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Steuerstreit entzweit Görlitzer Koalition

Zwischen CDU und Bürgerverein zeigen sich Risse. Hält das Bündnis noch bis 2019?

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© dpa

Von Sebastian Beutler

Zuletzt gab sich Rolf Weidle gelassen. Konflikte in der Großen Koalition zwischen CDU und Bürgerfraktion im Stadtrat? So schwerwiegende, dass das Bündnis nicht die nächsten zwei Jahre bis zur Stadtratswahl 2019 überstehen würde? Nein, die sehe er nicht, erklärte der Vorsitzende der Bürgerfraktion gegenüber der SZ. Auch wenn es immer Themen gebe, die mit Enttäuschungen für beide Seiten verbunden seien. Als Beispiel nannte Weidle die aus seiner Sicht fehlende Standhaftigkeit der CDU bei einer Umbenennung des Berzdorfer Sees. Die CDU wiederum hatte sich Anfang des Jahres verwundert darüber gezeigt, dass Bürgermeister Michael Wieler als neuer Vorsitzender der „Bürger für Görlitz“ den Verein als Scharnier zwischen CDU und Linkspartei verstünde und Garant für vernünftige Lösungen sei. Zur Linkspartei brauche man kein Scharnier, stellte CDU-Stadtratsfraktionschef Dieter Gleisberg in der SZ fest. Dahinter verbirgt sich aber bei den Christdemokraten die Sorge, die „Bürger für Görlitz“ könnten die Koalition mit der CDU aufgeben und stattdessen – wie schon einmal – stärker mit der Linkspartei kooperieren.

Zwar versuchte Rolf Weidle, mit Hinweis auf die finanziellen Vorstellungen der Linken diesen Eindruck zu zerschlagen. Aber beide Seiten nutzen jetzt den Steuerstreit und den fehlenden Haushalt, um sich zu profilieren. Dabei nimmt der Streit an Fahrt auf. Während Weidle erklärt, eine Steuersenkung sei vom Tisch, entgegnet Gleisberg, für die CDU sei das noch längst ausgemachte Sache. Er nährt weiter die Hoffnungen und Erwartungen im Unternehmerverband, die Steuern könnten schrittweise gesenkt werden.

Bürgermeister Michael Wieler hatte das für den Bürgerverein schon frühzeitig ausgeschlossen. Bereits im September vergangenen Jahres. Als nun der Allgemeine Unternehmerverband von seinen Gesprächen mit den Fraktionen berichtete und dabei feststellte, es gebe einen Dissens zwischen Wieler und der Bürgerfraktion, da reagierte Wieler prompt und dementierte. Stattdessen schoss er gegen die CDU, den Koalitionspartner seines Vereins im Stadtrat. Er stellte in Frage, dass es die Spielräume für die Steuersenkungen gebe, von denen die Christdemokraten immer sprechen und erwartete, dass sie diese Spielräume benennen. Mithin also sagen, wo gekürzt werden kann im städtischen Haushalt. Alle anderen politischen Kräfte, die sich für niedrigere Gewerbesteuern einsetzen, schloss Wieler gleich mit ein. Weil aber das Rathaus noch immer keinen Haushaltsentwurf vorlegte, können die Stadträte gar nicht wissen, was in dem Etat steht und wo sie vielleicht den Rotstift ansetzen könnten. Erst gestern war das Thema Haushalt nicht-öffentlicher Tagesordnungspunkt des Verwaltungsausschusses.

Doch Wieler ging noch einen Schritt weiter und warf der CDU vor, wankelmütig zu sein. Als Beispiel nannte er die Kita-Elternbeiträge. Da hatten sich Wieler und sein Verein dafür eingesetzt, dass die Stadt jene Summe übernimmt, die bislang der Landkreis getragen hatte – und nicht den Eltern in Rechnung stellt. Die CDU wiederum wollte das nicht. Nun erklärt Wieler, die CDU hätte sich der Position der „Bürger für Görlitz“ angeschlossen und im Stadtrat genau diese Entlastung bei den Elternbeiträgen beschlossen. Das aber bringt CDU-Kreisvorsitzenden Octavian Ursu auf die Palme. Er warf nun Wieler falsches Spiel vor. Es sei ganz und gar nicht so, wie es der Bürgermeister sehe. Beide Seiten hätten einen Kompromiss beschlossen. Als Beweis führt Ursu Zahlen an. Wäre Wieler mit seinem Vorschlag vom Januar durchgekommen, dann hätte die Stadt auch nach dessen Berechnungen rund 205 000 Euro tragen müssen. Durch den Kompromiss, so erklärt nun Ursu, wurde diese Summe auf knapp 80 000 Euro begrenzt. „Da kann man nun wirklich nicht sagen, dass die CDU sich den ,Bürgern für Görlitz’ angeschlossen hat“, zieht Ursu das Fazit.