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Stickrahmen fürs Flugzeug

Hightex in Klipphausen gehört zu den deutschen Wachstums-Champions. Dieses Jahr kommt wieder eine Halle dazu.

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© Thomas Kretschel

Von Georg Moeritz

Fensterrahmen kann man aus Holz zimmern, es gibt sie aus Aluminium und Kunststoff. Doch in einer Werkhalle im dicht bebauten Gewerbegebiet von Klipphausen westlich von Dresden entstehen ovale Fensterrahmen unter Stickmaschinen. Lange Reihen von Nähköpfen arbeiten im gleichen Takt und formen synchron große schwarze Nullen auf Unterlagen. Ein ständiges leichtes Rattern mischt sich mit Radiomusik. Wenige Menschen sind zu sehen, hier arbeiten keine Stickerinnen am Band. Allein nach Computerprogramm ziehen Maschinen das schwarze Carbon von der Rolle und befestigen es mit weißen Fäden. Was fertig ist, wird in der Qualitätskontrolle nachgemessen – dort sitzt ein Mann mit Handschuhen, der mit einem Bügeleisen noch etwas glätten kann.

Gerne zeigen die Geschäftsführer Jeanette Scherf und Dirk Feltin die helle Produktionshalle vor. Das Gebäude ist kaum drei Jahre alt, da planen die beiden Chefs schon das nächste Haus in der Nachbarschaft. „Wer innovativ ist, braucht Platz“, sagt Jeannette Scherf.

Das Unternehmen mit dem nüchternen Namen Hightex Verstärkungsstrukturen GmbH hat es auf eine Liste der Wachstums-Champions in Deutschland geschafft. Das Magazin Focus-Business fand die Klipphausener beim Auswerten der Umsatzzuwächse und setzte sie auf Platz 217. Denn noch im Jahr 2013 setzte Hightex 1,6 Millionen Euro um, 2016 wurden mehr als fünf Millionen erreicht, voriges Jahr dann rund sieben Millionen. Wichtigster Grund für das rasche Wachstum: Große Kunden wie Airbus und BMW brauchen Leichtbauteile, und gesticktes Carbon aus Klipphausen ist schwerem Material überlegen.

Die ovalen Fensterrahmen aus der Hightex-Produktion sind allerdings noch zu wabbelig, um in den Airbus A 350 eingebaut zu werden. Die Stickereien werden dreidimensional umgeformt. Fest werden sie aber erst durch Epoxidharze, die in Süddeutschland hinzugefügt werden. Diese Technologie wurde am Dresdner Institut für Polymerforschung entwickelt, der heutige Hightex-Geschäftsführer Feltin schrieb seine Doktorarbeit am Leibniz-Institut darüber. Feltin betont, dass das Unternehmen auch heute im Kontakt mit diversen Instituten immer mehrere Forschungsthemen gleichzeitig voranbringt.

Wer den Hightex-Betrieb besucht, findet im Bürotrakt eine Auto-Seitenwand im Flur aufgehängt: Das Elektroauto BMW i3 aus Leipzig ist zwar schwer wegen Batterien, aber leicht wegen Carbonfasern in der Karosserie. Wie leicht das Material ist, kann der Besucher an einem dreibeinigen Hocker ausprobieren – stabil, aber ohne Beschwerde zu heben. In einer Vitrine zeigt das Unternehmen noch mehr seiner namensgebenden Verstärkungsstrukturen. Die müssen nicht immer groß sein: Teile von Wanderschuhen gehören dazu.

In der Rakete Ariane 6 ist auch Material aus Klipphausen unterwegs. „Wir dürfen nicht sagen, welche Bauteile es sind“, sagt Jeanette Scherf. Lieber berichtet sie, dass für die neue Stahlbetonhalle des Unternehmens im Sommer Baubeginn sein wird. Ein Generalunternehmer soll sich um das Projekt kümmern, die Firmenchefs haben mit ihren Carbonprojekten zu tun. Erst 2015 war die neue Halle für die Flugzeug-Teile in Betrieb gegangen, eine weitere wurde gemietet. 70 Beschäftigte hat Hightex nun, vor fünf Jahren waren es noch keine 20. Geht es nach Scherf und Feltin, kommen dieses Jahr vielleicht zehn dazu, in drei Jahren könnten „maximal 100“ erreicht sein.

Auf seinen Internetseiten sucht das Klipphausener Unternehmen zum Beispiel Anlagenbediener für die Mehrkopf-Nähmaschinen. Frauen sind in der Produktion in der Mehrheit. Darunter sind laut Scherf auch Näherinnen, die vorher Änderungsschneiderei gemacht haben. Eingestellt wurde auch ein Syrer, der früher Schuster war. Die Bewerbungen werden weniger, das hat auch Scherf als Personalverantwortliche bemerkt, aber noch reichten sie aus. Die Produktion ist hoch automatisiert: In manchen Wochen schaffen die Maschinen 10 000 Teile – dafür brauchte das Unternehmen früher ein ganzes Jahr.

www.hightex-dresden.de