Merken

Stillstand am Hauptbahnhof

Der Lokführerstreik trifft nicht nur Reisende, sondern auch die Läden im Hauptbahnhof. Heute soll zumindest eine S-Bahn rollen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sven Ellger

Von Sandro Rahrisch

Der Dresdner Hauptbahnhof, an diesem Dienstagmorgen ist er ein Umsteigebahnhof: Gerade ist der Nachtzug aus Budapest und Prag eingefahren, als eine Frau über die Lautsprecher verkündet, dass die Weiterfahrt nach Berlin mit einem Bus fortgesetzt wird. Wer von den Passagieren Deutsch spricht und die Strehlener Straße in Dresden kennt, beginnt zu rennen. Wer nicht, wird von Bahnmitarbeitern per Fingerzeig in Richtung Haltestelle gelotst.

Prag ist das einzige Fernziel, das beim längsten Lokführerstreik in der Geschichte der Deutschen Bahn noch auf der Dresdner Abfahrtstafel zu finden ist. Frankfurt: gestrichen, Köln: gestrichen, Hamburg: gestrichen – und das kurz vorm Muttertag. Für Annett Goldberg im Viba-Süßwarenladen ist das eine Katastrophe. Viele Passagiere aus den alten Bundesländern würden hier noch schnell ein Geschenk kaufen, bevor sie die Eltern besuchen. Mit Streiktagen hat die Verkäuferin inzwischen Erfahrung: Ein paar Kunden am Morgen, Flaute zum Mittag, weniger als die Hälfte des üblichen Umsatzes. Beim „Le Crobag“-Backshop in der Kuppelhalle sind Mitarbeiter sogar gebeten worden, zu Hause zu bleiben, sagt eine Verkäuferin. „Einfach schließen dürfen wir nicht, und irgendwie muss die Miete bezahlt werden.“

Kaum Planungssicherheit gibt es für S-Bahn-Reisende: Der Ersatzfahrplan, gültig für einen Tag, soll immer am vorherigen Nachmittag auf der Internetseite der Bahn veröffentlicht werden, sagt ein Sprecher. Wenigstens im Stundentakt sind die Züge am Dienstag zwischen Coswig und Pirna gependelt. Geplant ist das auch für heute. Zum Flughafen fuhren ebenfalls stündlich Ersatzbusse. Ob der ausgedünnte Fahrplan bis zum Streikende am Sonntag beibehalten werden kann, sei noch unklar, so die Bahn.

Es ist schwierig, einen Reisenden zu finden, der Verständnis für die Lokführer zeigt. „Bisher haben die Streiks die Verhandlungen nicht in Gang gesetzt, warum sollte es diesmal anders werden“, sagt Kristin Frenke, die auf den Zug nach Zwickau wartet. Verkäuferin Annett Goldberg mahnt aber, den Zorn nicht auf die Bahnmitarbeiter abzuladen. Sie selbst habe erlebt, wie Fahrgäste das Reinigungspersonal im Hauptbahnhof beschimpft hätten.

Ersatzfahrpläne: www.szlink.de/s-bahn