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Streitpunkt Grundgebühr

Gegen die 60 Euro legten viele Besitzer von Kleinkläranlagen Widerspruch ein. Beschlossen haben es ihre eigenen Vertreter.

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© Jörg Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia und Jörg Richter

Niegeroda/Ostgemeinden. Einwohner aus Niegeroda wollen sich mit der neuen Abwassergrundgebühr für Kleinkläranlagen nicht abfinden (SZ berichtete). Deshalb haben sie am Montagnachmittag das MDR-Fernsehen und die SZ eingeladen, um ihren Standpunkt zu erklären. Anschließend sollte es gemeinsam zur Sitzung des Abwasserzweckverbandes (AZV) nach Thiendorf gehen.

„Doch ich darf nicht während der Verbandsversammlung drehen“, erzählt die MDR-Reporterin. Das habe sie auf dem Weg von Dresden nach Niegeroda aus der „Sachsenspiegel“-Redaktion erfahren. Der stellvertretende AZV-Vorsitzende Dirk Mocker habe per Fax das Filmen während der Sitzung untersagt. Außerdem sei er auch nicht zu einem Interview bereit. Nur schriftlich sollen Fragen beantwortet werden. Vor der Sitzung darf die Kamerafrau dann doch Aufnahmen im Saal machen. Der Beitrag war für den Dienstagabend geplant.

Gebührenbescheide jetzt verschickt

Dirk Mocker wollte sich als Stellvertreter für die erkrankte Verbandsvorsitzende Margot Fehrmann nicht bloßstellen lassen. „Denn an mich haben sich die Niegerodaer leider nicht direkt gewandt“, beklagt der Thiendorfer Bürgermeister. In ihrer eigenen Gemeinde Lampertswalde sind die Bürger nicht informiert worden, weiß Mocker. Denn der Beschluss der Grundgebühr wurde schon im März von allen Verbandsgemeinden gefasst, auch von Lampertswalde.

Das Problem ist hochgekocht, als die Besitzer von Kleinkläranlagen Ende September die Bescheide über die neue Grundgebühr erhielten. Bezahlt werden muss rückwirkend. „Vor ein paar Jahren wurden wir zu eigenen Kläranlagen verdonnert, nun sollen wir auch noch zusätzlich zahlen“, sagt Joachim Rothe aus Oelsnitz. „Für was, das wissen wir alle nicht.“ Hausbesitzer, die nicht an das zentrale Abwassersystem angeschlossen werden, sollen jährlich 60 Euro bezahlen, damit der Verwaltungsaufwand bei der gesetzlich geforderten Kontrolle der 1200 Kleinkläranlagen abgegolten ist, erfahren die Betroffenen am Abend bei der AZV-Sitzung in Thiendorf.

Gut 30 Bürger sind gekommen, auch aus Ponickau, Ebersbach oder Rödern. Viele von ihnen haben Widerspruch gegen die 60 Euro eingelegt und machen ihrem Unmut in der Bürgerfragestunde Luft. Dirk Mocker und Elisabeth Lorenz vom Großenhainer Abwasserverband versuchen, geduldig zu erklären, wo die Betroffenen die Gebührenkalkulation und die Globalberechnung einsehen können, wie die Grundgebühr zustande gekommen ist, dass auch die zentral Erschlossenen gehörige finanzielle Belastung haben. Seit zehn Jahren, so Dirk Mocker, habe sich der Verband um eine nötige Gebühren-Erhöhung gedrückt.

Doch den Vorwurf, dass der Verband mit dem Geld seine Verluste aus Rechtsstreitigkeiten deckt, weist Mocker entschieden zurück. Beraterin Elisabeth Lorenz erklärt aber, dass eine Kostenunterdeckung im Verband von 2011 bis 2015 mit in die Gebührenkalkulation eingeflossen ist.

Der Einwurf von Ernst Lehmann aus Kalkreuth, dass dezentral entsorgende Bürger auf Dauer doppelt so hohe Kosten wie die zentral Angeschlossenen hätten, lässt sich jedoch nicht leicht entkräften.

Sind Kontrollen überflüssig

Ein junger Zuhörer spricht von offenkundiger Überflüssigkeit der Kontrolle von Wartungsprotokollen durch den Verband – weil jeder Anlagen-Besitzer sowieso Probleme bekommt, wenn die biologische Klärung nicht die geforderten Werte bringt.

Ganz offensichtlich ist das Abwasserbeseitigungskonzept des Verbandes längst nicht allen einleuchtend. Verbandsrat Schober aus Böhla b.O. kritisiert die Kritiker dafür, dass sie sich nicht rechtzeitig über die Beschlüsse informiert haben. „Damals war keiner da“, so Schober.

Yvonne Ossner aus Niegeroda beklagt jedoch, nicht informiert worden zu sein. Erneut kommt die Frage auf, ob der Radeburger Anzeiger als Amtsblatt des Verbandes auch in den 33 Niegerodaer und 85 Oelsnitzer Haushalten verteilt wurde. Dieses Problem ließ sich bis zum gestrigen Redaktionsschluss nicht klären. Sollte die Zustellung tatsächlich nicht erfolgt sein, wäre das ein Argument für die Bürger, die Rechtsgültigkeit des Verbandsbeschlusses anzufechten. Birgit Zander jedenfalls führt ihr Widerspruchsverfahren weiter. Auch wenn sie das weitere 95 Euro kosten könnte. Bestimmt ist sie damit nicht allein und findet Gesinnungsgenossen.