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Stille Helfer

Seit 25 Jahren gibt der Neustädter Verein GAV Menschen das Gefühl, gebraucht zu werden. Dafür gab es zwei Auszeichnungen.

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© D. Zschiedrich

Von Nancy Riegel

Neustadt. Verblüfft – so beschreibt Joachim Damm seine Reaktion, als er erfuhr, dass er den Ehrenamtspreis des Sächsischen Landtags verliehen bekommen soll. Der 68-jährige Neustädter ist bescheiden. „Es gibt viele andere, die auch wichtige Arbeit leisten“, sagt er und meint damit zwei Drittel der Sachsen, die sich regelmäßig ehrenamtlich engagieren. Damm ist seit 2010 Vorsitzender des Gemeinnützigen Vereins Soziales, Arbeitslos und Vorruhestand (GAV) in Neustadt und, wie er häufig betont, helfen hier Betroffene anderen Betroffenen.

Was das bedeutet, lässt sich am besten mit der Klientel beschreiben, die der Verein betreut. Mehr als die Hälfte der 150 Mitglieder sind Senioren. Ihnen hilft der GAV vor allem, die Einsamkeit zu überbrücken, die im Alter kommen kann. Ein weiterer großer Teil der Mitglieder besteht aus Langzeitarbeitslosen, straffällig Gewordenen und Spätaussiedlern. Menschen, denen es schwerfällt, einer regelmäßigen Beschäftigung nachzugehen. Im Verein sind sie in der Grünpflege beschäftigt oder auch als Verkehrshelfer. Und sie treffen sich in Gesprächskreisen oder können sich beraten lassen. „Für sie ist es wichtig, eine geregelte Tagesstruktur zu entwickeln und das Gefühl zu haben, Teil der Gesellschaft zu sein“, sagt Damm.

Er weiß, wovon er redet. Der 68-Jährige war selbst einmal Mitglied im Verein, bevor er Vorsitzender wurde. 1997 kam er über eine ABM-Stelle in den GAV, als er gerade arbeitslos geworden war. Die sozialen Aspekte der Betroffenen kann er nachempfinden. Vielleicht auch deshalb betont er, dass er und seine Mitstreiter nicht versuchen, die Betroffenen zu belehren oder zu kritisieren. Warum jemand in eine verquere Lage gekommen ist, sei seine eigene Sache, sagt Damm. Nichtsdestotrotz gebe es Regeln, die die Betroffenen einzuhalten haben. Pünktlichkeit zum Beispiel.

An dem Motto „Betroffene helfen Betroffenen“ habe sich in den letzten 25 Jahren seit der Gründung des Vereins nichts geändert, sagt Joachim Damm. Doch finde natürlich ein Wandel statt. Sozialhilfeempfänger gibt es im GAV nicht mehr, dafür solche, die Hartz IV beziehen. Und auch die Demografie ändere sich „Die Senioren werden immer mehr, dafür geht die Arbeit mit den Spätaussiedlern zurück. Sie sind jetzt gut integriert oder weitergezogen.“

Joachim Damm fasst das Engagement des Gemeinnützigen Vereins Soziales, Arbeitslos und Vorruhestand als „stille Arbeit“ zusammen. Während andere Vereine in Neustadt durch Veranstaltungen in Erscheinung treten, agiert der GAV im Hintergrund. Er hat deshalb Verständnis dafür, dass es Neustädter gibt, die den Verein überhaupt nicht kennen. Zumindest den Stadtoberen fällt die Arbeit positiv auf: Anfang des Jahres erhielt Joachim Damm bereits den Neustädter Ehrenamtspreis.