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Sternekoch trotzt Insolvenz

Stefan Hermann darf zwar weitermachen, muss aber Geld verdienen, um aus der Schieflage zu kommen. Jetzt hofft er auf die Dresdner - und auf die EU.

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© Christian Juppe

Von Andreas Weller und Julia Vollmer

Die Erleichterung ist ihm anzusehen. Am Mittwoch kam die erlösende Nachricht, auf die er lange gewartet hat. Sternekoch Stefan Hermann darf weitermachen. Auf der Gläubigerversammlung vor dem Amtsgericht stimmten die Gläubiger einstimmig dafür, dass die Geschäfte weiterlaufen. Auf rund eine Millionen Euro summieren sich die Verbindlichkeiten. Sieben der über einhundert Gläubiger waren anwesend, fünf ließen sich durch ihren Anwalt vertreten. Auf Geld vom Unternehmer Hermann warten unter anderem das Finanzamt und die Arbeitsagentur.

„Es geht mir gut, obwohl es natürlich immer gute und auch schlechte Tage gibt“, erzählt der 45-Jährige. Er gehe inzwischen routinierter mit dem Thema Insolvenz um. Spricht ihn jemand darauf an, sei er nicht mehr so am Boden zerstört wie damals im April. Inzwischen erlaube er sich auch mal einen entspannten Tag. So wie am Dienstag, als er mit seinem Hund zum Stand-up-Paddeling war. Ungläubig hatten viele Gourmets und Gastronomen zu Ostern die Nachricht aufgenommen: Hermann meldet Insolvenz an. Hermann, der in diesem Jahr mit seinem Restaurant „Bean& Beluga“ sein zehnjähriges Jubiläum feiert und mit dem Restaurant „William“ im Staatsschauspiel und dem „Atelier Sanssouci“ in Radebeul ein Gastro-Imperium aufgebaut hat, soll zahlungsunfähig sein? Doch was viele nicht glauben wollten, stimmt. Saisonale Schwankungen im Umsatz und der Wegfall eines Geldgebers, dessen Name geheim gehalten wird, seien die Gründe, so der Koch und sein Insolvenzberater Bruno Kübler. 97 Mitarbeiter hat Hermann. Das Restaurant in Radebeul gehört zu einer anderen GmbH und sei daher von der Insolvenz nicht betroffen. „Entlassen werden musste niemand, auch von sich aus gekündigt hat keiner meiner Leute“, so Hermann.

Saisonale Schwankungen

Jetzt geht es darum, dass wieder Geld in die Kasse und auf die Konten kommt. Er sucht wieder einen Geldgeber. Sein bisheriger stehe definitiv nicht mehr zur Verfügung. Er sei in Gesprächen mit zwei Interessenten, deren Namen er noch nicht verraten will. „National, nicht regional“, seien sie zu verorten, mehr lässt er sich nicht entlocken. Um die 200 000 bis 300 000 Euro brauche er, um die Schwankungen im Geschäft auszugleichen. Im Sommer gäbe es jedes Mal eine Durststrecke. Doch anders als beispielsweise Baufirmen kann er das nicht mit einem Kontokorrent-Kredit lösen. „Die Banken tun sich damit schwer in der Gastronomie“, betont Bruno Kübler.

Es gibt zwei Optionen, wie es jetzt weitergeht. Entweder betreibt Hermann weiter die „Bean& Beluga GmbH“, oder er gründet ein neues Unternehmen. In beiden Fällen gibt es Unsicherheiten. Bei einer Neugründung müssen sämtliche Verträge übertragen werden, was sehr aufwendig ist. Behält er die alte Firma, muss diese Steuern zahlen, wenn Gläubiger auf ihre Forderungen ganz oder zum Teil verzichten. Denn das wäre laut Bilanz ein Gewinn. Die Gesetzgeber arbeiten zwar an einer Änderung, dafür keine Steuern mehr zu erheben, aber das sei noch ungewiss und werde auf europäischer Ebene entschieden.

Man habe sich mit den Gläubigern entschieden, bis zum Frühjahr erst mal alles wie bisher weiterlaufen zu lassen. Dann könnte auch das Steuer-Thema entschieden sein. Außerdem hofft Hermann auf einen guten Winter, um Gewinne vorweisen zu können. Erst dann werde entschieden.

Hermanns Sorgenkind ist der Konzertplatz. Vor allem im Sommer. Während die Eisbahn im Winter immer gut besucht wird, bleiben die Bierbänke an warmen Tagen oft leer. Das soll ein neues Konzept ändern. Schon in diesem Jahr setzen der 45-Jährige und sein Team auf Konzerte und Filmabende, um die Gäste anzulocken. „Die Geschäfte laufen gut, wir liegen über dem Plan“, so Hermann.

In diesem Jahr sind unter anderem noch das Konzert von Chanson-Sänger Felix Meyer, ein Kinoabend mit der „Fabelhaften Welt der Amelie“ und das Gastspiel „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ der Landesbühnen Sachsen geplant. Auch im kommenden Jahr will er auf Events setzen. Dabei hofft er unter anderem auf viele Fans, wenn er die Fußball-WM auf der großen Leinwand überträgt. In der Ferienzeit sei es immer schwieriger, die Tische voll zu bekommen. Viele Gäste sind im Urlaub. Darum sollen sich im kommenden Jahr möglichst viele auf den Konzertplatz trauen. Und zwar im doppelten Sinne: er vermietet die Hütte für Hochzeiten.

Schon unterschrieben ist der Vertrag für den Semperopernball im kommenden. Die Veranstaltung bekocht er seit einigen Jahren. Auch der Pachtvertrag für die Pausenbewirtung in der Semperoper im laufenden Betrieb läuft noch bis 2024.