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Stell dir vor, es ist Fasching und keiner lacht

Dresden erlebt eine närrische Rathaus-Übernahme bei kaltem grauem Wetter und mit wenig „Helau“.

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© René Meinig

Von Ronja Münch

Es gibt Liveticker zum Karneval. Kein Scherz. Jedenfalls in Karnevalshochburgen wie Köln oder Düsseldorf. In Dresden können die Jecken davon nur träumen. Sie nennen Karneval Fasching und die Stimmung bei der Eröffnung war ähnlich jeck wie das Wetter. Also eher verhalten. Vielleicht 60 Menschen hatten sich – unverkleidet – versammelt, um den Faschingszug vor dem Rathaus zu verfolgen.

Die Tradition will es, dass am 11.11. um genau 11.11 Uhr der symbolische Schlüssel zum Rathaus vom Bürgermeister an die Narren in bunten Kostümen übergeben wird. Allerdings nicht vom Oberbürgermeister, jedenfalls nicht in Dresden. Stattdessen musste Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain ran. Schon zum zweiten Mal. Er nimmt’s gelassen und hat sich wieder extra ein Kostüm gekauft. Es sieht aus, als sitze er auf den Schultern eines Bauarbeiters. „Ich komme aus einer Gegend, wo nicht wirklich Karneval gefeiert wird. Also ähnlich wie hier“, sagt er.

Michael Thiele versucht, der überschaubaren Menge bei dem kalten Wetter einzuheizen. „Saxonia“, ruft der langhaarige Präsident des Dresdner Carneval Clubs (DCC). „Helau“, kommt es vereinzelt zurück. Die Karnevalisten selbst sind deutlich enthusiastischer als ihre Zuschauer.

Dann wird die Goldene Pforte geprüft, nach der Plüschtier-DIN. Befund: Der Abstand der Gitterstäbe ist falsch, die Farbe stimmt nicht. Kein Schaumgold 08/15. Und da an der Waldschlößchenbrücke keine Hufeisennasen-Fledermaus gefunden wurde, wird das Rathaus zur geschützten Zone erklärt. Ein paar Frauen vor dem Bierwagen kichern. Die Blaskapelle spielt, jeder nach eigenem Rhythmus. Das Motto dieses Jahr: „Der DCC erlebt es ständig, nachts wird die Bücherei lebendig.“ Bitte was?

Nach einer Stunde ist der Spuk mehr oder weniger vorbei. Der Schlüssel ist übergeben. Schmidt-Lamontain: „Aber wecken Sie die Leute nicht auf, die da drin schlafen!“ Und eine Sache klappt am Ende gut: das Hissen der DCC-Fahne. Begleitet von einem Trommelwirbel steigt die Stimmung nicht gerade ins Unermessliche, aber die Fahne steigt am Mast nach oben. Und siehe da, sie wird vom Wind ergriffen und zeigt wehend das DCC-Emblem. Immerhin. Dresden ist halt nicht Köln.