Merken

Tausendfacher Beifall

Wie für ein Fußballspiel standen die Zuschauer in Argentinien für den Auftritt des Oberlausitzer Ensembles „Tango Misterio“ an. Und das soll erst der Anfang sein.

Teilen
Folgen
© privat

Von Miriam Schönbach

Der Applaus tönt noch in ihren Ohren nach. Denn über 1 000 Zuhörer wollten das Bautzener Ensemble „Tango Misterio“ beim Konzert im argentinischen La Plata sehen. „Die Leute haben angestanden, um uns zu erleben“, sagt Anja Konjen. Für sie und ihre Musikerkollegen Katrin Wehle, Helfried Knopsmeier und Alexander Göpfert ging mit dem Gastspiel im Land des leidenschaftlichen Tanzes ein Traum in Erfüllung. Nach 14 Stunden Flug und einem zweistündigen Aufenthalt in London landete das Quartett auf dem Flughafen von Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens. Dort wartete schon ein Taxi auf die Pianistin, die Violinistin, den Cellisten und den Kontrabassisten, um sie in das 50 Kilometer entfernte La Plata zu bringen. Vom dortigen Tango-Orchester „Ciudad de La Plata“ unter der Leitung des bekannten Bandoneonspielers Carlos Rulfi hatten die Oberlausitzer die Einladung bekommen. Den Kontakt wiederum hatte mit der Sängerin Adriana Macchi das fünfte „Tango-Misterio“-Mitglied hergestellt. Die gebürtige Argentinierin lebt mit ihrer Familie in Görlitz. Sie wartete bereits in ihrer Heimat auf ihre Kollegen. Zum Akklimatisieren blieb nicht viel Zeit in der Provinzhauptstadt mit über 740 000 Einwohnern. „Bereits um 17 Uhr haben wir mit unseren argentinischen Kollegen die erste Probe gespielt“, sagt Anja Konjen. Die deutschen Musiker hatte bereits im Vorfeld die Noten geschickt bekommen, um das Repertoire einstudieren zu können. Die Sehnsucht nach Melancholie und Rhythmus frönen die Mitglieder von „Tango Misterio“ bereits seit mehr als zehn Jahren. Das Projekt entstand quasi ganz privat in der Wohnstube.

700 Stühle reichten nicht

Ein bisschen größer war der Saal des Kulturzentrums in einem umgebauten Bahnhof in La Plata da schon. Einen Tag nach dem ersten Kennenlernen der argentinischen Musiker gab es dort eine Generalprobe für das Konzert unter dem Titel „Tango ohne Grenzen“. Bis dahin ahnten die Lateinamerika-Reisenden auch noch nicht, dass ihr gemeinsamer Auftritt mit dem städtischen Tango-Orchester Hunderte anlocken sollte. „Wie vor einem Fußballspiel drängelten sich die Zuhörer ins Konzert. Es waren zuerst 700 Stühle gestellt, dann wurde Nachschub geholt und zuletzt standen sogar noch Zuhörer“, sagt Anja Konjen.

Auch bei einem zweiten – erst vor Ort arrangierten – Auftritt in der Hochschule der Musik und der schönen Künste reichten die Stühle nicht. „Dort spielten wir dann erst allein mit dem argentinischen Kollegen am Bandoneon. Im zweiten Teil kam wieder das Orchester dazu. Bevor wir fertig waren, kamen schon die Bravorufe. So etwas haben wir noch nicht erlebt“, sagt Anja Konjen. Selbstverständlich reichte auch hier der Platz nicht. Zuschauer wichen auf Treppe und Fußboden aus. Der Wunsch der Mitglieder von „Tango Misterio“, den Tango besser kennenzulernen, ging in Erfüllung. „Wir spielen jetzt ganz anders“, sagt Anja Konjen, die nun wieder in der Bautzener Kreismusikschule wie ihre Ensemble-Kollegen Alexander Göpfert und Katrin Wehle unterrichtet. Helfried Knopsmeier dagegen nimmt den Schwung als Cellist mit ans Sorbische National-Ensemble. Das erfolgreiche gemeinsame Musizieren soll jetzt über Grenzen hinweg ausgebaut werden. Schließlich sind alle fünf Oberlausitzer durch den Kulturbürgermeister zu ihren Ehrenbürgern und Kulturbotschaftern von La Plata ernannt worden, weil sie sich um „die Verbreitung und Förderung der Musik und des Tanzes dieser Region verdient gemacht haben“.

Ein Gegenbesuch des Tango-Orchesters „Ciudad de La Plata“ in Bautzen wäre denkbar, aber auch das Goethe-Institut in Buenos Aires hat Interesse an den sächsischen Musikern für Workshops im klassischen Musizieren. Bis diese Pläne aber umgesetzt sind, zehren die Ensemble-Mitglieder noch ein bisschen vom Applaus in La Plata.