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Tannensäle stehen vor dem Verkauf

Auf eine Ausschreibung der Stadt Pirna meldete sich ein einziger Interessent. Am Dienstag entscheidet der Stadtrat.

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© Marko Förster

Von Christian Eissner

Pirna. Ist es Liebhaberei? Übermut? Keins von beiden, sagt Sven Hildebrandt. Der Pirnaer Bausachverständige hat sich als Einziger auf eine Ausschreibung der Stadt zum Kauf der Tannensäle beworben. Die Stadtverwaltung hatte das vom Pech verfolgte ehemalige Kreiskulturhaus im vergangenen Jahr noch einmal öffentlich angeboten – verbunden mit der Bedingung, das denkmalgeschützte Gebäude am Tischerplatz zu erhalten. Er wisse sehr genau, was er tue, sagt Hildebrandt. „Ich bin überzeugt davon, dass das Vorhaben funktioniert.“

Sven Hildebrandt möchte zunächst das Kopfgebäude der Tannensäle sanieren und zu hochwertigen Wohnungen umbauen. Der Baubeginn ist für das kommende Frühjahr geplant. Auch den großen Saalbau an der Bergstraße möchte er erhalten, allerdings ist noch nicht hundertprozentig klar, wie dieser später genutzt wird. Ideen gibt es, sagt Sven Hildebrandt, aber verraten könne er sie noch nicht. Eins scheint allerdings klar: Ein Kulturhaus wird die Tanne nicht mehr.

Erst einmal muss der Interessent ohnehin noch eine wichtige Hürde nehmen. Ob die Stadt das kommunale Grundstück an ihn verkauft, darüber hat am kommenden Dienstag der Pirnaer Stadtrat das letzte Wort. Das Okay des Rates scheint aber nur eine Formalie, denn viele Stadträte wünschen sich den Erhalt der Tanne. Die unter Pirnas früherem Baubürgermeister Christian Flörke offen diskutierten Pläne, das Gebäude abzureißen und Platz für moderne Wohnhäuser zu schaffen, sah die Mehrheit im Rat eher kritisch. Und das, obwohl das Interesse möglicher Investoren an der Abriss-Variante ungleich größer war. Die Lage des Grundstücks ist attraktiv.

Gelände hat keinen Wert

Geld in die Rettung der Tanne zu investieren, dafür konnte sich zuletzt nur Sven Hildebrandt begeistern. Seit mehr als zwei Jahren schon ist der Ingenieur mit der Stadtverwaltung im Gespräch, hat immer wieder sein Interesse bekräftigt und seine Pläne erläutert. Nachdem sich auf die öffentliche Ausschreibung kein anderer Interessent meldete, ist sein Engagement die einzige Hoffnung für die Tanne.

Der gebotene Kaufpreis beträgt nach Angaben des Rathauses 30 000 Euro. Das erscheint zunächst wenig, allerdings ist der Investitionsbedarf in den abgetakelten Vergnügungsdampfer immens, und die Bedingungen, die die Stadt in den Kaufvertrag formulieren will, sind streng. So muss sich der Käufer nicht nur zum Erhalt des Gebäudes verpflichten, sondern auch einer sogenannten Mehrerlös-Klausel zustimmen. Sollte er das Grundstück innerhalb der nächsten zehn Jahre weiterverkaufen, fiele ein möglicherweise erzielter Gewinn an die Stadt. Darüber hinaus wacht der Denkmalschutz mit Argusaugen über die Reste der historischen Bausubstanz.

Dass das Grundstück mit der Tanne eher eine Herausforderung denn ein immobilienwirtschaftlicher Segen ist, bescheinigt ein von der Stadt beauftragter Sachverständiger. In seinem im November 2015 bestätigten Gutachten kommt er zu dem Schluss, dass der Wert des Tannen-Areals aufgrund des zu erwartenden hohen Sanierungsaufwands mit 0 Euro angesetzt werden müsse. Für die Stadt könnten indes selbst die gebotenen 30 000 Euro ein Verlustgeschäft werden, denn sie hatte das Grundstück 2010 bei einer Zwangsversteigerung erworben und dafür auch Fördermittel eingesetzt. Nun trägt Pirna das Risiko, rund 34 000 Euro Zuschuss zurückzahlen zu müssen.

Gebäude hat 300-jährige Geschichte

Stadtrat Peter Tränkner (Pirnaer Bürgerinitiativen) sieht den nun anstehenden Verkauf dennoch als einzige Chance für den Erhalt der Tanne. „Die Zeit spielt gegen das Objekt“, sagt Tränkner, der zu den großen Befürwortern einer Tannen-Rettung gehört. „Von einer kulturellen Nutzung des Saals haben wir uns verabschiedet, aber wenigstens bliebe das denkmalgeschützte Gebäude stehen.“ Seit 1712 existiert der Gasthof „Grüne Tanne“ am Tischerplatz. Anfang des 20. Jahrhunderts verfügte er unter Gastwirt Oskar Pötschke über den größten Saal der Stadt. In der DDR als Kreiskulturhaus genutzt, war das Gebäude lange Zeit ein Ort festlicher Veranstaltungen und Konzerte. Im Jahr 2002 verkaufte der Landkreis die Tannensäle an privat und besiegelte damit ihren unaufhaltsamen Abstieg.

Ab 2010 gab es nach längerem Leerstand den vorerst letzten Rettungsversuch. Ein Dresdner Gastronom wollte das Haus zu einem Hotel mit Veranstaltungsbetrieb umbauen. Sein Vorhaben scheiterte nach zwei Jahren Planungen, da er die für sein Konzept benötigten Nachbargrundstücke nicht kaufen konnte. Von einem mit ihm geschlossenen Optionsvertrag trat die Stadt zurück und sucht seitdem wieder eine Zukunft für das Grundstück.