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Störche brauchen neue Heimat

Im alten Bretniger Horst auf einer Esse sind die Jungen regelmäßig in Gefahr. Der neue Horst ist schon da. Nun kommt es auf die Ämter an.

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© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke

Bretnig. Die Garage ist blockiert. Das Auto von Günter Dämmig muss an der Straße parken. In der Garage parkt derzeit ein gewaltiges Storchennest. Anderhalbmeter im Durchmesser, soll es das neue Zuhause der Bretniger Weißstörche werden. Doch noch ist der Horst nicht an seinem künftigen Stadtplatz montiert. Das ärgert Günter Dämmig. Aber er hat eben nicht allein darüber zu entscheiden.

Blick auf den Horst auf dem Schornstein.
Blick auf den Horst auf dem Schornstein. © Matthias Schumann

Unterdessen ist bereits der Storch auf dem altbekannten Horst gelandet. Der befindet sich auf der Esse einer früheren Bretniger Fabrik. Doch die „Wohnung“ ist ein Sanierungsfall, wohl eher abrissreif. Naturfreund Günter Dämmig aus Bretnig erklärt die Situation. Das Nest müsste dringend gepflegt werden. Doch genau das sei nicht mehr möglich, weil das Gelände nicht mehr für schwere Technik zugänglich ist, um ans Nest zu gelangen. Von Süden führt der Weg über eine historische Brücke auf privatem Grundstück. Die Tragfähigkeit sei unbekannt. Damit entfällt diese Variante. Von Norden wäre die Anfahrt über einen Rasen möglich. Doch die Technik würde die Grasnabe ruinieren. Der Rasen müsste extra geschützt werden, ein unbezahlbarer Aufwand. Weil über Jahre keine Pflege möglich war, entwickelte sich das Nest zur tödlichen Falle für den Storchennachwuchs. Eine schnelle Hilfe sei in Notfällen nicht möglich.

So hat das Nest bei diversen Stürmen Schaden genommen. Unkraut wuchert und das Wasser kann nicht mehr abfließen durch den gesammelten Vogelkot. Der ist wie Beton. Die Jungen gehen bei Regen in dem kalten Wasser zugrunde, erfroren oder ertrunken. Günter Dämmig: „Es ist ein trostloser, trauriger Zustand.“ Der Standort sei auch insgesamt nicht von Vorteil, da Böller bzw. Feuerwerke in dem Gebiet dazu geführt hätten, dass die Störche ihre Brut aufgeben, kritisiert der Bretniger. Die Jungen verhungern dann elend.

Günter Dämmig plädiert auf einen neuen Standort. Das sei die einzige sinnvolle Lösung. Bereits Ende des Vorjahres hatte er sich mit dem Storchenproblem an die Umweltbehörde im Bautzener Landratsamt gewandt und auch Gehör gefunden. Dabei geht es auch um die finanzielle Seite. Etwa 1 500 Euro würde es kosten, den neuen Standort aufzubauen. Ein vorhandener Stahlbetonmast am Brettmühlenteich könnte dafür umgesetzt werden. Der stehe zu einsam, sagt Dämmig. Ein Storch brauche den Menschen in seiner Nähe. Dem Vogel gebe das ein Gefühl der Sicherheit zum Beispiel vor Raubvögeln. Die Erfahrung habe er zum Beispiel mit einem Horst in Wiednitz gesammelt.

Viel Erfahrung gesammelt

Die Stadt Großröhrsdorf ist ebenfalls mit im Boot. So legte der 80-jährige Naturfreund los und baute das neue Nest. Erfahrungen im Horstbau hat er schon seit vielen Jahren gesammelt und ein System entwickelt. Die Bretniger Stahlbaufirma Gäbler unterstütze ihn auch immer mit Material, freut er sich über das Engagement des Unternehmens. Denn seine gesammelten Zweige kommen auf ein Stahlgitter, das dem Horst Halt bietet. Eine Schablone hat der Senior auf den Garagenboden gezeichnet. Die und ein Kreis von zwölf Holzklötzen sichern eine perfekte Form.

Damit es echt aussieht, nimmt der Bretniger sogar den Pinsel mit weißer Farbe zur Hand, um die Spuren von Storchenkot nachzuempfinden. Zumindest rein optisch sollte das malerische Werk der Prüfung durch Storchs standhalten. Es ist bestimmt schon das 15. Nest, das der Bretniger gebaut hat. Das bringt Erfahrungswerte. Auch ein möglicher neuer Standort wurde gefunden in der Nähe der Grundschule. Der Platz sei auch mit der Stadt und der Agrar GmbH Lichtenberg als Pächter der Fläche abgestimmt.

Dennoch werden die Bretniger Störche in diesem Jahr noch einmal im alten Quartier brüten müssen. Bei der Kreisbehörde sind die Entscheidungswege offenbar doch nicht ganz so einfach wie anfangs gedacht. Es seien Fragen offengeblieben und die Finanzierung nicht so leicht zu machen wie gedacht, räumt Günter Dämmig ein. Auch vom neuen Standort habe er den Kreis erst jetzt wieder überzeugen müssen. Das Projekt werde jetzt noch einmal geprüft. Günter Dämmig sieht den neuen Horst jetzt aber auf einem guten Weg und hat Hoffnung für die Bretniger Störche. Nur für die aktuelle Storchensaison ist es nun zu spät.

Nasse Füße im Nest

Seine Vorliebe für Adebar begleitet den Storchenfachmann schon seit 30 Jahren. Immer wieder machte er beim Neubau und durch Reinigungsaktionen von Storchenhorsten im Rödertal und darüber hinaus von sich Reden. Vor gut zehn Jahren auch durch sein Engagement für eine ganze Reihe neuer Laichgewässern für Frösche und Kröten – sozusagen als Speisekammern für den Storch.

Auch für deren dauerhafte Pflege sucht der frühere Hochbauingenieur momentan nach Lösungen mit der Kreisbehörde. Denn auch mit dem Nahrungsangebot steht es nicht immer zum Besten. Aber den Störchen soll es gut gehen und sie sollen immer wieder in unsere Region zurückkehren. Die Bretniger im kommenden Jahr hoffentlich in ihr Neubaunest ohne Wasser in der guten Stube. Denn derzeit holt sich der Storch in seinem alten Horst nach dem Regen in den vergangenen Tagen garantiert schon wieder nasse Füße. Auch, wenn der Storch noch auf sein neues Heim warten muss, wird Günter Dämmig seine Garage demnächst wieder nutzen können. Der Horst wird jetzt im Bauhofgebäude eingelagert – bis er montiert werden kann.