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Studenten untersuchen die Stadthalle

Zum Sanierungstag am Sonntag wollen die jungen Leute mit den Görlitzern ins Gespräch kommen. Und später erneut.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Zwei große Plakate wollen die Studenten am Sonntag an der Stadthalle aufhängen. „Darauf können die Besucher zum Tag der offenen Sanierungstür ihre Visionen für die Stadthalle schreiben“, sagt Joshua Neumann. Der 19-Jährige und seine sechs Mitstreiterinnen studieren Kultur und Management im vierten Semester an der hiesigen Fachhochschule, werden am Sonntag als Aufsichtspersonal mit dafür sorgen, dass der große Saal der Stadthalle für Besucher begehbar ist – und wollen die Chance nutzen, um mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen, ihnen zuzuhören, ihre Erinnerungen an die Vergangenheit, aber auch ihre Visionen für die Zukunft zu erfahren – und hinterher auszuwerten.

Das Ganze tun sie für ihr Forschungsseminar „Die Stadthalle Görlitz als europäisches Kulturzentrum – Unsere Stadthalle für alle“. Geleitet wird es von dem polnischen Professor Slawomir Tryc, der in Zgorzelec aufgewachsen ist und die Stadt samt Stadthalle deshalb gut kennt. Von den sieben Studenten hingegen stammt nur Rebekka Gerling ursprünglich aus Görlitz. „Schon mein Großvater konzertierte in der Stadthalle“, sagt die 26-Jährige. Der Mann wurde einst an der hiesigen Kirchenmusikschule zum Kantor ausgebildet. Auch die Eltern von Rebekka Gerling besuchten die Stadthalle. Sie selbst hingegen kannte das Gebäude bisher nur vom Hörensagen.

Die Studenten hätten auch andere Themen für ihr Forschungsseminar wählen können. „Wir hätten zum Beispiel eine Museumskonzeption gestalten können, aber nicht hier in Görlitz“, sagt Verena Bufler. Letztlich hätten sie sich aber bewusst für die Stadthalle entschieden. „Es ist unglaublich schade, dass ein so großes, schönes Gebäude leer steht“, so die 25-Jährige.

Auch Joshua Neumann, der aus Berlin kommt, hat sich bewusst für ein Görlitzer Thema entschieden: „Deshalb sind wir ja hier.“ Eigentlich sei das Seminar nur für ein Semester gedacht gewesen, aber das Thema sei so komplex, „dass wir noch ein zweites dranhängen, bis Januar 2018“, sagt er. Das erste Semester haben die Studenten seit März genutzt, um mit vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, denen die Stadthalle am Herzen liegt, vor allem mit Mitgliedern des Fördervereins, darunter CDU-Stadtrat Thomas Leder sowie die Pensionäre Anneliese Karst und Hans-Peter Bauer sowie einige weitere Görlitzer. „Aber es sind so viele, dass wir es bis heute nicht geschafft haben, mit allen zu reden, die ein Interesse an der Stadthalle haben“, sagt er. Und sie haben noch mit niemandem gesprochen, der die Halle eher skeptisch sieht: „Wir haben bisher nur gehört, dass es auch andere Meinungen geben soll.“

Allerdings sind den Studenten auch einige Probleme aufgefallen. Vor allem haben sie erlebt, dass es fast ausschließlich die Älteren sind, die sich für die Stadthalle engagieren. Für die Zukunft der Halle reicht das aber nicht. Deshalb haben sie die Arbeitsgruppe Schulkooperation gegründet: „Wir wollen junge Leute einbeziehen, deren Aufmerksamkeit erregen“, sagt Theresa Schiemann. Dazu werden die Studenten an die Schulen gehen. „Das“, sagt Mirjam Hufnagel, „sind die Leute, die die Stadthalle in zehn oder 15 Jahren besuchen.“

Eine zweite Gruppe befasst sich mit der künftigen Nutzung der Halle. Die sehen die Studenten nicht nur bei Veranstaltungen für die Görlitzer. Stattdessen schwebt ihnen ein europäisches Kultur- und Kongresszentrum vor. Und eine wesentliche Beteiligung von Studenten. „Es gibt in Deutschland, Polen und Tschechien viele Musikhochschulen, die einbezogen werden könnten“, sagt Joshua Neumann – und stellt sich beispielsweise einen Konzertort für studentische Projekte vor.

Die dritte Gruppe geht das Thema Geld an. Auch hier liegt einiges im Argen. Die Finanzierung und der Unterhalt einer solchen Immobilie seien für eine mittelgroße Stadt in einer strukturschwachen Region wie der Oberlausitz nicht selbst tragbar, haben die Studenten erkannt. Deshalb geht es ihnen darum, Förderer zu suchen, die Geld geben wollen. Für ihre eigene Arbeit indes haben die Studenten bereits einen Unterstützer gefunden. Die Sparkassenstiftung wird dem Projektteam am Sonntag möglichst öffentlichkeitswirksam einen Förderscheck über 1 500 Euro übergeben.

Davon soll auch die weitere Arbeit der Gruppe unterstützt werden. Deren Hauptziel ist die Veröffentlichung eines Heftes, in dem sich alle Ergebnisse des Forschungsseminars finden. „Grundlage des Heftes sollen unsere eigenen Forschungsergebnisse sein“, sagt Theresa Schiemann. Dazu wollen die Studenten in dem Heft auch viele Gastbeiträge veröffentlichen. Das können Meinungsbeiträge vonseiten des Fördervereins sein, aber auch von vielen anderen, gern auch von Schülern.

Nach dem Sanierungstag am Sonntag wollen die Studenten noch mindestens zweimal an die Öffentlichkeit treten. Am 5. Juli, 10 Uhr, ist eine öffentliche Präsentation an der Hochschule geplant, ein Zwischenbericht – im Haus G2, Raum 010. Und die Ergebnisse des Seminars sollen schließlich im Januar im Dom Kultury präsentiert werden. „Wir haben uns für diesen Ort entschieden, um zu zeigen, dass wir die Stadthalle als europäisches Zentrum sehen“, sagt Joshua Neumann. Auf ein Wort