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Südkoreaner vertrösten Zeithain

Das Unternehmen lässt die Entscheidung zu einer Ansiedlung offen. Das bringt die Kommune in die Bredouille.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Zeithain. Die Enttäuschung ist Bürgermeister Ralf Hänsel (parteilos) am Montag deutlich anzuhören. „Ich hatte gehofft, dass ein Optionsvertrag zustande kommt“, sagte er kurz nach dem entscheidenden Telefonat mit dem Verbindungsmann nach Südkorea. Doch das asiatische Automobil-Logistik-Unternehmen, das einen neuen Standort mit 150 Arbeitsplätzen im Industriegebiet Altes Lager in Erwägung gezogen hatte, gab Zeithain erst einmal einen Korb.

Altes Lager Zeithain
Altes Lager Zeithain © Lutz Weidler

Das habe laut Bürgermeister Hänsel nichts mit Zeithain oder den Gegebenheiten vor Ort zu tun, sondern sei konzerninternen Entwicklungen geschuldet. „Sie finden die Fläche nach wie vor interessant“, sagte Ralf Hänsel. Allerdings befände sich das Unternehmen gerade inmitten einer Fusion und wolle dieses Projekt durch eine solch weitreichende Standort-Entscheidung nicht beeinflussen. „Wir sind jetzt so verblieben, dass wir im August noch einmal Kontakt aufnehmen.“ Das hieße aber nicht, dass im Sommer definitiv eine Entscheidung über einen neuen Standort in Zeithain getroffen werden würde. Theoretisch könnten sich die Verhandlungen über eine Ansiedlung sogar über Jahre hinziehen. „Es ist alles sehr unsicher. Darauf zu hoffen, wäre eine Art Glücksspiel“, so der Bürgermeister. Zeithain stehe deshalb nun vor einer wichtigen Entscheidung.

Denn neben den Südkoreanern gibt es einen weiteren Interessenten für den gesamten südlichen Teil des Alten Lagers: die Enerparc AG mit Sitz in Hamburg. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen bereits den nördlichen Teil des Industriegebietes mit einem Solarpark bebaut und drängt nun auf eine Erweiterung nach Süden. Die Pachtverträge über 20 Jahre für diese zusätzlichen Flächen würden sofort fällig und könnten laut Ralf Hänsel mehr als eine Million Euro in die Gemeindekasse spülen. „Bei Enerparc wissen wir, woran wir sind. Das ist schnelles Geld“, so der Bürgermeister.

Arbeitsplätze würden zwar nicht geschaffen, mit den Pachteinnahmen könnte sich die Kommune aber viele Wünsche erfüllen – zum Beispiel alle kaputten Straßen in der Gemeinde mit einem Mal reparieren. „Wenn wir allerdings den Vertrag mit Enerparc unterzeichnen, dann müssen wir uns für die nächsten 20 Jahre von dem Gedanken an eine Großinvestition verabschieden“, erklärte Ralf Hänsel, der gleichzeitig Geschäftsführer der Entwicklungs- und Verwertungsgesellschaft Altes Lager ist, die das Industriegebiet vermarktet. Allein will er die Entscheidung trotzdem nicht treffen, sondern den Gemeinderat involvieren.

Wie Zeithain haben zuvor auch schon andere Kommunen vor der Entscheidung gestanden, ob sie Flächen leer lassen und auf einen Investor hoffen, oder diese für Solaranlagen zur Verfügung stellen. Lommatzsch sei ein solches Beispiel, erklärt der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Meißen, Sascha Dienel. Dort hat man sich letztlich für eine Verpachtung an eine Solar-Firma entschieden – in Zeithain könnte das aber ganz anders sein.

Nicht nur, weil die Gemeinde durch die Anfrage der Südkoreaner in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. „Es gab auch schon einige andere Anfragen nach Zeithain, es läuft auch noch eine. Das ist nicht aussichtslos“, so Sascha Dienel. Zudem wird der geplante Industriepark Großenhain mit 150 Hektar bebaubarer Fläche am Flugplatz als Sachsens Premiumobjekt vermarktet. Siedelt sich dort ein Großinvestor an, gebe es erfahrungsgemäß auch großen Bedarf im Umland. „Die Frage ist, ob man in Zeithain mit der Erweiterung des Solarparks noch warten kann“, so Sascha Dienel. Das könnte die Wirtschaftsförderung zwar nicht beantworten, und auch nicht, wie dringend Zeithain Einnahmen braucht. Zu den Vermarktungschancen könnte die WRM aber auf jeden Fall Auskunft geben und die Gemeinderäte bei Bedarf vor der Entscheidung beraten.

Von der Idee, Solar und Ansiedlung eventuell zu vereinen, hat sich Bürgermeister Hänsel indes verabschiedet. Zwar würde der Logistiker aus Südkorea vor allem Hallen und Stellflächen benötigen und wäre es durchaus denkbar, die Dächer mit Solar-Anlagen zu bebauen. „Als kleiner Bürgermeister traue ich es mir aber nicht zu, ein Joint Venture zwischen Südkorea und Hamburg anzubahnen. Das wäre eine schöne Idee, scheitert aber an der Praxis.“