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Straßenbahn als Videospiel

Mit einem Simulator wollen die Verkehrsbetriebe die Ausbildung ihrer Fahrer verbessern – und nebenbei Werbung für sich selbst machen.

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© Norbert Neumann

Von Tobias Winzer

„Ding, ding, ding. Nächste Haltestelle Carolaplatz“ – die Stimme aus dem Hintergrund kündigt den nächsten Stopp an. Das Geräusch von sich öffnenden Türen, von sich schließenden Türen, und die Straßenbahn nimmt akustisch wieder Fahrt auf. „Das ist sehr nah dran an der Wirklichkeit“, freut sich der Vorstand der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), Hans-Jürgen Credé. Die Wirklichkeit ist in dem Fall eine durch Dresden fahrende Straßenbahn. Gestern hat das Unternehmen eine Konstruktion vorgestellt, die diese möglichst realitätsgetreu nachahmen soll – ohne, dass sie sich vom Fleck bewegt. Rund 100 000 Euro haben die DVB in den Simulator investiert.

Zwei Jahre Vorbereitung und ein Jahr Bau und Programmierung stecken in dem Gerät, das die Lehrlinge der Verkehrsbetriebe zusammen mit dem TU-nahen Unternehmen Inavet entwickelt haben. Deswegen ist der Simulator Marke Eigenbau auch vergleichsweise günstig. Andere Systeme würden mehr als eine Million Euro kosten, so Credé. Trotzdem kann es alles, was die DVB brauchen.

Der Fahrer kann die Straßenbahn virtuell an- und abschalten, fahren, bremsen sowie Türen, Beleuchtung und Signale bedienen. Im System hinterlegt sind bislang zwei Strecken – eine vom Albertplatz bis nach Plauen und die andere vom Albertplatz bis in die Südvorstadt. Die Strecken, die aufwendig abgefilmt wurden, sieht der Fahrer auf einem Bildschirm vor sich. Je nachdem ob er langsamer oder schneller fährt, läuft der Videofilm ebenso langsam oder schnell. Künftig könnten noch weitere virtuelle Strecken hinzukommen. Außerdem sollen Gefahrensituationen hineinprogrammiert werden, wie Fußgänger oder Autofahrer in den Gleisen.

Zum Einsatz kommen wird der Simulator bei der Ausbildung der Straßenbahnfahrer. Diese dauert etwa drei Monate, 18 Tage davon müssen auf der Strecke absolviert werden. Mit dem Simulator sollen die Schüler nun besser auf die Praxis vorbereitet werden. Bei den realen Fahrstunden könnte man sich dann mehr auf die Feinheiten der Strecke konzentrieren, so das Kalkül. Außerdem wollen die DVB mit dem Gerät Eigenwerbung machen und Lehrlinge gewinnen. Bis 2025 gehen 800 Mitarbeiter in Rente, mehr als die Hälfte davon sind Fahrer. Seinen ersten Auftritt hat der Simulator deswegen auf der Ausbildungsmesse Karrierestart vom 23. bis 25. Januar.