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Stillstand beim Görlitzer Demenzzentrum

Im Herbst begann der Bau an der Dr.-Kahlbaum-Allee – aber nur ein bisschen. Im Hintergrund geht es ums Geld. Doch bald könnte es vorwärtsgehen.

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Ende September war Hagen Grothe so richtig optimistisch. „Nächste Woche ist Baustart auf dem Gelände der früheren II. Medizinischen Klinik an der Dr.-Kahlbaum-Allee“, erklärte der Görlitzer Investor damals im Gespräch mit der Sächsischen Zeitung. Er plant, hier das Kahlbaum-Kompetenzzentrum für Gesundheit zu bauen – mit dem Schwerpunkt auf Demenz und anderen Alterserkrankungen.

Grothe sollte recht behalten, ein bisschen zumindest: Der Bau begann mit dem Eckhaus Dr.-Kahlbaum-Allee/James-von-Moltke-Straße. Allerdings wurde das Gebäude lediglich eingerüstet, die alten Dachziegel abgetragen und anschließend eine Plane auf dem Dach befestigt. Seitdem ist Ruhe, jedenfalls nach außen hin.

Im Hintergrund gibt es jede Menge Ärger – vor allem um viel Geld. Als Hagen Grothe und seine Dr. Kahlbaum Kompetenzzentrum für Gesundheit GmbH & Co. KG im Jahr 2013 das Grundstück vom Städtischen Klinikum kauften, konnten sie den Kaufpreis nicht allein aufbringen, sondern liehen sich viel Geld – unter anderem von der Hamburger Unternehmerin Julia Kubis.

Die aber ist inzwischen gar nicht mehr gut auf Grothe und die GmbH zu sprechen. „Herr Grothe hat von uns ein Darlehen erhalten, das er nicht zurückzahlt.“ Ende 2015 wäre es fällig gewesen, so Julia Kubis: „Jetzt habe ich ein gerichtliches Zwangsverwaltungsverfahren bewirkt.“

Am Dienstag trafen sich Vertreter beider Seiten vor dem Landgericht. Grothes GmbH hatte gegen Julia Kubis geklagt – wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung. Das von ihr geforderte Geld sei vorhanden und beim Notar hinterlegt. Insgesamt geht es bei der Grundschuld um 350 000 Euro plus jährlich 15 Prozent Zinsen plus 10 Prozent für einmalige Nebenleistungen. Alles in allem summiert sich das bis heute auf 498 000 Euro. Nach Aussage von Grothes Anwalt Michael Mochner sind sogar 670 000 Euro hinterlegt und die Zwangsvollstreckung somit haltlos.

Julia Kubis sieht das anders: „Der Betrag ist nicht unwiderruflich hinterlegt.“ Sie glaubt, dass Teile der Summe inzwischen schon gar nicht mehr auf dem Konto seien, sondern dass damit ein anderer Gläubiger ausgezahlt wurde. Richterin Nora Schletter konnte das am Dienstag nicht beurteilen – und forderte Mochner auf, bis 31. Januar Nachweise zu bringen, dass das Geld tatsächlich unwiderruflich für Julia Kubis hinterlegt sei. Mochner will das tun: „Das ist kein Problem.“ Die Richterin will am 28. Februar ihr Urteil verkünden.

Was der ganze Streit für den Bau des Kahlbaum-Kompetenzzentrums bedeutet, ist noch nicht absehbar. Grothe selbst lehnt im Moment eine Stellungnahme ab, will sich erst Ende Januar äußern. Anwalt Mochner gibt sich offener: „Bau und Sicherung gehen weiter.“ Vor zwei Wochen sei eine Finanzierungszusage der Bank über 8,5 Millionen Euro eingegangen.

Grothe selbst hatte noch im Herbst von Investitionskosten in Höhe von zwölf bis 14 Millionen Euro gesprochen – anstelle der einst geplanten 22 Millionen. Bis zum Sommer 2018 solle die gesamte Summe in Gebäude und Außengelände investiert werden.

Tatsächlich aber geht es bis jetzt in eher kleinen Schritten vorwärts. Die Stadträte im Technischen Ausschuss haben schon mehrfach Fördermittel für das Gelände bewilligt. Mit dem Geld konnten nicht mehr benötigte Gebäude abgerissen und andere gesichert werden. Das ist auch passiert. Vorige Woche hat der Technische Ausschuss erneut gut 126 000 Euro zur Verfügung gestellt – einstimmig.

Die Stadträte stehen also weiter hinter dem Projekt und gehen offenbar davon aus, dass die Probleme lösbar sind. Die 126 000 Euro sind bestimmt für die Instandsetzung der äußeren Hülle eines dreigeschossigen Nebengebäudes, das nach der Sanierung als Freie Evangelische Oberschule genutzt werden soll.

Grothe hat nach eigener Aussage vom September alle Mieter für sein Projekt zusammen. Neben der Schule ist das vor allem die Initiative Görlitz vom Mühlweg, die eine Integrationsfirma gründet und auf dem Gelände die Hausmeister- und Gartentätigkeiten übernimmt.

Vorgesehen sind auch innovative Wohngruppen sowie Ergotherapie für Demenzkranke und Schulungen für deren Angehörige. Weiterhin geplant sind ein Pflegeheim mit 57 Betten, dazu 23 Appartments für betreutes Wohnen, eine Großküche, die das gesamte Zentrum versorgt, dazu ein Tagungszentrum mit mehreren kleinen Seminarräumen und einem großen Saal sowie Grothes eigenes Büro.

Bis Frühling soll nach und nach der Bau in allen neun Gebäuden beginnen, hatte Grothe im September gesagt. Dazu muss zunächst freilich die Grundschuld an Julia Kubis ausgezahlt werden.