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Steinerne Sonnenuhr

Der Teufelsturm bei Bad Schandau und seine Kletterrouten zählen zum Besten, was der Elbsandstein bietet.

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© Mike Jäger

Von Mike Jäger

Bad Schandau. Der Teufelsturm zwischen Schmilka und Bad Schandau in den Schrammsteinen gelegen, ist einer der majestätischsten Felstürme in der Sächsischen Schweiz und einer der bedeutendsten Klettergipfel. Für viele Bergsteiger ist er der allerschönste Gipfel überhaupt. Hoch überm Elbtal weithin sichtbar, diente der markante Turm mit seinen glatten Wänden und schroffen Felskanten früher den Bauern oben auf der Ebenheit bei Reinhardtsdorf-Schöna auf der anderen Elbseite als Sonnenuhr. Je nach Schattenwurf erkannten sie die Zeit, etwa zur Mittagspause. Deshalb kennen die Einheimischen den Teufelsturm auch unter dem Namen Mittagsstein. Wer aber den Turm vom Elbleitenweg von Südosten aus betrachtet, erkennt mit wenig Fantasie ein Gesicht, etwas grimmig schauend und auf dem Haupt zwei Hörner aufgesetzt – wie bei einem Teufel.

Oliver Perry-Smith, ein US-Amerikaner, der vor gut hundert Jahren in Sachsen lebte, schaffte es 1906 erstmals, den Turm zu erklettern. Rudolf Fehrmann, sein Seilschaftskamerad bei der Erstbesteigung, schreibt in seinem ersten Kletterführer von 1908: „Die Besteigung des Teufelsturmes gilt für die schwerste Kletterei der Sächsischen Schweiz.“ Heute führen etliche Routen auf den Gipfel. Viele zählen zu den schönsten im Elbsandstein und haben kletterhistorische Bedeutung, so die „Talseite“ und die „Ostwand“ im achten Schwierigkeitsgrad. Oder der Kletterweg „Sonnenuhr“ von Bernd Arnold im neunten Schwierigkeitsgrad.

Eine besonders eindrucksvolle Kletterei verläuft entlang der Nordwestkante. In einer internationalen Kletterzeitschrift wurde diese als „DIE Kletterkante der Welt“ bezeichnet. Der Erstbegeher dieser imposanten Kante, Werner Schönlebe, meinte: „Jeder Teufel hat einen Pferdefuß“, und er nannte seine Route so. 1984 schaffte er den Durchstieg. Die Kletterschwierigkeit ist mit Xa angegeben. Doch der Kletterweg „Pferdefuß“ war lange Zeit nicht im Kletterführer verzeichnet. Bei den acht Ringen, die zur Sicherung notwendig sind, stimmen die Abstände zueinander nicht, die laut damals geltenden Kletterregeln jedoch gefordert waren. Der Kletterführerautor Dietmar Heinicke, auch für die Anerkennung von Kletterrouten zuständig, forderte Schönlebe auf, die Ringabstände zu korrigieren. Dieser daraufhin: „Wenn ich die Ringe im Nachhinein versetzen soll, hätte ich ja gleich von oben abseilen können, um die Ringe in den Fels zu bohren.“ Im Elbsandsteingebirge sei es nun mal üblich, eine Erstbegehung vom Boden aus durchzuführen, ohne vorheriges Erkunden durch Abseilen. So sind alle Sicherungsringe genau an den Stellen platziert, wo es möglich war, sie überhaupt in dieser Art und Weise anzubringen.

Später erfolgte eine Änderung der Sächsischen Kletterregeln. Der Passus, der die Ringabstände festlegt, ist nicht mehr ganz so starr geregelt. Der Kletterweg „Pferdefuß“ ist seitdem im Kletterführer beschrieben. Der Teufel hat nun seinen Pferdefuß.