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Strittige Scheune

Die alte Bauhofscheune in Saupsdorf wird verkauft – nach kontroverser Diskussion im Sebnitzer Stadtrat.

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© Dirk Zschiedrich

Von Dirk Schulze

Saupsdorf. Es war eine der längsten und kontroversesten Diskussionen, die der Sebnitzer Stadtrat in den vergangenen Jahren geführt hat. Die Entscheidung am Ende hätte knapper kaum ausfallen können. Aus der Ferne betrachtet geht es nur um den Verkauf einer alten Scheune in Saupsdorf, die bisher der Kommune gehört. Die Vertreter der Ortsteile verbinden damit aber mehr. In der vorigen Sitzung war das Thema auf Antrag der CDU-Fraktion kurzfristig von der Tagesordnung geflogen. Die Verwaltung habe noch einige Hausaufgaben erledigen müssen, räumte Oberbürgermeister Mike Ruckh (CDU) vor dem erneuten Anlauf ein, es war wohl nicht mit allen Beteiligten im Vorfeld ausreichend gesprochen worden. Die Beteiligten, das sind in diesem Fall vor allem die Saupsdorfer Feuerwehr und der Freizeitverein, der das jährliche Frühlingsfest organisiert. Sie nutzen die ehemalige Bauhofscheune am Wachbergweg in Saupsdorf als Lagerraum für die historische Handruckspritze sowie für Tische, Bänke und Tanzboden des Frühlingsfests. Wo sollen die Sachen hin, wenn die Scheune verkauft wird?

Früher gehörte die Scheune zum benachbarten Wohnhaus. Dessen neue Eigentümer wollen den Bauernhof, das „Glasersche Gut“, wieder komplettieren.
Früher gehörte die Scheune zum benachbarten Wohnhaus. Dessen neue Eigentümer wollen den Bauernhof, das „Glasersche Gut“, wieder komplettieren. © Dirk Zschiedrich

Überhaupt ins Rollen gekommen ist die Sache durch den Verkauf des Hauses direkt neben der Scheune. Ein Paar aus Dresden hat das Wohngebäude des ehemaligen „Glaserschen Gutes“ von den Erben gekauft. Sie wollen das leerstehende Umgebindehaus sanieren und dort einziehen. Dazu hätten sie auch gern die Scheune erworben. Sie gehörte ursprünglich einmal zu der Bauernwirtschaft, wurde aber zu DDR-Zeiten vom Grundstück abgetrennt und ist seit Jahren kommunales Eigentum. Klappt das mit der Scheune nicht, würden sie auch vom Kauf des Hauses zurücktreten, erklärten sie. Sie wollen den Hof nur haben, wenn er komplett ist.

Dann meldete sich ein zweiter Interessent. Ein Saupsdorfer, der nur die alte Bauhofscheune kaufen möchte. Er hat wenig Platz auf seinem Grundstück und will die Scheune gern als zusätzlicher Lager für Baumaterial und als Garage nutzen. Beide Kaufinteressenten sicherten zu, dass die eingelagerten Feuerwehr- und Vereinssachen auf jeden Fall für die kommenden drei Jahre in der Scheune bleiben könnten.

Für die Zeit danach präsentierte die Stadtverwaltung eine Alternative. Bei einem Ortstermin vergangene Woche in Saupsdorf schlug OB Ruckh die alte LPG-Kaufhalle in Saupsdorf als künftiges Lager vor. Die Stadt würde die Räumlichkeiten anmieten. Gänzlich überzeugt hat das zumindest den Saupsdorfer Ortschaftsrat nicht. Zwei Mitglieder stimmten für den Verkauf – zwei dagegen. Damit lehnte der Ortschaftsrat den Verkauf formal ab.

Die Entscheidung jedoch liegt beim Sebnitzer Stadtrat. In dessen Sitzung am Mittwochabend sorgte das Thema nun für einen seltenen öffentlichen Schlagabtausch. Die Fraktion Mitsprache Stadt und Land, in der größtenteils Vertreter aus der früheren Gemeinde Kirnitzschtal sitzen, sprach sich klar gegen den Verkauf aus. In einer verlesenen Erklärung erläuterte Fraktionschef Jörg Hempel, selbst Saupsdorfer, die Gründe. Es sei unsinnig, die kommunale Scheune zu verkaufen und im Gegenzug neue Räume anzumieten. Mit dem Verkauf des nebenstehenden Wohnhauses habe sie prinzipiell nichts zu tun, beide Grundstücke seien seit 40 Jahren getrennt. Dann zog Hempel einen Trumpf aus dem Ärmel, einen Fakt, der der Öffentlichkeit bisher noch nicht bekannt sei, wie er sagte. Im Obergeschoss der Scheune soll ein Bauernmuseum eingerichtet werden. Diesen Plan hätten sich die Saupsdorfer für die Dorfentwicklung überlegt. Durch die günstige Lage an der Straße zum Wachberg erwarte man viele Besucher. Fraktionskollege Wolfgang Mühle aus Mittelndorf pflichtete ihm bei. Er befürchtet, dass die Stadt Sebnitz künftig noch weitere kommunale Gebäude aus den Ortsteilen verkaufen könnte.

Gegenwind gab es von der CDU. Deren Stadtrat Ekkehard Schneider bezeichnete das vorgebrachte Bauernmuseum als ein bewusstes Ablenkungsmanöver. Bevor in der Scheune ein Museum einziehen könnte, müsste dort investiert werden, etwa in das Dach. Außerdem bräuchte man Parkplätze. „Das ist eine Seifenblase, die Sie in die Welt setzen, um den Verkauf zu verhindern“, sagte Schneider. Das finde er unfair.

Oberbürgermeister Ruckh erklärte, man müsse dem Saupsdorfer Ortschaftsrat seine Sicht der Dinge zugestehen. Der OB argumentierte schließlich mit dem Faktor Demografie. Für viele Häuser in Saupsdorf mit Bewohnern im Rentenalter sei fraglich, was in einigen Jahren aus ihnen wird. Und dann wollen zwei Dresdner ins Dorf ziehen, dort wohnen, ein leerstehendes Haus sanieren. Der Nichtverkauf der Scheune könnte das verhindern. „Das sind Dinge, die geben mir zu denken“, sagte Ruckh. Abgestimmt wurde zweimal. In der ersten Runde darüber, ob die Scheune überhaupt verkauft wird, in der zweiten, an wen. Mit elf Ja-Stimmen aus der CDU-Fraktion gegen neun Nein-Stimmen von Mitsprache, Linken und NPD war eine knappe Mehrheit für den Verkauf. Pro Lager gab es eine Enthaltung. Den Zuschlag erhielten mit klarer Mehrheit aus der CDU die Dresdner Interessenten. Viele Räte, die gegen den Verkauf waren, enthielten sich bei der Entscheidung für einen der Käufer.