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Teresa Carreño betört die Männer

Vor 100 Jahren ist die Musikerin verstorben. In ihrem Heimatland Venezuela ist sie nach wie vor berühmt, auch in der Villa Teresa wird sie gefeiert.

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© Villa Teresa/Archiv

Von Ronja Münch

Coswig. Erik Becker Becker ist ganz begeistert. Zuletzt war er vor über 20 Jahren in der Villa Teresa in der Kötitzer Straße. Dabei gab er den Anstoß zur Sanierung des Gebäudes mitsamt Park, Teehäuschen und Pavillon. Erst am Vorabend ist der frühere venezolanische Botschafter aus Caracas angereist, um einem Gedenkkonzert zum 100. Todestag der Pianistin beizuwohnen. An diesem Tag führt er, ehemaliger venezolanischer Botschafter, den aktuellen Botschafter Orlando Maniglia Ferreira mit einem Stolz durch den Garten, als sei es sein eigener.

Von links nach rechts: Botschafter Orlando Maniglia Ferreira, Carreños Ururenkelin Pascale T. Daur, Botschafter a.D. Erik Becker Becker und Urenkelin Dagmar Gräfingholt.
Von links nach rechts: Botschafter Orlando Maniglia Ferreira, Carreños Ururenkelin Pascale T. Daur, Botschafter a.D. Erik Becker Becker und Urenkelin Dagmar Gräfingholt. © Ronja Münch

Am Teich vorbei geht es zum Pavillon, den sich der Pianist Eugen d‘Albert errichtet hatte, um Frau und Kindern zu entfliehen. Die Ehe zwischen ihm und der venezolanischen Pianistin und Komponistin Teresa Carreño 1892 war ihre dritte und seine zweite. Sie brachte bereits zwei Kinder mit in die Villa nach Coswig, er eins. Zusammen bekamen sie zwei Töchter, Eugenia und Hertha. Letztere hat Erik Becker Becker 1970 kennengelernt, als er Botschafter in der DDR war. Von ihr hat er auch eine Geschichte erfahren, wie sie in der Familie noch heute erzählt wird. „Deine und meine Kinder verhauen gerade unsere kleinen Töchter“ soll im Haus der d‘Albert Carreños gerufen worden sein.

Für den Venezolaner war klar, dass er den ehemaligen Wohnort der Künstlerin in Coswig sehen wollte. Als er die Villa zum ersten Mal besuchte, hatte diese allerdings nichts mehr von ihrem ehemaligen Prunk. „Hier haben fünf Familien gewohnt“, erzählt er. Und zeigt mit den Händen, wo er eingezogene Wände in Erinnerung hat. 1987, zum siebzigsten Todestag der Musikerin, stellte er ihr zu Ehren eine Gedenktafel auf, die auch heute noch auf die berühmte Bewohnerin hinweist. 1995 war er erneut Botschafter im vereinigten Deutschland und fragte nach, was aus der Villa geworden sei. Damit gab er den Anstoß zur Gründung des Vereins, der sich heute um das Gedenken an die Pianisten kümmert.

Von Coswig aus reiste die Pianistin auf monatelange Konzertreisen, auch für ihren Mann war es eine intensive Schaffensphase. Doch schon 1895 trennten sich die beiden. Carreño lebte anschließend viele Jahre in Berlin, weshalb sie für den früheren Botschafter auch heute noch eine wichtige Verbindung zwischen Deutschland und Venezuela darstellt.

Er betont, wie sehr die Musikerin in ihrem Heimatland verehrt wird. Zu ihrer Zeit galt sie als bedeutendste Pianistin der Gegenwart. Sie war befreundet mit Komponisten wie Johannes Brahms, Clara Schumann und Edvard Grieg, zählt Becker Becker auf. Davon zeugen auch heute noch Erinnerungsstücke in der Villa, die von der Teresa-Carreño- und d‘Albert-Gesellschaft mit viel Einsatz zusammengetragen werden.

Einen Einblick, wie vielleicht auch Carreños Klavierspiel ausgesehen haben könnte, gab zu ihrem eigentlichen Todestag am Montag bereits die ukrainische Pianistin Dinara Klinton. Neben Werken von Beethoven und Tschaikowsky spielte sie auch ein Stück von Carreño. „Wir haben sie angefragt, weil sie ein ähnliches Temperament und einen ähnlichen Ausdruck hat, wie Teresa Carreño selbst gehabt haben soll“, sagt die kulturelle Leiterin der Villa Teresa, Christiane Böttger. Virtuos wechselt die Pianistin zwischen harten und weichen Klängen und begleitet ihr Klavierspiel auch mit immer wechselndem Gesichtsausdruck. Carreño wurde zu ihrer Zeit als „Walküre des Pianos“ oder auch als venezolanischer Vulkan bezeichnet.

Auch am Sonntag können die Besucher zum Sommerfest Werke der Künstlerin live erleben, diesmal gespielt von der ebenfalls renommierten Pianistin Ryoko Taguchi, Pianistin der Dresdner Philharmonie. Zu Haus- und Parkführungen spielt sie Werke von Carreño.

Das Sommerfest beginnt am Sonntag um 14 Uhr.