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Stasi-Vorwurf gegen Lokalpolitiker

Der Start für eine neu gewählte Runde von Ortsvertretern verkommt zum handfesten Eklat.

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© dpa

Von Eric Weser

Strehla. Es hätte ein formaler Akt werden sollen. Eigentlich. Doch die Gründungssitzung des neuen Ortschaftsrates von Unterreußen, Oppitzsch und Forberge am Mittwochabend geriet zum handfesten Eklat. Der Grund waren harsche Vorwürfe, die gegen ein Mitglied der Runde laut wurden. Doch der Reihe nach. Als Strehla am 7. Juni einen neuen Bürgermeister wählte, waren die Bürger in den Ortsteilen Oppitzsch, Forberge und Unterreußen aufgerufen, gleichzeitig einen fünfköpfigen Ortschaftsrat zu bestimmen.

Das Rennen machten drei Kandidaten der Freien Wählergemeinschaft: Friedrich Hoffmann, Werner Töpfer und Wolfgang Thieme. Die beiden übrigen Sitze gingen an Jürgen Reichert (CDU) und Enrico Scholtka (AfD). Das Meißner Landratsamt prüfte die Wahl und erklärte sie für gültig. Bei der konstituierenden Sitzung am Mittwoch sollten die nötigen Weichen gestellt werden, damit das Gremium bald seine Arbeit aufnehmen kann. Der Verlauf des Treffens legt indes nahe, dass das schwierig werden dürfte.

Plötzliche Blockade

Jürgen Reichert bezichtigte Werner Töpfer, bei der DDR-Staatssicherheit gewesen zu sein. Enrico Scholtka schlug in die gleiche Kerbe. Er wolle wissen, mit wem er am Tisch sitze, sagte er und forderte die Überprüfung einer möglichen Stasi-Vergangenheit aller Ortschaftsräte. „Bevor das nicht geklärt ist, mache ich überhaupt nichts.“

Diese Blockadehaltung sorgte für Verwunderung. Die Wahl sei ordnungsgemäß gelaufen und die Tagesordnung von allen akzeptiert worden, stellte Strehlas Hauptamtsleiterin Martina Knichale klar. „Die Überprüfung dauert ein halbes Jahr. Es kann ja jetzt nicht sein, dass wir die Arbeit des Ortschaftsrates aussetzen, das ist ja unmöglich. Da haben Sie ja völlig ihre Wähler verklapst.“ Der derzeitige Stadtchef Reimar Kalkhof (CDU) bemühte sich, die aus dem Ruder gelaufene Veranstaltung in geordnete Bahnen zurück zu lenken. Wenn es Zweifel an den Persönlichkeiten im Ortschaftsrat gebe, müsse das Gremium selbst entscheiden, ob eine Überprüfung erfolgen soll, so Kalkhof. Da diese Entscheidung demokratisch nach Mehrheitsprinzip gefällt würde, haben die Vertreter von CDU und AfD jedoch Vorbehalte – weil sie den Freien Wählern gegenüber in der Unterzahl sind.

„Raufen Sie sich zusammen“

Ihre Blockadehaltung lösten Enrico Scholtka und Jürgen Reichert dann aber doch, legten mit den anderen Räten ihren Eid ab. Anschließend wurde Friedrich Hoffmann als Ortsvorsteher und Wolfgang Thieme als sein Vize gewählt. Auch das ging nicht ohne Probleme ab – denn die kurz zuvor kritisierten Mehrheitsverhältnisse traten erstmals auf.

Die Stasi-Anschuldigungen dürften das neu gebildete Gremium noch eine Weile beschäftigen. Werner Töpfer wies gestern auf SZ-Anfrage die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Das Ganze sei eine Frechheit und der Verlauf des Abends beschämend, sagte er. Jürgen Reichert bekräftigte auf gestrige SZ-Anfrage seine Behauptungen. Werner Töpfer habe zu DDR-Zeiten einen gehobenen Posten bekleidet. Dazu sei niemand gekommen, der nicht bei der Stasi war, so Reichert. Einen Beweis dafür, dass Töpfer für den DDR-Geheimdienst gearbeitet hat, habe er aber nicht, so Reichert auf SZ-Nachfrage.

Ortsvorsteher Friedrich Hoffmann sagte, für die von Reichert und Scholtka geforderte Überprüfung werde es nur eine Zustimmung geben, wenn beide zu Zugeständnissen bereit seien. Etwa der, dass einer das Amt des Schriftführers übernimmt. Am Mittwochabend hatte Hoffmann einer Überprüfung noch ohne Konzessionen zugesagt.

Vize-Bürgermeister Reimar Kalkhof appellierte am Ende der verkorksten Sitzung am Mittwoch an die neuen Ortschaftsräte, sachbezogen für die Bürger in den Orten zu arbeiten und „den einen oder anderen persönlichen Zwist“ hintenanzustellen. „Raufen Sie sich zusammen“, lautete sein gut gemeinter Hinweis zum Schluss.