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Streit um Dresdens Weihnachtsmärkte

Die Stadt schreibt die Organisation neu aus. Doch am bewährten Vergabesystem gibt es jetzt Kritik.

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© dpa

Von Annechristin Bonß

Wenn die Dresdner im Advent Glühwein schlürfen und dampfende Bratwurst essen, denken die Weihnachtsmarkt-betreiber schon lange an das nächste Jahr. Mitten in die Weihnachtszeit fällt die Bewerbungsfrist für die Konzession für die kommenden Jahre. Damit vergibt die Stadt das Recht, dass ein Organisator einen der Märkte betreiben darf. Der bezahlt dafür eine Gebühr. Und entscheidet, welche Händler hier verkaufen, welche Waren es gibt, wie die Dekoration aussieht und welches Programm für Kurzweil sorgt.

Die Marktbetreiber sollen nun ihre Konzepte für den Neumarkt, Postplatz, Hauptstraße, Prager Straße und das Areal am Taschenbergpalais abgeben. Sollen die Händler mehr Speisen oder mehr Handwerk anbieten? Soll es Hausmannskost oder internationale Speisen geben? Bio? Vor allem regionale Produkte? Sollen Herrnhuter Sterne leuchten oder bunte Lichterketten glitzern? Eine Checkliste entscheidet, was die Dresdner auf den einzelnen Märkten finden sollen. Darin bekommen die Marktbetreiber Punkte für das inhaltliche Konzept, die Finanzierung, organisatorische und wirtschaftliche Komponenten. Wer die meisten Punkte bekommt, erhält den Zuschlag.

An diesem Punktesystem gibt es jetzt Kritik. Erstmals durften die Ortsbeiräte darüber beraten. Und haben Bedenken. So moniert der Altstädter CDU-Ortsbeirat Martin Adam, dass mit dem Verfahren durchaus ungeeignete Bewerber den Zuschlag bekommen könnten. Wer mit einem Top-Konzept aufwartet, dieses aber nicht bezahlen kann, könnte dennoch den Zuschlag bekommen, rechnet der Rechtsanwalt vor. Kann der Betreiber die Gebühr an die Stadt aber nicht bezahlen, ist der Markt in Gefahr. Bratwurst und Glühwein müssten die Dresdner dann woanders genießen.

Diese Gefahr sieht Mike Görl vom Amt für Wirtschaftsförderung so nicht. Denn wirtschaftliche und finanzielle Komponenten machen zusammen 41 Prozent der Punkte aus. Wer hier durchfällt, hat kaum Chancen. Schon beim letzten Mal habe sich die Checkliste bewährt. Große Veränderungen zu damals gibt es jetzt kaum.

Andrea Schubert hat ein ganz anderes inhaltliches Problem. „Dresden hat sich dazu bekannt, Fair-Trade-Stadt zu sein“, sagt die Grünen-Politikerin. Das sollen die Dresdner auch auf den Weihnachtsmärkten merken, beim Essen und beim Einkaufen. Der Stadtverwaltung ist das offenbar nicht so wichtig. Für diesen Aspekt können die Marktbetreiber derzeit keine Extra-Punkte in der Checkliste bekommen. „Die Ausschreibung ist bereits sehr detailliert und konkret, an einigen Stellen sogar restriktiv“, sagt Mike Görl. Weitere Einschränkungen könnten Bewerber abschrecken. Auch das würde die Märkte gefährden.

Die Zahl der Interessenten ist stets gering. Wie viele Bewerber vor fünf Jahren einen der Märkte ausrichten wollten, will Görl nicht sagen. Er betont jedoch: Das Bewerberfeld ist nicht gerade groß. „Oftmals gibt es nur einen Interessenten“, sagte er im Ortsbeirat Neustadt. Das Gewerbe ist sehr kapitalintensiv. Deko, Lichtinstallation und Programme kosten. Wer Geld verdienen will, muss viel Erfahrung haben und lange dabei bleiben. Zwar finde auch in dieser Branche ein Generationenwechsel statt, sagt er. Ob das ausschlaggebend für eine größere Zahl an Bewerbern und eine größere Auswahl ist, bleibt abzuwarten.

Einer der die Branche kennt, ist Holger Zastrow. Der FDP-Stadtrat hat mit seiner Agentur vor fünf Jahren den Zuschlag für den Markt an der Hauptstraße bekommen. Damals habe es drei bis vier Bewerber für die Stelle gegeben, sagt er. Einer davon hat sich gleich für alle Märkte in Dresden beworben. Erfolg hatte der demnach nicht. Holger Zastrow begrüßt das Vergabeverfahren der Stadt. „Das hat Dresdens Profil als deutsche Weihnachtshauptstadt gestärkt“, sagt er. Dabei sei nicht die Höhe der Gebühr entscheidend, sondern vielmehr die Idee für den Markt. Die Gefahren wirtschaftlicher Engpässe sieht er nicht. „Die Gebühr ist gemessen am großen Stadthaushalt verschwindend gering“, sagt er.

Ob es künftig mehr fair gehandelte Produkte auf den Märkten gibt, sieht auch er kritisch. Gern würde Zastrow solche Händler auf seinem Markt begrüßen. „Das passt zur Neustadt“, sagt er. Doch schon einen veganen Essensstand zu finden, war bisher unmöglich. Denn Händler, die auf den Märkten stehen, müssen vier Wochen lang Umsatz machen, auch bei schlechtem Wetter oder wenn wenig los ist. Fair-Trade-Produkte hätten da kaum eine Chance, auch weil sie oftmals mehr kosten. Das sieht Peggy Schindler anders. Sie arbeitet für die Firma Neuland Zeitreisen, die im zehnten Jahr das Adventsspektakel auf dem Neumarkt organisiert. „Von Anfang an haben wir auf Bio und Fair-Trade gesetzt“, sagt sie. Händler dafür zu finden, sei sicher schwerer, aber nicht unmöglich.