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Stornierung nach Gauck-Eklat

Rechte Pöbler prägen das Bild von Sebnitz. Eine Hotelchefin wundert sich, dass das niemanden zu stören scheint.

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© dpa

Von Dirk Schulze

Sebnitz. Die E-Mail landete am Montagabend im Postfach des Hotels Sebnitzer Hof. Eigentlich wollte Ulrike Rescher aus Kassel mit ihrem Partner im Oktober eine Woche Urlaub machen in der Sächsischen Schweiz. Jetzt haben die beiden ihre Buchung storniert. Der Grund sind die für sie unhaltbaren Vorgänge während des Besuchs von Bundespräsident Joachim Gauck am Sonntag in Sebnitz. In ihrer Absage an das Hotel schreibt Ulrike Rescher:

„Wir wären sehr gerne zum Wandern in die Sächsische Schweiz gekommen. Wenn aber erlebt werden muss, dass aus Anlass eines Wandertags (!) der rechte Mob aus Menschen Ihrer Region unseren Bundespräsidenten als Volksverräter beschimpft und ihn verunglimpft; verstört und erschreckt uns das in höchstem Maße. Diese radikale Minderheit ist natürlich das eine – das andere ist, dass dieser Mob nicht gestoppt wird oder zumindest die Gegenrufe lauter und damit hörbar werden. Zu viele Menschen schweigen dazu einfach nur. Schweigen möchten wir nicht. Auch, weil die Politik diesem Treiben leider kein Ende setzen kann – da sind wir alle gefordert.“

Für Hotelchefin Margaux Steiger steht diese E-Mail beispielhaft. „Wir sind seit Sonntag im Krisenmodus“, sagt die Direktorin des 4-Sterne-Hauses am Sebnitzer Markt. Die ersten Anrufe habe es schon drei Stunden nach den Vorfällen gegeben. Bestürzt seien die Anrufer gewesen und hätten gefragt, was das denn für ein rechtes Nest wäre. Am kommenden Montag fährt sie auf eine Tourismusmesse in Köln und mag noch gar nicht daran denken, welche Fragen sie dort erwarten. „Diese Aktion hat uns in der Außenwahrnehmung weit, weit zurückgeworfen“, sagt sie.

Fast genauso schlimm wie das aggressive Auftreten der rechten Pöbler findet die Hotelchefin jedoch, dass es in Sebnitz jetzt so ruhig ist. Alle regen sich auf, aber niemand sagt etwas öffentlich. Die Unternehmerin erwartet beispielsweise eine Stellungnahme vom Sebnitzer Gewerbeverein – die hat es bisher nicht gegeben. Wenn die Gewerbetreibenden und Einwohner still sind und es einigen wenigen überlassen, das Bild der Stadt zu prägen, sei das bedenklich. „Wenn wir uns nicht distanzieren, siegen die negativen Schlagzeilen.“

Mit der Urlauberin, die ihre Buchung stornierte, hat die Hotelchefin mehrfach hin- und hergemailt. Das hat gefruchtet. Ulrike Rescher, die im Übrigen gebürtige Sächsin ist – Verwandte von ihr besaßen in Sebnitz eine Blumenfabrik –, will ihren Urlaub nachholen, nur nicht jetzt.