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Stinkendes Abwasser landet im Dorfbach

In Kaufbach arbeitet eine Kläranlage nur dürftig. Die Abwässer könnten auch in die Wilde Sau gelangen.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Wilsdruff. Jens Straube und Holger Vogt laufen über die Wiese, die noch feucht vom letzten Gewitterguss ist. Sie steuern auf einen Teich zu, der, umstanden von Bäumen, mitten in Kaufbach liegt. Doch so idyllisch das Ganze auch wirkt, so unangenehm müffelt es aus der Nähe: Ein scharfer Jauchegeruch geht von dem Gewässer aus. „Das Ganze ist eine Riesensauerei“, sagt Straube, der für die Freien Wähler im Wilsdruffer Stadtrat sitzt. Holger Vogt, Ortsvorsteher von Kaufbach, stimmt ihm zu: „Mich ärgert, dass das seit Monaten so geht und keine Behörde dagegen etwas unternimmt.“

Der stinkende Teich gehört zu einem Wohnkomplex an der Dorfstraße 20 von Kaufbach. Der Vierseithof, in dem etwa 150 Menschen leben, hat wie jedes Grundstück in dem Wilsdruffer Ortsteil eine eigene Kläranlage. Dort wird das Abwasser von 59 Wohnungen gereinigt und fließt in den Teich. Über einen Überlauf gelangt es von da aus in den Dorfbach. Der wiederum fließt in die Wilde Sau, die die linkselbischen Täler durchquert.

Verunreinigungen und Geruch

Eigentlich eine saubere Angelegenheit. Aber seit etwa eineinhalb Jahren funktioniert die Kläranlage nicht mehr richtig. „Sobald es im Frühjahr wärmer wird, stinkt es. Die Schwaden ziehen regelrecht durchs Dorf, vor allem, wenn kaum Wind weht“, schildert Straube. Für die Entsorgung des Abwassers ist der Abwasserzweckverband Wilde Sau zuständig. Verbands-Chef Andreas Clausnitzer ist die Situation genauso unangenehm wie vielen Kaufbachern. „Der Zustand ist nicht hinnehmbar“, sagt er und bestätigt, dass es in den vergangenen Monaten etliche Anrufe bei ihm wegen des Dreckwassers gab. Doch er kann keine Maßnahmen ergreifen. „Die Anlage entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Insofern muss sich die Untere Wasserbehörde des Landkreises der Sache annehmen“, erklärt Clausnitzer.

Seit dem 1. Januar 2016 gibt es für häusliche Kläranlagen neue Regelungen nach europäischem Recht. Sie müssen vollbiologisch und auf dem neuesten Stand der Technik funktionieren. Jeder Hausbesitzer muss seine Anlage und die Wasserwerte zweimal jährlich auf eigene Kosten überprüfen lassen. Überschreiten die Tests Grenzwerte, sind Auflagen und Sanktionen möglich. Das können Geldstrafen sein, Aufforderungen zum Umbau und, wenn alles nichts hilft, Verschluss der Anlagen. Dann würden diese zur abflusslosen Grube – die Jauche müsste abgepumpt werden. Zuständige Aufsichtsbehörde: das Landratsamt.

Dort schlägt man sich mit dem Problem seit geraumer Zeit herum, bestätigt die Umweltamtsleiterin Birgit Hertzog. „Bereits Mitte des vorigen Jahres hatte sich die Situation zugespitzt.“ Zwar entspreche die Behandlungsmethode des Abwassers dem Stand der Technik. Allerdings waren einige Anlagenteile seit Monaten so verschlissen, dass diese nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten konnten. Mittlerweile ist sogar die nächsthöhere Behörde, die Landesdirektion, eingeschaltet. Die ließ vor Ort mehrmals Wasserproben nehmen. „Dabei kam es zu deutlichen Überschreitungen der Überwachungswerte, zu sichtbaren Gewässerverunreinigungen und zu Geruchsbelastungen“, berichtet Hertzog.

Mehrfach gab es Beratungen und Begehungen mit den Grundstückseigentümern vor Ort. Einer schnellen Lösung standen aber komplizierte Besitzverhältnisse im Wege. Denn der Wohnkomplex hat verschiedene Eigentümer, die seit der Errichtung der Häuser immer wieder wechselten. Diese konnten sich aber in jüngerer Zeit nicht auf eine Hausverwaltung einigen. Nun sind zwei Servicefirmen gebunden und zwei Hausmeister. „Teilweise sogar für ein und denselben Eingang“, berichtet Ortsvorsteher Vogt, der selbst in einem der Häuser wohnt.

Immerhin, geklärt scheint, welche der Firmen nun als Hauptverantwortlicher für die Kläranlage eintritt. „Außerdem wurden nun verschlissene und nicht mehr funktionstüchtige Bauteile ersetzt und die Kläranlage neu eingestellt“, berichtet Birgit Hertzog. Man erwarte, dass sich damit die Ablaufwerte verbessern. Und die Konsequenzen? Dazu möchte sich das Landratsamt vorerst nicht äußern. Prinzipiell liege ein Umweltverstoß vor, heißt es. Aber man sei erst einmal bemüht, mit den Beteiligten eine Lösung zu finden. Jens Straube erwartet mehr, nämlich eine Bestrafung für den Umweltfrevel. „Alle Kaufbacher Häuslebauer müssen ihre Anlagen in Schuss halten und dafür die Kosten aufbringen. Da erwarte ich das auch in diesem Fall.“