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Teure Butter - arme Milchbauern

Von den hohen Preisen für Molkereiprodukte kommt nur ein kleiner Teil bei den Produzenten in der Oberlausitz an. Für manche zu klein.

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© André Schulze

Von Alexander Buchmann

Die Zeiten, in denen man 250 Gramm Butter für weniger als einen Euro kaufen konnte, sind vorbei. Besonders in den letzten Monaten sind die Preise stark gestiegen, sodass man derzeit zumeist 1,79 Euro oder noch mehr zahlen muss. Und auch die Preise für Milch haben angezogen, wenn auch nicht so stark. Da fragt sich wohl so mancher Verbraucher, ob von den höheren Preisen wenigstens auch etwas bei den Milchbauern ankommt. Die SZ hat bei den Betrieben in der Region um Niesky nachgefragt. Die eindeutige Antwort: Ja. Allerdings wirken die niedrigen Preise der vergangenen Jahre noch deutlich nach.

„Im ersten halben Jahr 2017 ist der Milchpreis rund 25 Prozent gestiegen“, erklärt Reinhard Ludwig, Vorstand der Oberlausitzer Milcherzeugergemeinschaft. Darin haben sich aktuell 20 Betriebe aus der Region zusammengeschlossen. Das macht sich auch bei den Preisen bemerkbar, die den Erzeugern pro Kilo gezahlt werden. So erhält die Agrargenossenschaft Nieder Seifersdorf aktuell 35,5 Cent pro Kilo Milch. Damit sei der Grundpreis im Vergleich zum Vormonat um 2,5 Cent gestiegen, wie der Verantwortliche für die Tierproduktion Roland Lätsch erklärt. Bei der Agrargenossenschaft Jänkendorf, zu der die Milchviehanlage in Ödernitz gehört, ist der Preis von Juni zu Juli um 3,5 Cent auf 36 Cent je Kilo gestiegen. Den gleichen Betrag erhält auch die Schlesische Agrargenossenschaft Daubitz, wo der Preis im Vergleich zum Vormonat um drei Cent gestiegen ist. Der Preissteigerung bei Butter liegt allerdings deutlich höher. Die Differenz bleibt bei den Molkereien und beim Handel.

Für die Erzeuger sind die Preiserhöhungen aktuell aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Um die Verluste der vergangenen Jahre auszugleichen, müsste der Preis noch höher liegen, so die einhellige Meinung der hiesigen Milchbauern. So erklärt der Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Jänkendorf, Norbert Jentsch, dass in den vergangenen zwei Jahren keine Reparaturen oder Investitionen möglich gewesen seien. Stattdessen habe man vom Durchgebrachten gelebt und versucht, die Verluste aus der Milch anderweitig auszugleichen. Reinhard Ludwig formuliert es noch drastischer. In den Jahren 2015 und 2016 habe man die schlimmsten Einkommenskrisen in der Milchwirtschaft erlebt, sagt er. Deutschlandweit hätten Tausende Betriebe aufgeben müssen und auch im Bereich der Oberlausitzer Milcherzeugergemeinschaft hätten zwei Betriebe zugemacht. Weil die übrigen Produzenten gleichzeitig etwas größer geworden seien, ist die Milchmenge gleichgeblieben. Aber auch Ludwig berichtet von einem Investitionsstau in den Betrieben.

Der Grund für den aktuellen Preisanstieg ist vor allem, dass weniger Milch im Angebot sei. Das liegt unter anderem daran, dass die Käseproduktion mehr Fett aufnimmt. Außerdem habe sich das Verbraucherverhalten geändert. Das heißt, es werden wieder mehr Butter und fettreiche Molkereiprodukte gegessen.

Auch deshalb soll der Milchpreis laut Roland Lätsch in den nächsten beiden Monaten weiter steigen. Man werde bei vielleicht 37 oder 38 Cent landen, sagt er. Um Gewinne zu machen und die Verluste der letzten Jahre auszugleichen, bräuchte es seiner Meinung nach allerdings einen Grundpreis von 40 Cent. Das würde den Betrieben auch Spielraum geben, um ihren Mitarbeitern mehr Lohn zu zahlen. So erklärt Norbert Jentsch, dass die meisten seiner Mitarbeiter aktuell lediglich den Mindestlohn erhalten. Weil die Preise von den Molkereien vorgeschrieben werden, könne man seine Milch aber nicht von sich aus teurer verkaufen.

Reinhard Ludwig sieht in dem aktuellen Modell auch ein Problem für die Zukunft der Branche. Man arbeite das ganze Jahr und werde mit einem Preis abgespeist, der nicht reicht. „Man kann den Leuten nur den Mindestlohn zahlen, obwohl sie Ingenieurwissen mit Kuhverstand brauchen“, erklärt er. Dabei stehe man in Konkurrenz zu anderen Branchen. Wenn es so weitergeht, werde man irgendwann keine Mitarbeiter mehr finden. Was das im Umkehrschluss für die Molkereien und Verbraucher bedeuten würde, bleibt abzuwarten.