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Super-Gullys gegen Straßenkrach

Viele Dresdner ärgern sich über eingebrochene Schachtdeckel. Die halten dem vielen Verkehr einfach nicht stand. Mit einer neuen Lösung soll nun die Rettung kommen.

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© Christian Juppe

Von Peter Hilbert

Daniel Kalweit ist fast verzweifelt – an den alten Gullys. Denn der 36-jährige Techniker kümmert sich bei der Stadtentwässerung um die Sanierung von Schachtabdeckungen der Kanäle, die im Volksmund Gully heißen. Davon gibt es rund 45 000 in der Stadt. Doch viele von ihnen gehen immer wieder kaputt, da es sich um die klassische Variante handelt.

Der Dresdner Super-Gully sitzt und wird nie zur Schlaglochfalle.
Der Dresdner Super-Gully sitzt und wird nie zur Schlaglochfalle. © Stadtentwäserung Dresden

Mit ihrem geraden Rahmen liegen sie auf dem Mörtelbett der Betonschächte. Donnern Laster darüber, bricht der Unterbau aus und der Gully sackt ab, erklärt Kalweit. Und das meist viel schneller als in den vorgesehenen zehn Jahren. Genauso war es zum Beispiel auf der Meißner Landstraße in Stetzsch, berichtet der Fachmann. Zumindest bis vor wenigen Tagen.

„In jedem dritten Haus kenne ich die Wohnzimmer und weiß, wo die Gläser in der Schrankwand vibrieren“, erzählt er. Zudem konnten die Leute nicht schlafen, wenn Decken wackeln, weil ein 40-Tonner durch den abgesackten Gully kracht. Zumal die Schächte genau in der Rollspur liegen. Auf der B 6 brausen täglich über 20 000 Autos an den Häusern vorbei.

Jetzt gibt es eine Lösung. Denn der über einen Kilometer lange Abschnitt von der Flensburger Straße bis Am Urnenfeld wurde vom Straßenbauamt saniert. Diese Chance hat die Stadtentwässerung genutzt, um 28 neue Gullys einzubauen – in diesem Fall ganz besondere. „Die herkömmlichen Deckel bauen wir so gut wie nicht mehr ein, höchstens auf wenig befahrenen Nebenstraßen“, sagt der Techniker. Er setzt auf Altbewährtes.

Alte Dresdner Schachtabdeckungen aus hochwertigem Guss, von denen es noch 10 000 in der Stadt gibt, haben einen konischen Rahmen. Sie sind zum Teil über 100 Jahre alt. Kalweit war 2008 auf die Idee gekommen, neue Super-Gullys nach diesem Vorbild bauen zu lassen. Sein Kollege Thomas Würfel hatte ihn unterstützt. Durch eine spezielle Konstruktion mit Schrauben wird die Mörtelfuge auf dem Abwasserschacht stark entlastet. Dadurch war die Schwachstelle beseitigt. Seit 2011 werden diese Super-Gullys produziert, die ersten wurden am Terrassenufer eingebaut – jüngstes Projekt war die B 6 in Stetzsch.

„Das war uns besonders wichtig. Die lärmgeplagten Anwohner sind ohnehin genug belastet“, sagt er. „Sie sollen zumindest mit diesen Maßnahmen ihren Frieden finden.“ Das Ziel sei es, dass die Deckel bis zur nächsten großen Sanierung halten, also bis zu 25 Jahre. „Die alten Abdeckungen mussten wir alle sechs bis acht Jahre tauschen, weil sie abgesackt und ausgebrochen waren“, berichtet der Techniker. Zum Schluss konnten sie überhaupt nicht mehr saniert werden, da sie in tiefen Spurrinnen waren.

„Von Jahr zu Jahr bauen wir mehr dieser Gullys Typ Dresden ein“, sagt Kalweit. 2016 waren es 450, dieses Jahr auch so viele. Seit Januar sind sie auf zehn Hauptstraßen eingebaut worden, darunter auf der Tolkewitzer, der Lockwitzer, der Wiener und der Winterbergstraße. Jetzt stehen die Wehlener und die Martin-Luther-Straße auf dem Plan. „Im Herbst wollen wir den 1 000. Schachtdeckel aufsetzen“, stellt der Gully-Spezialist in Aussicht. „Bisher gab es keinen einzigen Schaden.“ Bei herkömmlichen Gullys sei dies völlig anders. Als Beispiel führt er einen Fall an, bei dem noch während der Gewährleistungsfrist von bis zu fünf Jahren 140 Schachtdeckel schon wieder kaputt waren. Das sei auch in einigen anderen Fällen so gewesen.

Unproblematisch ist aber auch der Einbau der neuen Gullys nicht. Der schwierigste Fall sind Gleistrassen auf Straßen, die Autos und Bahnen nutzen. „Wenn die Bahnstrecke wegen des Wechsels von abgesackten Schachtdeckeln gesperrt werden muss, ist das der Super-Gau“, sagt er. Umleitung und Schienenersatzverkehr würden enorme Kosten verursachen. Allein ein kaputter Gully kann großes Verkehrschaos verursachen, wie im Dezember 2010 am Schillerplatz. Damals staute sich der Verkehr vom Blauen Wunder bis Pillnitz. Bekommt die Stadtentwässerung beim Ausbau die Chance, baut sie die Super-Gullys ein. „Dann haben wir jahrelang Ruhe.“ Kalweits Ziel ist es, in zehn Jahren die wichtigsten Abschnitte von Hauptstraßen mit dem neuen Super-Gully bestückt zu haben. Knapp 500 sollen jährlich eingebaut werden.

Bei einigen Straßen setzt Kalweit aber auf eine andere Lösung. Das geschieht noch dieses Jahr auf der Grund-, der Berg- und der Bodenbacher Straße. Da die Schächte andere Durchmesser haben, kann der Super-Gully nicht aufgesetzt werden. Es wäre zu aufwendig, im laufenden Betrieb den kompletten Schacht zu wechseln. Deshalb wird ein neues Gully-Modell eingebaut, das wie eine Art Badewannenstöpsel funktioniert und ebenfalls viele Jahre hält.