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Streit um Ratssaal geht weiter

Stadtrat Jörg Schlechte bekommt für seine Aussagen über ein Buch noch mehr Gegenwind. Die umstrittene Lesung soll trotzdem nicht wie geplant stattfinden.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Ist es nun ein Teilsieg für CDU-Stadtrat Jörg Schlechte und seine Unterstützer – oder das genaue Gegenteil? Denn die geplante Vorstellung des Sammelbandes „Unter Sachsen“ von Tagesspiegel-Redakteur Matthias Meisner und Journalistin Heike Kleffner im Rahmen des Meißner Literaturfestes wird wie geplant am 8. Juni im historischen Ratssaal stattfinden. Trotz Schlechtes Kritik am Veranstaltungsort.

Allerdings ist die im Anschluss vorgesehene Podiumsdiskussion über das Buch am Montag laut Stadtverwaltung „im Einvernehmen mit den Organisatoren“ abgesagt worden. „Die Buchvorstellung/Lesung der Autoren wird durch die Benutzungsordnung für den Ratssaal zweifelsfrei abgedeckt, während Podiumsveranstaltungen mit politischem Charakter dort nicht vorgesehen sind“, so Sprecherin Katharina Reso zur Begründung. Die Stadt stehe aber weiter hinter dem Literaturfest.

Ob nach der Lesung zumindest Fragen aus dem Publikum gestellt werden können, darüber gibt es derzeit noch voneinander abweichende Aussagen. Verärgert sind die Veranstalter vom Kulturverein dagegen über Auflagen, die es sonst nie beim Fest gegeben habe und die auch bei der Besprechung nicht mündlich kommuniziert worden seien.

„Wir werden rausgeekelt“

So sollen sich die Veranstalter zum Beispiel selbst um die Sicherheit kümmern sowie Kaution und Miete für den Saal bezahlen. „Mein Empfinden ist: Wir werden rausgeekelt, nachdem man uns formell nicht rausgekriegt hat“, so Walter Hannot, der Vorsitzende des Kulturvereins. Es sei keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Stadt als Mitveranstalter mehr.

Der Kulturverein prüfe nun, inwiefern den Auflagen entsprochen werden könne. Im Moment könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die geplante Lesung so tatsächlich stattfinden kann.

CDU-Stadtrat Jörg Schlechte, der die Diskussion um das Buch auf seinem Facebook-Profil angestoßen hat und unter anderem Unterstützung von AfD-Mitgliedern und ULM-Politikern erhielt, ist dagegen zufrieden mit dem Ergebnis. „Der Hauptpunkt ist damit erreicht“, sagte er auf SZ-Anfrage.

Es sei ihm nur um die Podiumsdiskussion zum Buch gegangen, bei der Zuhörer sich nicht hätten einbringen können. „Dass da vorne drei Mann sitzen und sich gegenseitig in ihrer Meinung bestärken, das ist Quatsch“, so Schlechte. Für die Diskussion geladen waren Herausgeber Matthias Meisner, Hannah Eitel von der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Autor und Journalist Olaf Sundermeyer, Martin Oehmichen (Die Grünen) und Sören Skalicks (Piraten) vom Bündnis Buntes Meißen.

Nach Kritik an der Zusammensetzung des Podiums wurde noch Frank Richter, ehemaliger Direktor der Landeszentrale für politische Bildung und gebürtiger Meißner, eingeladen. Verleger Christoph Links sollte die Diskussion moderieren.

Auf seinem Facebook-Profil hatte sich Schlechte jedoch nicht nur gegen die Diskussion im Ratssaal ausgesprochen, sondern unter anderem über das Buch geschrieben: „Dieser Dreck wird mit Sicherheit nicht in unserem Rathaus gelesen.“ Er und andere warfen dem Sammelband Sachsen-Bashing, also das pauschale Einprügeln auf den Freistaat vor, dessen rechte Tendenzen im Buch beleuchtet werden.

Danach distanzierte sich der CDU-Stadtverband gegen derartige Aussagen und stellte sich hinter das Fest und seine Macher. Der sächsische Ausländerbeauftragte und CDU-Politiker Geert Mackenroth kommentierte dieses Statement auf Facebook mit: „Das war überfällig. Man muss das Buch, aus dem gelesen werden soll, nicht gut finden, und jeder darf es – gerne auch heftig – kritisieren. Aber Sprech-, Veranstaltungs- und Diskussionsverbote sind keine Mittel in einer demokratischen Auseinandersetzung.“ Auch der Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Ulrich Reusch sowie Falk Werner Orgus, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Stadtrat, sprachen sich bereits deutlich für das Literaturfest und gegen die Äußerungen Schlechtes aus.