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Suchtberatung in finanzieller Krise

Die Fachleute wissen noch immer nicht, mit wie viel Geld sie in diesem Jahr rechnen können. Nun schlagen sie Alarm.

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© Symbolbild: dpa

Von Nicole Preuß

Bautzen. Die Sache ist eigentlich klar. Eine Leistung wird erbracht, eine Rechnung wird gestellt und ein Betrag wird überwiesen. Die Suchtberatungsstellen im Freistaat hatten es noch nie so einfach, an ihr Geld zu kommen, so schwer wie in diesem Jahr allerdings auch noch nicht. Die Fachleute wissen nämlich noch immer nicht, wie viel Geld sie in diesem Jahr vom Freistaat überhaupt bekommen können. „Wir hängen mit unserer Finanzierung vollkommen in der Luft“, ist überall zu hören. Der Grund: Der Freistaat überarbeitet bereits seit Monaten die Richtlinie zur Förderung der Suchtberatungsstellen in Sachsen.

Die Experten des sächsischen Sozialministeriums setzten bisher auf ein Punktesystem, nach dem die Arbeit in den Suchtberatungsstellen bewertet und auch bezahlt wurde. Das Land Sachsen übernahm so bis zu 45 Prozent der Kosten, der Landkreis legte noch einen Betrag drauf und für den Rest kamen die freien Träger der Suchtberatungsstellen selbst auf. Jetzt sollen die 5,4 Millionen Euro im Jahr allerdings nach der Zahl der Einwohner im Einzugsgebiet der Suchtberatungsstellen verteilt werden. So ist es zumindest angedacht. Denn eine endgültige Entscheidung zur neuen Richtlinie hat das Kabinett jetzt, im August, noch nicht verabschiedet.

Die Suchtberatungsstellen sind ein wichtiger Anker für suchtkranke Menschen und ihre Angehörigen. Die Psychologen und Sozialpädagogen sind meist die ersten Experten neben den Ärzten, mit denen Suchtkranke in Kontakt kommen. Die Fachleute beraten die Menschen und ihre Angehörigen, organisieren mitunter einiges rund um den Entzug und kümmern sich auch um die Nachsorge, indem sie zum Beispiel die Menschen in Gesprächsgruppen integrieren. Viele alkoholkranke und andere drogensüchtige Menschen haben mit der Hilfe der acht Beratungsstellen der drei verschiedenen freien Trägern im Kreis den Ausstieg geschafft. Ein Problem war schon einige Male die Finanzierung, die oft erst Ende des Jahres genau berechnet werden konnte. Die Mitarbeiter hatten aber bisher zumindest Orientierungszahlen, nach denen sie sich richten konnten. Die gibt es in diesem Jahr nicht. Und der Landkreis hat auch noch nicht bekannt gegeben, wie er sich in diesem Jahr an der Arbeit beteiligen wird.

Die Finanzierung der Suchtberatungsstellen ist damit ähnlich kompliziert gestaltet, wie die der Präventionsstellen, die vor einem Jahr eingerichtet wurden. Die Politik wollte damit vor allem auf das Crystal-Problem reagieren. Die Jugendlichen sollten bereits in der Schule angesprochen und für das Problem sensibilisiert werden. Der Landkreis ergriff die Chance, bewarb sich um die Förderung und bekam die Summe 2016 auch zugesprochen. Eine Mitarbeiterin im Landratsamt sollte die Arbeit in der Suchtprävention im Landkreis koordinieren. Eine Fachkraft kümmert sich in Hoyerswerda noch immer acht Wochenstunden um die Aufgabe. Doch weder in Kamenz, wo ein Fachmann angestellt war, noch im Landratsamt in Bautzen gibt es diese Stelle noch. „Um die Fachstelle für Suchtprävention wieder zu installieren, muss erst die Finanzierung erneut geregelt werden“, sagt Sabine Rötschke aus dem Landratsamt. „Problematisch ist dabei die Tatsache, dass die Förderung des Landes als Projekt angelegt ist und somit keine Grundlage für eine dauerhafte Betreibung darstellt.“ Es lohnt sich also schlicht nicht, eine Fachkraft für wenige Monate bis zum neuen Antrag anzustellen, zumal Prävention auf Langfristigkeit angelegt sein sollte.

Die Suchtberatungsstellen hoffen nun auf eine Lösung. Einige Experten, gerade in ländlichen, nicht unbedingt dicht besiedelten Gebieten, befürchten Kürzungen, sollte die neue Richtlinie in Kraft treten. Dann müssten wichtige Angebote gestrichen werden und Süchtige auf Termine warten. „Bei Suchterkrankten kann aber oft nur ein sehr kleines Zeitfenster genutzt werden, das manchmal darüber entscheidet, ob sich jemand für eine Therapie entscheidet“, heißt es. Das Sozialministerium (SMS) hat das Thema auf dem Tisch. „Das SMS ist bemüht, die erforderliche Beschlussfassung schnellstmöglich herbeizuführen“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Bis dahin helfe man sich vorübergehend mit Abschlagszahlungen an die Kommunen.