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Steuer-Millionen im Hafen versenkt

Die Anlage war vor allem für eine Windrad-Firma ausgebaut worden. Doch die transportiert lieber auf der Straße.

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© Veit Rösler

Von Frank Claus und Manfred Feller

Mühlberg. Der Windflügelhersteller Vestas aus Lauchhammer wird keine Flügel mehr über den Hafen Mühlberg verschiffen. Ursprünglich war das Unternehmen der Hoffnungsträger und sollte Zugpferd für den im Jahr 2012 in Betrieb gegangenen 2,4 Millionen Euro teuren Lausitzhafen werden.

Rückblick: Am 8. April 2011 war Spatenstich für die Ertüchtigung des zu DDR-Zeiten für Kiestransporte auf der Elbe genutzten Elbehafens Mühlberg. Mühlbergs Bürgermeisterin Hannelore Brendel (parteilos) hatte sich zuversichtlich die Kapitänsmütze aufgesetzt. Der damalige Vestas-Geschäftsführer Frank Weise ließ sich zu einer Zahl verleiten: 300 Flügel wolle das Unternehmen jährlich über den Hafen in Mühlberg mit Zwischenziel Hamburg, Cuxhaven und Brunsbüttel verschiffen.

Der Traum ist lange zerplatzt. 300 sind es insgesamt nicht einmal geworden. Inzwischen erklärt Inga Zink, Regional-Marketing-Direktorin von Vestas Central Europe mit Sitz in Hamburg, dass „die Kosten für den Transport auf der Straße derzeit im Vergleich zum Schiffstransport so viel niedriger“ seien, „dass auch aus Kostensicht keine Wettbewerbsfähigkeit“ bestehe. Es sei deshalb aus „heutiger Sicht unwahrscheinlich“, dass Vestas den Hafen noch nutze.

Ortsumgehung hängt mit dran

Dass der Mühlberger Hafen seinerzeit vor allem für Vestas gebaut wurde, weiß sie. „Ein Treiber für diese Erweiterung war die Möglichkeit, den Hafen als Transportlösung für die Rotorblätter aus dem Vestas-Werk in Lauchhammer zu nutzen.“ Als Schiffstransporte aus vielfältigen Gründen immer weniger wurden, zwischendurch sogar die Schiene erprobt und schließlich der Transport auf der Straße die Überhand gewann, wurde aus dem Lauchhammeraner Werk dennoch Hoffnung vermittelt. Wenn erst die überlangen Flügel kämen, hieß es, dann sei Mühlberg wieder im Rennen, weil die auf der Straße schwer zu transportieren seien. Auch das klingt heute anders: „Für die Rotorblätter der neuen Generation sind die Kapazitäten des Mühlberger Hafens nicht ausgelegt“, erklärt die Unternehmenssprecherin.

Was bleibt, ist eine Investition von 2,4 Millionen Euro in einen Hafen, der immer noch gering ausgelastet ist. Dazu kommen Investitionen in Höhe von 500 000 Euro in die wasserseitige Einfahrt zum Hafenbecken und die im Neubau befindliche Verlegung der Ortsdurchfahrt Mühlberg, die das Land mit 1,6 Millionen Euro finanziert. Die soll die Hafenanbindung deutlich verbessern. Auf den Bundes- und Landesstraßen von Lauchhammer bis Mühlberg sind Kurven aufgeweitet und Kreisel besonders ausgebaut worden.

Weil Mühlberg seinerzeit den Eigenanteil für die 2,4 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II nicht aufbringen konnte, steuerten die Städte des Regionalen Wachstumskerns Westlausitz – Senftenberg, Schwarzheide, Finsterwalde, Großräschen und Lauchhammer – sowie die Landkreise Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz die erforderlichen zehn Prozent zu. Allein die Städte des Wachstumskerns haben 80 000 Euro verauslagt.

Ist das Geld im Hafenbecken versenkt? Im Brandenburger Infrastrukturministerium sieht man das nicht so, wie Pressesprecher Steffen Streu erklärt. Der Hafen sei immer noch in Betrieb. Im Jahr 2015 seien 6 500 Tonnen, im darauffolgenden etwa 9 500 Tonnen, zumeist Holz, umgeschlagen worden. „Eine niedrige Quote“, räumt der Pressesprecher ein und setzt auf weitere Vermarktungsinitiativen des neuen Vertragspartners, der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH. Die Verlegung der Ortsdurchfahrt Mühlberg komme zudem den Einwohnern zugute, die ab Mai 2017 weniger Lärm durch Kies- und Zuckerrübentransporte hinnehmen müssten.

Im Mühlberger Rathaus reagiert Hauptamtsleiterin Corinna Brandt gereizt beim Thema Hafen. „Warum kommt ihr jetzt damit? Damit beschäftigt sich ja schon der Bund der Steuerzahler. Perlen vor die Säue – ja, nein, vielleicht? Wir haben den Vertrag mit Vestas als Hafenbetreiber doch schon im Jahr 2015 aufgelöst.“