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Stromdieb sitzt schon eine Geldstrafe ab

In Handschellen wird der Angeklagte in den Gerichtssaal geführt. Es geht um 60 Euro.

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Von Elke Görlitz

Die Diskussion über die Geldauflage, die das Gericht dem jungen Mann letztes Jahr erteilte, beginnt schon vor dem Saal. Was, Sie haben die 60 Euro nicht bekommen?, fragt der Angeklagte den Hausverwalter. Der ist als Zeuge da. Er sollte das Geld erhalten. Eine Auflage des Gerichts, weil Danny B. von Frühjahr bis Herbst 2013 aus dem Keller eines Hauses an der Döbelner Schillerstraße an der Fassade entlang ein Kabel bis in seine Wohnung zog, um illegal an Strom zu gelangen. Die Geldstrafe sollte auf das Konto der Hausgemeinschaft gezahlt werden, weil der Strom vom „Hauslicht“ abgezapft worden war. Angeblich hat Danny B. die 60 Euro im Dezember auch übergeben. An seine Ex-Freundin, die Mieterin im selben Haus ist „und gerade keinen Quittungsblock hatte“. Dem Verwalter habe er mehrfach ein Fax geschickt und versucht, ihn anzurufen. Der aber weiß von keinen Anrufen, das Fax ist kaputt. Trotzdem versucht der Verwalter, die Sache zu klären und Ex-Freundin des Angeklagten ans Telefon zu bekommen. Auch Richterin Karin Fahlberg probiert es. Vergeblich. Sie schmunzelt über die Erklärungen des Angeklagten. Weil er wusste, dass eine andere Strafe gegen ihn vollstreckt werden sollte, habe er sich in keine Behörde getraut – und deshalb nicht auf das Schreiben der Richterin geantwortet. Dass er einen Brief hätte schreiben können, nun ja, das sei ihm jetzt auch klar.

Inzwischen sitzt Danny B. trotzdem im Gefängnis. Bis Juli muss er wohl hinter Gittern bleiben. Und die Sache wird für ihn nicht besser. Zwar stellt Richterin Fahlberg im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen des Stromdiebstahls ein – weil Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen. Aber inzwischen ist Danny B. die Wohnung gekündigt worden, in der die jetzige Freundin mit dem vier Monate alten Sohn wohnt. Wegen ausstehender Mietzahlungen. Die soll das Jobcenter übernehmen, das Mietnachweise fordert. Die habe er ja vom Hausverwalter haben wollen, so Danny B., doch woher sollte er wissen, dass dessen Fax kaputt ist...

Richterin Fahlberg ist sicher, dass sie den Angeklagten wiedersieht. „Es gibt Regeln, die einzuhalten sind“, ermahnt sie den Mann, der die Schuld offenbar lieber bei anderen als bei sich selbst sucht.