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Straßenpflege in der Not

Die Stadt Dresden steuert auf einen Schlagloch-Rekord zu, aber fürs Flicken fehlt Geld. Neuer Asphalt soll die Probleme lindern.

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© André Wirsig

Von Tobias Winzer

Der Winter scheint noch lange nicht vorbei, doch Dresdens Straßenwächter haben bereits 150 Straßenabschnitte mit besonders schlimmen Schäden registriert. Durch den ständigen Wechsel aus Frost und Tauwetter werden es täglich mehr. Der Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes, Reinhard Koettnitz, steht an der Gostritzer Straße. Vom Rinnstein hebt er ein faustgroßes Stück Asphalt auf und puzzelt es in ein Schlagloch am Mittelstreifen. „Die Straße löst sich auf“, sagt der 57-Jährige. Die Trasse, die vom Stadtteil Mockritz zur Teplitzer Straße führt, gehört zu den besonders schlimmen Strecken. Ähnliche Werte wurden nach dem strengen Winter 2010/2011 erreicht. Doch um alle Schäden zu beseitigen, fehlt der Stadt Geld.

Ein großes Schlagloch auf der Dornblüthstraße. Fürs Flicken fehlt der Stadt Geld
Ein großes Schlagloch auf der Dornblüthstraße. Fürs Flicken fehlt der Stadt Geld © dpa
Die Dresdner werden bis dahin mit den Spuren des Winters leben müssen.
Die Dresdner werden bis dahin mit den Spuren des Winters leben müssen. © dpa
Auch auf der Berggartenstraße sind viele große Schlaglöcher entstanden.
Auch auf der Berggartenstraße sind viele große Schlaglöcher entstanden. © dpa

Probleme bereiten den Mitarbeitern vom Straßen- und Tiefbauamt vor allem die Risse in den Straßen. Durch diese dringt Wasser ein und sickert zum Beispiel unter die Asphaltdecke. Bei Minustemperaturen gefriert die Nässe, dehnt sich aus und sprengt die Straßen förmlich auf. „Durch Autos, aber vor allem durch die schwereren Busse und Laster wird der Asphalt rausgelöffelt“, sagt Koettnitz.

Neben der Gostritzer Straße zählt Koettnitz die Caspar-David-Straße, die Reichenbachstraße, die Merbitzer, die Niedersedlitzer Straße, die Scheunenhofstraße und die Marienberger Straße zu den schlimmsten Holperpisten. Er schätzt, dass vier bis fünf Millionen Euro nötig wären, um alle Löcher zu flicken. Er kann aber nur 1,3 Millionen Euro ausgeben. „Wir werden uns auf die Hauptstrecken konzentrieren oder Geld umschichten müssen“, sagt Koettnitz, der pro Schlagloch mit Kosten von 25 bis 5.000 Euro rechnet. Ende März soll die genaue Schadenshöhe feststehen.

Der Grund für die Finanznot im Straßenbau sind die geplanten Millioneninvestitionen für Schulen und Kitas. Für die Straßenreparaturen, den Aus- und Neubau bleibt nicht viel Geld übrig. „Den Hahn für die Straßen ganz zudrehen können wir aber nicht“, sagt Koettnitz. Unter anderem schiebt die Stadt nicht reparierte Winterschäden in Höhe von neun Millionen Euro vor sich her. Allein um das Straßennetz nicht verfallen zu lassen, wären pro Jahr 55 Millionen Euro nötig. Zur Verfügung stehen aber nur rund 15 Millionen Euro.

Und so ist Koettnitz gezwungen, etwas zu tun, was er nicht will: Flicken statt sanieren. Die 20 Mitarbeiter der Straßenaufsicht erstellen derzeit eine Liste mit den dringendsten Reparaturen. An den Straßen mit den tiefsten Löchern werden Warnschilder aufgestellt. „Wir haben eine Verkehrssicherungspflicht“, sagt Koettnitz. Die tiefsten Gräben werden sofort mit einem Kaltasphalt geschlossen. Dieser kann zwar auch bei Minustemperaturen eingebaut werden, besonders widerstandsfähig ist er aber nicht. „Es kann passieren, dass er schon am nächsten Tag wieder draußen ist.“ Der beständigere Gussasphalt hält erst bei trockener Straße und Temperaturen von mehr als drei Grad Celsius. Sobald es wärmer ist, sollen die Reparaturen mit dem heißen Gemisch beginnen. Laut Koettnitz ist das aber auch nur eine Lösung für maximal drei Jahre. An den Übergängen vom Flicken zum Straßenbelag entstehen dann wieder Risse und neue Schlaglöcher.

„So eine Straße wie die Gostritzer hätte eigentlich schon längst grundhaft instand gesetzt werden müssen“, sagt Koettnitz. Für den Amtsleiter ist das auch eine Kostenfrage. Für das ständige Flicken müsse die Stadt über zehn Jahre etwa 150.000 Euro ausgeben. Dieses Geld hätte bei einer sowieso fälligen Sanierung für etwa zwei Millionen Euro gespart werden können. „Einem Straßenbauer tut das weh.“

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) sieht das ähnlich. „Die nötigen Ausgaben werden nicht einfach nur verschoben, sondern sie vergrößern sich dadurch sogar“, sagt Verkehrsingenieur Markus Löffler. Er plädiert für eine kontinuierliche Straßenerhaltung. „Auch eine verkehrssichere Straße ist eine Pflichtaufgabe der Stadt“, sagt er mit Verweis auf die Ausgaben für Kitas und Schulen. Autofahrern, deren Wagen durch Schlaglöcher beschädigt werden, empfiehlt Löffler ein Schreiben an das Straßen- und Tiefbauamt. Wichtig sei, das Schlagloch zu dokumentieren. Wie groß die Chancen auf Schadenersatz sind, kann er aber nicht sagen.

Die Stadt will die Probleme nun zumindest mit einem neuen Asphalt lindern. Zusammen mit der Technischen Universität plant sie einen Modellversuch mit sogenanntem Kaugummiasphalt. Das Gemisch, dass ein Meißner Straßenbauunternehmen unter englischer Lizenz herstellt, wurde bereits im vergangenen Jahr auf der Winterbergstraße als Alternative zum Kaltasphalt getestet. Er ist zwar etwas teurer, aber flexibler und hält damit länger im Schlagloch. In diesem Frühjahr soll ein Straßenabschnitt nur mit diesem Asphalt geflickt werden. Dann will die Stadt untersuchen lassen, wie der Belag auf Regen, Kälte und Hitze reagiert. Kommentar

Wo in Dresden gibt es die tiefsten und breitesten Schlaglöcher? Schreiben Sie uns per E-Mail an:

[email protected] oder per Post an die Stadtredaktion Dresden, Ostra-Allee 20, 01067 Dresden. Bitte geben Sie als Betreff oder Stichwort „Schlagloch“ an.