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Tatütata, kein Geld ist da

Moderne Technik passt kaum noch ins alte Dittersbacher Depot. Einen Neubau kann sich die Stadt nicht leisten.

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© Thomas Eichler

Von Susanne Sodan

Dittersbach. Es muss schnell gehen. Am frühen Montagnachmittag ging der Alarm ein: In einem Einfamilienhaus in Dittersbach drohte sich ein Brand zu entwickeln. Auslöser war ein Computer, der sich aus noch unbekannten Gründen entzündet hat, erzählt Bernstadts Stadtwehrleiter Daniel Seitz. Das Feuer konnten die beiden Bewohner des Hauses selber löschen. Die Dittersbacher Wehr, die den Einsatz übernahm, hatte trotzdem zu kämpfen – mit sehr starker Rauchentwicklung. Die beiden Bewohner des Hauses mussten wegen Rauchgasvergiftung auch ins Krankenhaus, erzählt Seitz. Ob das Haus jetzt noch bewohnbar ist, kann er noch nicht sagen.

Zeit ist bei Einsätzen wie diesem ein äußerst wichtiger Faktor. Wenn die Feuerwehrkameraden von Dittersbach ausrücken, dann müssen sie aber nicht nur schnell sein – sie brauchen auch Fahrgefühl. Denn das Dittersbacher Depot, in dem das Löschfahrzeug steht, ist klein. So klein, dass die Kameraden die Außenspiegel einklappen, wenn sie das Fahrzeug nach dem Einsatz wieder reinfahren. „Mit ausgeklappten Spiegeln kommen wir einfach nicht durch die Ausfahrt“, sagt Stadtwehrleiter Daniel Seitz, der auch mit zur Ditterbacher Wehr gehört. Ganz ähnlich ist das Problem in Kemnitz, auch dort ist das Depot zu klein. Die Kameraden wünschen sich für beide Gebäude eine Erweiterung.

Welche Auswirkungen haben die Platzprobleme in beiden Depots?

In beiden Gebäuden herrscht zu wenig Raum, in Kemnitz dafür zu viel Feuchtigkeit. Im dortigen Depot habe sich Schimmel eingenistet, erzählt Seitz. Beide Depots haben bereits Vergrößerungen hinter sich. 2007 wurde in Kemnitz das Dach höher gesetzt, das Tor angepasst. „Sehr viel ist damals in Eigenleistung der Kameraden gemacht worden“, erzählt Bernstadts Bürgermeister Markus Weise (Kemnitzer Liste). So war es auch in Dittersbach. Mitte der 90er Jahre wurde dort dem Depot, das aus den 50er Jahren stammt, ein Obergeschoss aufgesetzt. Aber die Anforderungen und Vorgaben an die Wehren sind in den vergangenen Jahrzehnten größer geworden, die Depots sind leider nicht mitgewachsen. In Dittersbach heißt das: Werden die Kameraden zum Einsatz gerufen, ziehen sie sich direkt neben dem Löschfahrzeug um. Umkleiden gibt es keine, „geschweige denn geschlechtergetrennte“, sagt Seitz. Toiletten gibt es im Obergeschoss, falls jemand aber duschen will, muss er heimgehen. „Theoretisch dürften wir gar keine Frauen in die Wehr aufnehmen“, sagt Seitz. Was ebenfalls fehlt, sind Lagermöglichkeiten für die Technik einer Feuerwehr. Und wenn die Wehrleiter Einsatzprotokolle zu schreiben oder andere Büroarbeiten zu erledigen haben, machen sie das zu Hause. „Wir wollen kein Schloss, aber die Arbeitsschutzbasis muss da sein“, sagt Daniel Seitz. „Wären die beiden Depots zwei Autos, würden sie keinen Tüv bekommen“, fasst er zusammen. Apropos Autos, auch bei den Fahrzeugen wären Neuerungen nötig. Das Altbernsdorfer Löschfahrzeug, 20 Jahre alt, sowie das ehemalige Katastrophenschutz-Fahrzeug von Bernstadt, 24 Jahre alt, müssten ersetzt werden.

Was müsste getan werden, um das Problem zu lösen?

Es wären grundlegende Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten nötig, bei beiden Häusern. Die Feuerwehren einsatzfähig zu halten, ist Aufgabe der Kommune. Der Stadt Bernstadt liegen sogar bereits Pläne für solch einen Umbau vor. Denn die Platzprobleme in Dittersbach und Kemnitz sind nicht neu. Für Kemnitz hatte die Stadt 2015 schon einmal Anlauf genommen, erzählt Markus Weise. Deshalb gibt es bereits Planungen, die für Kemnitz so aussehen würden: „Man kann sagen, dass drei Außenmauern stehen bleiben würden, alles andere müsste erneuert werden“, so Weise. Kostenpunkt für jedes Depot: rund 700 000 Euro. Damals, 2015, wollte Bernstadt die Depotsanierung mithilfe eines deutsch-tschechischen Förderprojektes umsetzen. Das Vorhaben musste aber zurück in die Schublade, weil der tschechische Partner damals seinen Bedarf nicht nachweisen konnte.

