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SZ-Serie Tatort Elbland: Mord ohne Leiche

Mysteriöser Knochenfund im März 2005 in Moritzburg: Liegt hier etwa die Leiche der seit 1996 in Meißen vermissten Kerstin Schwindhammer?

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Von Jens Ostrowski und Thomas Schade

Es ist ein Fall, der den Ermittlern seit Jahren Kopfzerbrechen bereitet. Wo ist die Leiche von Kerstin Schwindhammer? Denn dass die seit dem 31. Oktober 1996 vermisste 32-Jährige ermordet wurde, davon ist die Mordkommission überzeugt. Und auch wenn die Polizei einen Hauptverdächtigen hat: Ohne Leiche gibt‘s keine Anklage.

Jetzt, im März 2005, ist die Hoffnung groß, dass der Fall nach neun Jahren eine Wendung nimmt. Arbeiter stoßen bei Straßenarbeiten auf Schädelknochen und andere Skelettreste unter der Schlossallee in Moritzburg. Handelt es sich hierbei etwa um die Leiche von Kerstin Schwindhammer?

Doch von vorne.

Der rätselhafte Fall beginnt am 1. November 1996 mit einem anonymen Anruf bei der Meißner Polizei. Die findet wenig später ein Mädchen in einem verschlossenen Pkw auf einem Parkplatz an der Elbe. Mit ihrer Mutter Kerstin Schwindhammer war die 13-Jährige drei Tage zuvor von Sebnitz gekommen. Zusammen mit Peter R., dem neuen Freund der Mutter, wollten sie in einem Wohnmobil an die Ostsee fahren.

Aber es ging nicht los, angeblich wegen des schlechten Wetters an der Küste, so das Mädchen später. Am Abend des 31.Oktober seien die Mutter und Peter R. in einem Pkw Mitsubishi allein weggefahren und hätten sie im Wohnmobil zurückgelassen.

Polizei glaubt Peter R. nicht

In der Nacht kehrt Peter R. allein zum Parkplatz zurück. Die Mutter sei im Hotel, sagt er. Die 13-Jährige muss vom Wohnmobil in den Pkw umsteigen, wo die Polizei sie später findet. In dieser Nacht verschwinden die 32-jährige Kerstin Schwindhammer und ihr 38-jähriger Freund. In einem VW Passat wird Peter R. letztmalig gesehen.Nach elf Wochen, am 17. Januar 1997, meldet sich Peter R. plötzlich mit seinem Anwalt bei der Polizei. Er verrät, dass er selbst bei der Polizei angerufen hatte, damit das Mädchen gefunden wird. Er habe den seelischen Druck wegen des Verschwindens seiner Freundin nicht mehr ausgehalten und sich nun deshalb gemeldet, sagt Peter R. Er bestreitet, mit dem Verschwinden von Kerstin Schwindhammer etwas zu tun zu haben. „Er erklärte, seine Freundin habe in jener Nacht im Streit bei einem Stopp unweit von Coswig den Pkw verlassen“, erinnert sich Volker Wichitill, Leiter der Mordkommission in Dresden.

Eine Version, die ihm die Polizei aber nicht abnimmt. Sie stellt Peter R. unter Mordverdacht. Er muss in Untersuchungshaft. Während dieser Zeit versucht die Dresdner Mordkommission, Kerstin Schwindhammer zu finden. Fast alle Gewässer im Umkreis von 80 Kilometern werden unter die Lupe genommen. In vielen Seen suchen Taucher.

Ein Mann in Reichenberg bei Scharfenberg lässt sogar seinen Teich ab. Nach sechs Jahren rückt die Polizei nochmals nach Bockwen bei Meißen zu einer Suche aus. Vergebens. Kerstin Schwindhammer bleibt auch nach dieser Suchaktion vermisst.

Für eine Anklage gegen Peter R. wegen Mordes an seiner Freundin reichen die Indizien der Mordkommission nicht. Die Sebnitzerin, Mutter von insgesamt drei Kindern, lebte mit ihrem Mann in Scheidung. Doch es ist eine Trennung ohne Groll, erfährt die Polizei. Die Eheleute gingen zwar getrennte Wege, aber sie trafen sich noch, der Kinder wegen. „Freiwillig hätte sie uns niemals im Stich gelassen“, sagt ihr Ehemann noch Monate später.

Leiche kann jederzeit auftauchen

Zurück im Jahr 2005: Bekommen Kerstin Schwindhammers Kinder jetzt endlich Gewissheit darüber, was mit ihrer Mutter vor neun Jahren passierte?Die Gebeine unter der Moritzburger Straße werden auf Veranlassung der Polizei vorsichtig geborgen und kriminaltechnisch untersucht. Das Ergebnis: Es ist nicht Kerstin Schwindhammer.

„Das Skelett gehörte auch zu keiner Frau, sondern stammt von einem Wehrmachtssoldaten aus dem Zweiten Weltkrieg“, erklärt Volker Wichitill. Doch der Leiter der Mordkommission gibt die Hoffnung nicht auf: „Die Leiche von Kerstin Schwindhammer kann täglich irgendwo auftauchen. Und dann wissen wir, an wen wir uns wenden müssen.“