz höherer Preise kein Stück verloren. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international. „Wir haben schon Stollen nach Indonesien und Afrika geschickt“ , erinnert sich Gerd Eichler.

Preiserhöhungen hin oder her – der traditionelle Stollen, egal ob Mandel-, Marzipan- oder Rosinenstollen, gehört zu Weihnachten wie Trockenheit zu Kalifornien. Und im Vergleich zu Dresden oder Freiberg sind die Oberlausitzer noch gut bedient. Dort kann ein Kilogramm schwerer Stollen durchaus 15 Euro oder mehr kosten.