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Teure Sicherheit

Görlitz ist eine Hochburg der Fahrraddiebstähle. Gegen die Täter hilft nur, die Räder aufzurüsten.

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© nikolaischmidt.de

Von Marvin Liebig

Es geschah am helllichten Tage. Der Verkäufer im Radgeschäft von Little John Bikes war gerade beschäftigt. „Auf einmal sahen wir, wie sein Rad direkt vor unserem Laden gestohlen wurde“, sagt Daniel Reichstein, Geschäftsführer des Unternehmens von der Heilige-Grab-Straße. „In fünf Minuten waren die Diebe über der Grenze und das Rad verloren“ , erklärt der 37-jährige Görlitzer. Sachsenweit liegt die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstahl bei niedrigen 14 Prozent der Fälle.

Immer öfter passiert es, dass Fahrräder auch tagsüber an belebten Orten entwendet werden. Ob auf der Blumenstraße, der Krölstraße, der Uferstraße oder auch in Stadtteilen wie Königshufen – ganz sicher ist man nirgends vor den Dieben. Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs Sachsen (ADFC) stieg die Zahl der gestohlenen Räder im Landkreis seit 2007 um knapp 50 Prozent auf 1 655 im Jahr.

Im ersten Halbjahr des Jahres 2015 erfuhr die Polizei in den Landkreisen Bautzen und Görlitz bereits von rund 1 000 Fahrraddiebstählen. Beim sogenannten Fahrradklima des ADFC schnitt Görlitz sogar nur mit der Schulnote 3,8 ab. Der Fahrraddiebstahl schlägt auf die Stimmung der Radfahrer in der Stadt.

Auch die Fahrradhändler der Stadt haben immer Diebstahlgeschichten auf Lager. „Ein Kunde wollte nur schnell einen Brief bei der Post abgeben“ , berichtet Daniel Reichstein. „Als er zurückkam, sah er, wie jemand versuchte, sein Schloss zu knacken.“ Immer dreister würden die Diebe, sagt Reichstein. Tageslicht und Menschenmengen schreckten sie schon lange nicht mehr ab. Hochwertige Schlösser dagegen schon.

„Das sind Geschenkbänder“

Doch längst nicht alle würden sie auch nutzen. „Ich verstehe die Leute nicht, die sich für 1 000 Euro oder mehr ein Fahrrad kaufen und es dann mit dem billigsten Schloss absichern, das sie finden können“, ärgert sich der Fahrradhändler. „Das sind Geschenkbänder. Die würden Diebe zur Not auch durchbeißen“ , bemerkt er mit ironischem Unterton. „Die Menschen müssen ihr Eigentum besser schützen. Ihr Haus schließen sie doch auch ab. Warum dann nicht ihr Fahrrad?“

Das wird auch die Polizei nicht müde, den Fahrradfahrern einzutrichtern. „Fahrraddiebe haben oftmals leichtes Spiel“ , mahnen die Beamten und geben deshalb Ratschläge. Besonders Fahrradschlösser mit einer hohen Schutzklasse würden es Dieben erheblich schwerer machen. Außerdem sollten Radler ihr Fahrrad immer an festen Gegenständen in möglichst abgeschlossenen Räumen anschließen. Und die Codierung des Rades ist ebenso wichtig.

Die Zusammenarbeit der Händler mit der Polizei sei trotz der vielen Entwendungen gut, sagt Daniel Reichstein. Zur Unterstützung der Kripo wurden sogar drei sogenannte „Lockfahrräder“ zur Verfügung gestellt, um Kriminelle zu ködern. Aus seiner Sicht könnte eine noch höhere Polizeipräsenz auf den Straßen Fahrradrauben entgegenwirken.

„Auch die großen Betriebe sind gefordert“

Doch Daniel Reichstein nimmt nicht nur die Polizei in die Pflicht. Auch Firmen und Betriebe sollten sich aktiver für die Fahrradsicherheit einsetzen. Schließlich kommt es oft genug vor, dass Räder von Betriebsgeländen geklaut werden. Momentan sei es also kein Wunder, dass Görlitz als fahrradunfreundliche Stadt gelte. „Auch die großen Betriebe wie Bombardier oder das Klinikum sind gefordert“ , sagt der gelernte Servicetechniker.

„Gerade auf Betriebsgeländen müssen Fahrradstellplätze einfach besser überwacht werden.“ Geschieht das nicht, mache man es den Dieben natürlich umso leichter. Und das wiederum bereitet Stress. Daniel Reichstein staunt immer wieder, warum die Betroffenen zu wenig unternehmen, um diesen zu vermeiden. „Anstatt im Falle eines Diebstahls zwei Stunden auf der Polizeiwache zu sitzen, sollte man lieber gleich etwas mehr in die Sicherheit investieren.“