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Tafeln wie im Mittelalter

In Stannewisch erfüllt sich Mike Hilge mit Haus und Firma seinen Traum. Eine Sache aber fehlt ihm noch.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Mike Hilge hat keine Angst vor Veränderungen. Der Mann aus dem Münsterland mag Abenteuer. Sein neuestes hat vor mehr als einem Jahr mit einer Anzeige begonnen. In Stannewisch, fernab seiner Heimat, stand ein günstiges Haus zum Verkauf. Also ist Mike Hilge hingefahren, hat sich Haus und Hof angeschaut und dann schnell zugeschlagen. Denn das Grundstück versprach nicht nur viel Platz für seine Frau und die zwei kleinen Töchter. Auch Ziegen, Schafe und Gänse lassen sich hier problemlos halten. In Nordrhein-Westfalen wäre so viel Freiheit für Mike Hilge nicht erschwinglich gewesen. In der Oberlausitz schon.

Der Umzug ist Mike Hilge auch deshalb leicht gefallen, da er beruflich sehr flexibel ist. Seit mehreren Jahren verdient er sein Geld als Caterer. Gemeinsam mit seiner ganzen Familie ist er vor allen Dingen auf Mittelaltermärkten unterwegs. Excalibur Schmausereien heißt seine Firma, angelehnt an das berühmte Schwert des mythischen Königs Artus. Die Welt des Mittelalters hat den gelernten Schauspieler schon immer fasziniert. Als „Bruder Tuck“ kann er auf den historisch gestalteten Märkten alle seine Leidenschaften ausleben. In eine Rolle schlüpfen, Leute aufheitern und gut bewirten – das ist ganz nach seinem Geschmack.

In Niesky ist Mike Hilge alias Bruder Tuck im vergangenen Jahr erstmals auf dem Weihnachtsmarkt in Erscheinung getreten. Sein Fazit fällt positiv aus. Der ausgeschenkte Met ist gut angenommen worden und die Atmosphäre auf dem Zinzendorfplatz sei sehr angenehm gewesen. „Hier kann man leben“, sagt der Zugezogene. Nach nur einem Jahr in Stannewisch hat er bereits viele Kontakte geknüpft und ist von der Hilfsbereitschaft der Nieskyer begeistert. „Die Menschen hier sind wirklich klasse und haben keinen Stock im Arsch“, sagt er. Auch von der Stadtverwaltung erhalte er sehr viel Unterstützung. Er hat den Umzug gen Osten nicht bereut.

Nur eine Sache fehlt ihm noch zum Glück. Seine Frau und er würden neben dem Catering auch gerne eine kleine Gaststätte in oder nahe Niesky eröffnen. „Ich bin über jeden Tipp sehr dankbar“, sagt Mike Hilge. Klein sollte das Lokal sein und bezahlbar. Denn obwohl in ihm ein Abenteurer steckt, so versucht er eine Sache zu vermeiden. „Wir machen nichts mit Krediten“, sagt er. Nur so viel wie die Familie auch hat, könne sie ausgeben. Darum wird auch das gekaufte Haus in Stannewisch Schritt für Schritt saniert.

An Ideen aber fehlt es der jungen Familie nicht. Mike Hilge träumt schon von einem kleinen Wikingerdorf. Da sie schon auf sehr vielen Mittelaltermärkten gewesen sind, habe das Paar auch viele Kontakte zu Bands geknüpft, die Musik aus dieser Zeit spielen. Mike Hilge will in Zukunft gerne einmal im Monat Musiker in die Region einladen. Auch darum sucht er eine Gaststätte, um sie zunächst zu pachten und später zu kaufen. Die vielen Anfragen haben ihn und seine Frau darin bestärkt, das Experiment zu wagen. Geht es nach den beiden, dann könnte es schon diesen Sommer losgehen. Ist dafür ein kleines und feines Lokal gefunden, dann will sich Mike Hilge auch noch nach Beiköchen und Fahrern umsehen.

Dass Stannewisch am östlichen Rand Deutschlands, fernab vieler Märkte liegt, empfindet Mike Hilge nicht als Nachteil. Denn neben der Gastronomie vertreibt er auch allerlei Zubehör für Mittelalterfans im Internet. Und ein Paket mit Helmen, Hörnern oder Schwertern zu verschicken, das kostet im Münsterland genauso viel Porto wie in der Oberlausitz. Und dank Telefon und Internet ist auch die alte Heimat nicht aus der Welt.

Die Besuche dort könnten aber weniger werden, wenn Mike Hilge bald im Raum Niesky ein Restaurant eröffnet. Bis dato will er noch das eigene Haus auf Vordermann bringen. Es braucht eine neue Wassersperre. Nicht nur am Haus legt der ehemalige Berufsfeuerwehrmann Hand an. Auch seine Schmausereien räuchert und pökelt er selbst. Schon jetzt startet der Lieferservice von Excalibur Schmausereien. Wer bei Mike Hilge bestellt, darf aber nicht erwarten, dass das Essen mit dem Pferdegespann geliefert wird. Die Kutsche der Wahl ist dann doch ein großer Kombi, den Klebefolien mit Rittern zieren.

Doch warum trägt Mike Hilge eigentlich selbst Robe statt Rüstung? Seinen Namen Bruder Tuck verdanke er der Figur aus dem Roman Robin Hood, erzählt der Stannewischer schmunzelnd. Er sei eben auch klein, dick und seinen Spitznamen so nie wieder losgeworden.

www.excalibur-schmausereien.de