Merken

Teure Fotos an der Auerstraße

Das Ordnungsamt geht Beschwerden über Raser nach. Die Autofahrer sind überrascht. Und ärgerlich. Auch ungeblitzt.

Teilen
Folgen
© Daniel Schäfer

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Aufgeregtes Lichthupenleuchten. Ich soll aufpassen, sagt mir das weiße Auto im Gegenverkehr. Ja, das weiß ich, hätte ich gern zurückgefunkt. Da ist sie schon, die Kamera auf dem Dreibein am Wegesrand. Ein paar Meter weiter die Auerstraße hinunter, vor der Kleingartenanlage, das dazugehörige Auto des Ordnungsamtes Radebeul. Und der Coswiger Jeep, aus dem gerade Ordnungsamtschef Olaf Lier steigt.

Bei ihm sind sie angekommen, die Beschwerden der Auerstraßen-Anwohner über Raser vor der Haustür (SZ berichtete). Dem geht das Amt nach, wie üblich mit Unterstützung aus Radebeul. Seit fünf Jahren messen die Lößnitzstädter bei den Nachbarn die Geschwindigkeit. Sach- und fachgerecht, sagt Olaf Lier. Eine der vielen Kooperationen zwischen beiden Städten. Das spart Geld für Personal und Geräte. Radebeul hat zwei Blitzerautos, sagt die freundliche Kollegin. Eins davon ist oft unterwegs in Coswig, wo es 60 fest eingerichtete, genau ausgemessene Messstellen gibt.

Und wie sieht es heute auf der Auerstraße aus? Messungsstart 15.15 Uhr: Der Verkehr tröpfelt vor sich hin. Olaf Lier hat mehr erwartet. Rushhour, Arbeitsschluss für die meisten Leute, Schulkinder auf dem Weg nach Hause. Gerade biegt ein großer Audi von der Spitzgrundstraße ein. Fährt vorsichtig heran. Wegen der vorgeschriebenen 30 km/h? Eher wegen der beiden Querrinnen, die ein unsanftes Fahrerlebnis versprechen. Denn danach rollt der silberne Wagen hurtig weiter.

Bremst aber kurz vor der Kamera, die ist für ein scharfes Auge leicht erkennbar. Noch mal gutgegangen – soll der Blick des Fahrers wohl bedeuten. Der Nachfolger dagegen schaut geradezu giftig auf Gerät und Personal. Dabei ist er ganz ordnungsgemäß unterwegs, hat nichts zu befürchten. Für die Radebeuler Ordnungsamtsmitarbeiterin nichts Neues. Vom lauthals aus dem Autofenster Schimpfenden bis zum ganz Erschrockenen, der kommt und fragt, ob er denn zu schnell war, ist ihr schon alles begegnet. Handgreiflich geworden ist glücklicherweise noch niemand.

Nach einer halben Stunde entscheidet Olaf Lier: umsetzen. Die Bilanz an der oberen Auerstraße: zwei Fußgänger, zwei Fahrräder, insgesamt 48 Fahrzeuge, darunter drei Kleinbusse, ein Transporter. 23 in Messrichtung, davon drei zu schnell, der Spitzenreiter mit 44 km/h – bedeutet 25 Euro Bußgeld, die anderen zahlen 15 Euro.

Vielleicht ist ja weiter unten mehr los? Zwischen Weinböhlaer und Spitzgrundstraße  macht die Bahnunterführung die Auerstraße eng, teilt sie in den schmalen Abschnitt hoch zum Wald und das boulevardbreite Stück Richtung Straßenbahn. Hier sollen noch mehr Raser unterwegs sein, heißt es. Also wieder Probe aufs Exempel, wieder auf der Bergabseite, nahe Autohaus Krüger. Schnell ist die Kamera in Bereitschaft. Schon ohne Blitz gibt es wieder verärgerte bis wütende Blicke auf Anlage und Prüfer. Die können sich zwischendrin sogar mal freuen, über den schönen Spätherbsttag ohne Regen, ohne Frost.

Wetterfrust dürfte es also nicht sein, der den Gasfuß auf der 50er-Strecke zu stark durchdrückt. Olaf Lier weiß schon, dass mit manchem die Pferdestärken durchgehen, wenn er ein schnelles Auto unter sich hat. Deshalb die Regeln und Kontrollen. Was aus Liers Sicht jedoch nicht heißt, dass alle grundlos Schritt fahren sollten. Und wenn Fußgänger kritisieren, dass sie wegen zu vieler Autos in Coswig nicht über die Straße kommen – davon ist die Auerstraße gerade weit entfernt, selbst ein roter Kater schafft es problemlos –, empfiehlt Olaf Lier ihnen die Stoppuhr.

Weil manchmal Sekunden wie Minuten wirken und speziell große Autos viel schneller, als sie tatsächlich unterwegs sind – auch die Radebeuler Amtsfrau kennt das. Und sie kennt die Auerstraße, ist hier immer wieder im Einsatz, schon wegen der Schulkinder. Bei einer Sperrung in der Stadt wäre sicher deutlich mehr los, sagt sie. Jetzt sind fast nur Meißner Kennzeichen zu sehen, vermutlich viele Anlieger. Ein Lkw zieht langsam vorbei, er will zu einer Firma auf der Auerstraße.

30 Minuten und 17 Fahrzeuge auf der Messseite später ist der Einsatz beendet. Zwei zu Schnelle sind festgehalten, ein Kleintransporter mit 66 km/h, ein Dacia mit 63 km/h. Auch das kostet, 25 beziehungsweise 15 Euro.

Eine gefährliche Situation habe er nicht feststellen können, sagt Olaf Lier. Wer anderes bemerkt, kann sich im Rathaus melden. Spätestens dann kommt das Blitzerauto wieder.