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Streit um Fußweg-Parker

Das Ordnungsamt verteilt auf einem privaten Stellplatz Knöllchen. Die Abkassierten fühlen sich verschaukelt.

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© Robert Steinig

Von Stefan Lehmann

Riesa. Auf das Ordnungsamt sind wohl die allerwenigsten gut zu sprechen. Wer Knöllchen verteilt, der macht sich nun einmal unbeliebt. Die Posse, die Karsten Kremz und andere Riesaer derzeit mit den städtischen Politessen durchleben, stellt aber alles in den Schatten.

Stein des Anstoßes ist ein kleiner Stellplatz vor Kremz‘ Versicherungsbüro in der Friedrich-Engels-Straße. „Als wir hier eröffnet haben, hatten wir die Zusicherung vom Vermieter bekommen, dass wir vor dem Haus parken können“, erklärt Kremz. Über Jahre hinweg ging das gut. In letzter Zeit habe allerdings das Ordnungsamt die Stelle für sich entdeckt. Einige Male schon musste er nach draußen eilen und viel Überzeugungsarbeit leisten, um keinen Strafzettel zu bekommen. Dabei dürften die Politessen dort überhaupt nicht kassieren, ist Kremz überzeugt. Denn der Stellplatz direkt neben dem Gehweg gehöre noch zum Grundstück. Das sehe man schon daran, wie dort gepflastert sei.

Das Ordnungsamt ficht diese Begründung offenbar nicht an. Karsten Kremz ist nicht der einzige Anwohner, der den Parkplatz nutzt und schon zur Kasse gebeten wurde. Ein anderer Bewohner des Hauses bekam ebenfalls ein Knöllchen hinter die Scheibe geklemmt, weil er an dieser Stelle parkte. Er zog gegen den Bußgeldbescheid vor Gericht.

Doch ein solcher Einspruch hätte so gut wie keine Aussicht auf Erfolg, sagt Herbert Zapf. Es handle sich schon um einen ungewöhnlichen Fall, sagt der Amtsrichter. Zapf war nach der Verhandlung extra an den Ort des Geschehens gefahren und hatte sich die Sache angeschaut. Aus seiner Sicht ist die Sache aber eindeutig: „Die Widmung als Parkplatz spielt keine Rolle“, betont Zapf. Denn die Straßenverkehrsordnung betrachte die tatsächlichen öffentlichen Verhältnisse, nicht die rechtlichen. Das heißt: Entscheidend ist, wie die Verkehrsteilnehmer den Weg wahrnehmen – nicht, wie die rechtlichen Verhältnisse sind. „Ein Parkplatz müsste entsprechend baulich als solcher gekennzeichnet sein.“ Einige Meter weiter sei das der Fall, dort sei der Parkplatz leicht abgesenkt, und es gebe auch eine entsprechende Zufahrt.

Anders liege der Fall vor dem Versicherungsbüro. Dass das Pflaster anders verlaufe, reiche nicht aus. Es könnte sogar schon reichen, den Parkplatz farblich als solchen zu kennzeichnen, sagt Zapf. Dafür sei aber dann eine Baugenehmigung nötig. Und es gebe ein weiteres Problem: „Es gibt keine Zufahrt zum Parkplatz.“ Zwar sei der Bordstein an zwei Stellen abgesenkt. Das sei aber für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer gedacht, die dort über die Straße wollen. Wer aktuell auf den Parkplatz fahre, der begehe also zusätzlich eine Ordnungswidrigkeit, weil er eben über den Bürgersteig fahre. Der betroffene Riesaer kündigte daraufhin an, den Einspruch zurückzuziehen und die 20 Euro zu zahlen.

Die Stadtverwaltung selbst möchte sich zu dem Fall mit Verweis auf das Gerichtsverfahren nicht äußern. Nur so viel: Dass Falschparker vor Gericht ziehen, kommt extrem selten vor. Drei Fälle habe es im vergangenen Jahr gegeben, sagt Stadtsprecherin Manuela Langer.

Die Abkassierten aus der Friedrich-Engels-Straße jedenfalls sind sauer, allen voran Karsten Kremz. Sollte es ihn beim nächsten Mal erwischen, werde er auch vor Gericht ziehen.