Warum sorgt eine Vergrößerung der Depots für Sorgen im Stadtrat?

Zu wenig Geld für so viele wichtige Projekte – dieses Thema hatte in der Dezembersitzung des Bernstädter Stadtrates für Diskussion gesorgt. Angefangen hatte es schon vorher: Anfang Dezember trafen sich die Stadträte zur nicht-öffentlichen Klausurtagung, um die Aufgaben für 2018 zusammenzutragen. Wie Markus Weise bestätigt, wurde auch über die Depots gesprochen – und über die Kosten für die Erweiterungen. Kommunen können für die allermeisten ihrer Vorhaben Fördermittel beantragen, sie müssen trotzdem auch immer einen Eigenanteil aufbringen. Das Problem in Bernstadt ist jetzt: Selbst wenn die Stadt die Förder- und Eigenmittel für die beiden Depotsanierungen und die beiden Löschfahrzeuge zusammenbekommen würde – dann bliebe kaum noch Geld für andere Projekte in Bernstadt. Und das sind viele. Im Dezember-Stadtrat hatte Stefan Gläsel (CDU) eine Liste dabei, auf der die Vorhaben der Stadt gesammelt sind. Darunter sind Aufgaben, die Bürger an die Verwaltung herangetragen haben – „und die auch alle ihre Berechtigung haben“, so Gläsel – , sowie auch Pflichtaufgaben. Rund 60 Punkte hat die Liste. „Schaut mal bitte, wo wir stehengeblieben sind“, sagte Gläsel. Der Stadtrat fordert mehr Geldzuweisungen für die Kommunen, damit diese handlungsfähig bleiben.

Was hat die Stadt Bernstadt noch auf der To-Do-Liste?

„Es gibt so viele Beispiele“, erzählt der Bürgermeister. „Wir sind jetzt durch mit der Brückenprüfung. Das Ergebnis ist, dass wir keine Brücke sperren müssen, aber ein hoher finanzieller Aufwand für den Erhalt mehrerer Brücken ansteht.“ Die Kita braucht eine neue Fluchttreppe, das alte Hortgelände einen neuen Bebauungsplan. Für die zwei neuen Bushaltestellen in Altbernsdorf muss die Stadt ihren Anteil bezahlen, für die Mehrzweckhalle Dittersbach muss ein Konzept erstellt werden. „Da wird die Luft schon schnell dünn“, so Markus Weise. Ein weiterer Punkt, der in Bernstadt immer großes Thema ist: Hochwasserschutz und Beseitigung von Hochwasserschäden. „Die Stadt Bernstadt hat keine Schulden abzuarbeiten, aber wir haben einen riesigen Investitionsrückstau“, erklärt Weise. Er spricht von 23 Millionen Euro im Investitionsrückstau.

Wie kann eine Lösung für die zwei Feuerwehrdepots aussehen?

Insgesamt hat Bernstadt vier Ortswehren: Bernstadt, Altbernsdorf, Kemnitz, Dittersbach. Was jedenfalls keine Lösung ist: Ortswehren und Depots zusammenzulegen. Daniel Seitz erklärt, warum das nicht funktioniert: Auf dem Eigen, so wie auch in anderen ländlich geprägten Gegenden, leben die Anwohner auf verhältnismäßig großem Raum verteilt. Egal, wie weitläufig das Gebiet aber ist, die Feuerwehren auf dem Eigen müssen trotzdem neun Minuten nach Alarmierung am Einsatzort sein. Für die Stadt ist jetzt der nächste Schritt, Förderanträge beim Landkreis zu stellen. Um sich für die Förderperiode 2018 noch zu bewerben, war nach der Klausurtagung im Dezember die Zeit zu knapp. Die Stadt hofft auf 2019. Eine andere mögliche Lösung: Die Stadt würde gerne einen Kredit aufnehmen, um den Investitionsstau abzubauen. „Die Frage ist aber, ob wir das überhaupt dürfen“, sagt Markus Weise. Denn bevor eine Kommune einen Kredit aufnehmen darf, wird das von der Kommunalaufsicht geprüft. „Es kann sein, man schlägt uns dann vor, erstmal Gebühren und Steuern zu erhöhen“, vermutet Weise. Das wären beispielsweise die Grundsteuer, die Gewerbesteuer, Nutzungsgebühren für die Sporthalle, Eintritt fürs Waldbad. „Das wollen wir aber nicht“, so Weise.