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Studenten-Kiez Friedrichstadt

In einer Umfrage schneidet der Stadtteil am besten ab – und stößt damit die Neustadt vom Siegerplatz. Woran liegt das?

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© Christian Juppe

Von Nora Domschke

Die Friedrichstadt mausert sich zum beliebten Wohnviertel. Das zeigt sich in den Einwohnerzahlen, die sich in der Zeit von 1990 bis heute nahezu verdoppelt haben. Und auch für die Zukunft sagen Experten voraus: Das Viertel wird weiter wachsen, und zwar stärker als alle anderen in Dresden. Auch die Studenten Lena, Camillo und Martina haben ihr Herz an die Friedrichstadt verloren. Ein bisschen schlägt es auch für Löbtau. Und das Szeneviertel Neustadt? Zu hipp, zu viel Partyvolk, zu teuer für den schmalen Geldbeutel vieler Studenten, sagen die drei.

Das weiß Camillo Gulde aus eigener Erfahrung. Zu Beginn seines Studiums zog es auch den jungen Mann in die Neustadt. Zwei Jahre hat er dort gewohnt. „Ich war heiß auf diesen Stadtteil, der so viel versprochen hat.“ Die Realität sah anders aus: „Es ist ein fertiger Ort, den Massen von Menschen stürmen. Konsum steht im Vordergrund.“ Der Kunststudent war indes auf der Suche nach Ursprünglichkeit, nach einem Ort, den er mit gestalten kann. In der Friedrichstadt fand er ihn. Seit zweieinhalb Jahren wohnt Gulde am Friedrichstädter Krankenhaus. Dass sein neues Heimatviertel als neue Neustadt bezeichnet wird, hört der 22-Jährige nicht gern. Dennoch ist auffällig, wie beliebt die Friedrichstadt bei Menschen im Alter zwischen 18 und 26 Jahren ist: Lebten 1990 knapp 700 von ihnen im Stadtteil, sind es heute mit rund 2 500 mehr als dreimal so viele.

Eine Umfrage des Onlineportals „Verbraucherwelt.de“ hat kürzlich ergeben, dass die Friedrichstadt vor allem bei Studenten sehr beliebt ist. Wie viele von ihnen tatsächlich dort wohnen, ist schwer zu ermitteln. Im Melderegister werde nicht nach dem Berufsleben gefragt, teilt ein Stadtsprecher auf Anfrage mit. Die Onlineumfrage gibt nun zumindest Auskunft darüber, was die Friedrichstadt für junge Menschen so lebenswert macht. Bewertet wurden Kriterien wie Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten sowie das Angebot an Bars, Klubs und Theatern oder Kinos. Großer Pluspunkt des Viertels in Dresdens Mitte: eine durchschnittliche Warmmiete von 7,86 Euro für den Quadratmeter. Zwar ist es im Hechtviertel mit 7,65 Euro noch etwas billiger, doch der Preis allein spielt offensichtlich nicht die wichtigste Rolle. Zum Vergleich: In Cotta kostet der Quadratmeter nur 6,71 Euro. Der Stadtteil landet in der Umfrage allerdings auf dem zehnten Platz und ist damit Schlusslicht.

Punkten können die Friedrichstadt und auch Löbtau mit der Lage. Die Hochschulen sind gut erreichbar, die Anbindung durch Bus und Bahn wurde als sehr gut bewertet. Einziger Knackpunkt: Es gibt kaum Kneipen oder kulturelle Treffpunkte. Das bestätigen auch Lena, Camillo und Martina. Sie haben dafür auch schon einen Grund ausgemacht: „Dresden ist eine typische Wohn- und Arbeitsstadt. Zum Feiern oder Essen gehen die Menschen in die Neu- oder Altstadt“, sagt Lena Wegmann. Kultige Kneipen in Wohnvierteln haben es oft schwer, weil in der Woche die Gäste fehlen.

Neben dem Riesa efau gibt es mit der Rösslstube in der Friedrichstraße nun immerhin eine zweite Anlaufstelle für diejenigen, die bei Bier und Wein handgemachte Musik genießen wollen. Dennoch wünschen sich die drei Studenten mehr Platz für Kunst und Kultur. „Noch gibt es in unserer Ecke genug Häuser, in denen das möglich wäre“, sagt die Löbtauerin Martina Remlinger. Die 27-Jährige studiert Kunstgeschichte und wohnt in einer Wohngemeinschaft an der Columbusstraße. In zwei, drei Wohnhäusern teilen sich Gruppen von Studenten und jungen Absolventen große Wohnungen, die Mieten sind preiswert. Auch, weil einige Häuser noch unsaniert sind. Die Gemeinschaft ist für die Studentin wichtig. „Ich bin selbst schon oft innerhalb der WGs umgezogen.“

Um ihre beiden Stadtteile besser miteinander zu vernetzen, haben die Studenten nun ein ganz besonderes Projekt ins Leben gerufen. „Roads“ ist eine Art Kunst- und Kulturfestival, an dem sich Vereine, Wohn- und Arbeitsgemeinschaften sowie gastronomische und kulturelle Einrichtungen in Löbtau und in der Friedrichstadt beteiligen. Noch bis zum 8. Oktober finden in beiden Stadtteilen an verschiedenen Orten Ausstellungen, Vorträge und Workshops statt. Neben der Rösslstube in der Friedrichstraße sind etwa auch die Betriebsküche in der Berliner Straße und das Nachbarschaftscafé Platzda in der Wernerstraße mit dabei.

Alle Infos zu den Orten und zum Programm unter www.facebook.de/roads2016