Merken

Starker Kran für Eurotunnel-Waggons in Niesky

Die Waggons für den Eurotunnel beschäftigen den Nieskyer Waggonbau schon seit Monaten.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Schulze

Von Carla Mattern

Extra lang, extra breit und extra schwer: Die Waggons für den Eurotunnel beschäftigen den Nieskyer Waggonbau schon seit Monaten. Denn dieser Auftrag ist ein besonderer. Schon als zu Beginn des Jahres bekannt wurde, dass die Firma Groupe Eurotunnel S.a. aus Paris den Auftrag für drei Züge nach Niesky vergibt, war die Rede von einem millionenschweren Großauftrag. Es sei der größte Einzelauftrag der Firmengeschichte, sagte der Waggonbau-Geschäftsführer Thomas Steiner im Januar.

Ab kommendem Jahr und bis 2017 werden in Niesky 105 Spezialwaggons gefertigt. Sie nehmen Lastwagen huckepack und fahren mit ihrer Fracht von Frankreich nach Großbritannien durch den Eurotunnel, also direkt unter dem Ärmelkanal hindurch. Damit der Auftrag reibungslos abgearbeitet werden kann, musste jetzt eine neue Krananlage in die Fertigungshalle K eingebaut werden. Die bisher genutzten Kranbrücken bewegten je 12,5 Tonnen Gewicht. Doch damit kommen die Waggonbauer bei den Eurotunnel-Waggons nicht weit. Diese Waggons sind deutlich größer und schwerer als die leichten Aluminium-Schiebewandwagen aus dem Nieskyer Waggonbau. Zurzeit fertigen die Nieskyer unter anderem solche Waggons für die Schweizer Bundespost und für den Auftraggeber Transwaggon. Etwa 26 Tonnen bringen diese Wagen auf die Waage. Die für den Lastwagentransport auf der Schiene unter dem Ärmelkanal wiegen dagegen bis zu 40 Tonnen, sagt Werner Weinhold. Der Nieskyer ist Operations Manager im Waggonbau Niesky, also zuständig für die Fertigung, für Transport, Logistik und Arbeitsvorbereitung.

Auf der Suche nach einer Lösung für das Gewichtsproblem wurde auch in Erwägung gezogen, eine Fertigungshalle samt starker Krananlage anzumieten. Man habe verhandelt, sei sich aber dann nicht einig geworden, sagt Weinhold. Eine andere Alternative war, die einzelnen Baugruppen in Niesky zu fertigen, und mit der Montage nach Frankreich zu gehen. In einem Ortsteil von Calais, ganz in der Nähe des Eurotunnels, wäre das auch möglich gewesen. Doch die Endmontage vor Ort wäre sehr kostenintensiv geworden, sagt Werner Weinhold.

Deshalb wurde eine weitere Möglichkeit überprüft. Die Fertigungshalle K auf dem Nieskyer Waggonbaugelände wurde für den Großauftrag vorbereitet. Im Mai wurde eine neue Krananlage bestellt. Damit auch die Stützen die deutlich höhere Last bewältigen, kam ein Statiker zum Einsatz. Der stellte fest, dass die Kranstützen verstärkt werden müssen. Nachdem auch das erledigt war, kamen in der vergangenen Woche Monteure, und bauten die neuen Kranbrücken ein. Die werden im so genannten Tandembetrieb für die Eurotunnel-Waggons zum Einsatz kommen. Damit haben sie genügend Kraft.

Mit dem Einbau der leistungsfähigen Takraf-Kräne wurde die alte Technik ausgebaut. Damit gibt es in dem Betrieb, in dem zu Hochzeiten mehr als 3 000 Menschen beschäftigt waren, wieder ein Stück weniger Nostalgie aus DDR-Zeiten. Mit den zwei Kranbrücken verschwinden jetzt auch die Kranfahrerkabinen unter der Hallendecke. Die neuen Kranbrücken werden per Joystick funkferngesteuert. Insgesamt investiert der Waggonbau 0,3 Millionen Euro nur in diese Krananlage.

Eigentlich sind auch die Hallentore zu schmal für die Eurotunnel-Waggons. Die werden vier Meter breit sein. Die Tore dagegen haben eine Breite von 3,80 Metern. Auch dafür gibt es eine Lösung. „Wir werden die Waggons mit Schwenkwagen ankippen, um sie in der Diagonale bewegen zu können“, erklärt Weinhold.

Völliges Neuland betreten die Waggonbauer mit dem Eurotunnel-Lkw-Transport-Waggons nicht. Für einen Schweizer Kunden wurden bereits ähnliche Waggons entwickelt und gebaut, in denen Lkw durch den St.-Gotthardt-Tunnel transportiert werden.

Für den Kranbahneinbau ist die Zeit der Betriebsruhe genutzt worden. Während die meisten Waggonbauer den Urlaub genießen, werden im Betrieb Maschinen und Anlagen gewartet und instand gehalten, an den Gebäuden Reparaturen erledigt, unter anderem im Heizhaus und in der Farbgebung. Am kommenden Montag starten die Waggonbauer wieder in mehreren Schichten.