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„Taggenaue Abrechnung würde noch mehr kosten“

Die neue Vesper-Regelung in den Kitas der Stadt regt Dohnas Eltern auf. Der Bürgermeister kontert: Es ist die beste Lösung.

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© Daniel Förster

Von Heike Sabel

Dohna. Kleine Mahlzeit, große Debatte. Für die Essensversorgung gelten in Dohnas Kitas seit Jahresbeginn neue Regeln. Frühstück und Nachmittags-Snack kosten nun pauschal 17,40 Euro im Monat, egal wie viele Tage das Kind die Kita besucht. Viele Eltern finden das unfair, wünschen sich eine taggenaue Abrechnung. Der Landkreis sieht nach ersten Zweifeln kein Problem mehr in der Dohnaer Regelung. Auch Bürgermeister Ralf Müller (CDU) verteidigt sie.

Herr Müller, hätten Sie gedacht, dass die Veränderung der Vesper-Regelung für so viele Diskussionen sorgt?

Rechtlich gesehen ist die Verpflegung im sächsischen Kita-Gesetz nicht verpflichtend geregelt. Die Stadt ist gehalten, die Kosten festzustellen und auf die Eltern umzulegen. Selbstverständlich führen Änderungen bei der Bezahlung von scheinbar einfachen Dienstleistungen zu Diskussionen und Nachfragen. Damit habe ich gerechnet. Die Elternvertreter haben ihre Meinung klar geäußert, wir haben als Verwaltung nachgearbeitet. Mich überraschte allerdings, wie viel später jetzt die Reaktionen kommen. Immerhin war die Beratung mit dem Elternrat im Januar 2017, die Korrektur der Kalkulation im Februar, die Beratungen im Sozialausschuss im März und Mai, eine weitere Sitzung mit dem Elternrat im Juni, die Beschlussfassung im September.

Knackpunkt für viele Eltern ist die pauschale Bezahlung, egal ob das Kind da ist oder nicht. Das Landratsamt bezweifelte erst, dass das rechtens ist, rudert nun zurück, verlangt jedoch, die Kalkulation zu sehen. Was heißt das für Sie?

Auf die Äußerung in der SZ hin hat die Rechtsaufsicht uns aufgefordert, das Verfahren zusammenzustellen. Das machen wir natürlich. Ich erwarte keine wesentlichen Konsequenzen.

Das Gefühl der Ungerechtigkeit bei den Eltern bleibt aber …

Eine taggenaue Abrechnung klingt fairer, kostet aber bei Registrierung und Bescheidung der geschätzten 60 000 Kleinmahlzeiten einen erheblichen finanziellen Mehraufwand. Das treibt die Kita-Kosten insgesamt in die Höhe. Wer bestellt, soll bezahlen, das mag stimmen, aber warum sollen alle Dohnaer auf mögliche Leistungen verzichten, um wenigen Eltern die höhere Qualität zu bezahlen? Der wesentliche Punkt ist, ob man erheblichen Verwaltungsaufwand treibt, taggenau festzustellen und taggenau abzurechnen, oder ob man auf die zusätzlichen Bearbeitungskosten, die auch auf die Kitagebühren umgelegt werden müssten, verzichtet. Der Stadtrat hat das abgewogen. Ich hätte auch einem größeren Zuschuss zugestimmt, der war aber nicht mehrheitsfähig. Das ist demokratisch und zu akzeptieren.

Ausgangspunkt, die Abrechnung zu ändern, war die Handkasse, mit der das Vespergeld kassiert wurde. Die Rechnungsprüfung beanstandete das. Gab es auch eine Alternative?

Die eine Alternative ist die Bestellung der Leistung direkt beim Essenanbieter. Das wurde geprüft, ist auch möglich, hat aber bei kleinen Preisen ein sehr einseitiges Angebot zur Folge. Bei der zweiten Alternative, dem Mitbringen eigener Verpflegung, können wir aus Kapazitätsgründen nicht für alle ausreichend Möglichkeiten bereitstellen, frische Lebensmittel kühl aufzubewahren. Das führt dann oft zwangsläufig zu verpackten Zuckersachen wie Milchschnitte & Co. Das wollen wir im Sinne der Gesundheit der Kinder nicht.

Sie wiesen in der Diskussion immer wieder auf den aus Ihrer Sicht entscheidenden Punkt hin, die Finanzierung.

Die Kinderbetreuung in Deutschland, Sachsen und Dohna ist stark reglementiert und an hohe Standards geknüpft. Das führt zu hohen Kosten, an denen sich der Staat zu wenig beteiligt. Wenn aber die Kommune, die den Standard bereitstellen soll, das finanziell nicht mehr allein tragen kann und die Eltern mit beteiligt, muss man entscheiden, Einnahmen zu erhöhen oder Leistungen zu beschneiden. Wir haben uns gegen die Beschneidung entschieden, reizen den gesetzlichen Spielraum trotzdem nicht aus. Lob oder Anerkennung dafür wäre sicher zu viel erwartet. Die Elternräte tragen bisher unsere Regelung grundsätzlich mit, sprachen sich aber deutlich für einen höheren Zuschuss der Stadt aus. Den haben sowohl Sozialausschuss als auch Stadtrat mehrheitlich nicht angesetzt.

Was hat die Verwaltung zu der vom Rat beschlossenen Lösung bewogen?

Dohna gibt für die Bewirtschaftung der Kitas etwa 3,2 Millionen Euro im Jahr aus. Von Eltern, Landkreis, Kommunen und dem Freistaat erhalten wir etwa 1,6 Millionen Euro. Den Zuschuss von rund 1,5 Millionen Euro tragen alle Dohnaer Steuerzahler. Der Stadtrat und seine Ausschüsse haben mehrfach beraten und abgewogen, wer wie hoch zu beteiligen ist. Der jährliche Zuschuss je Kind liegt bei etwa 3 000 Euro, mehr für Krippenkinder, weniger für Hortkinder. Der Rat hat entschieden, den Zuschuss niedriger anzusetzen, als vom Elternrat gefordert, und ihn 2019 weiter zu verringern. Durch die weiterhin gestützte Vesper- und Mittagsabrechnung im Krippen- und Kindergartenbereich zahlt die Allgemeinheit etwa 30 Prozent, die Eltern von etwa 300 Kindern die restlichen 70 Prozent der Verpflegung. Das ist auch wichtig für eine vergleichbare Behandlung der Hortkinder, die für die Essenausgabe in Schule und Hort schon immer einen höheren Essenpreis zahlen, weil dort die Ausgabe von einer Fremdfirma erledigt wird.

Welche Möglichkeit gibt es, noch etwas zu ändern?

Unter Umständen bewegt die Diskussion doch den einen oder anderen Stadtrat, die Zuschüsse anders zu bewerten und eine andere Entscheidung zu treffen. Dazu wären dann Anträge im Rat erforderlich.