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Starb bei einem Unfall einer der Königshainer Wölfe?

Eine genetische Untersuchung soll zur Aufklärung beitragen. Laut Behörde stammte das Tier aus den Königshainer Bergen.

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© SZ-Archiv

Von Constanze Junghanß

Königshain. Bremsen half dem VW-Fahrer nicht mehr, der Zusammenstoß war unvermeidlich. Dem Tier auf der Fahrbahn konnte das Auto nicht mehr ausweichen. Mit Sicherheit war der Schreck groß, als der Fahrer erkannte, wer ihm da in sein Auto gerannt war und nun leblos auf der Straße lag. Schnell griff der Mann an diesem frühen Morgen zum Telefon und informierte die Polizei. Die traf am Unfallort ein. Das Auto war mit einem Wolf zusammengestoßen. Der Unfall ereignete sich am Monatsanfang auf der Bundesstraße 115 in der Nähe von Kodersdorf/Särichen. „Der Fahrer konnte die Kollision mit dem Wildtier auf der unbeleuchteten Bundesstraße nicht verhindern“, sagte Polizeisprecher Thomas Knaup der SZ. Etwa 500 Euro Sachschaden entstanden am Fahrzeug. „Der Wolf erlag seinen Verletzungen“, so Knaup. Die polizeilichen Maßnahmen wären damit abgeschlossen.

Es ist der mittlerweile elfte tote Wolf in Sachsen in diesem Jahr. Insgesamt verzeichnet die Statistik von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) vom Jahr 2000 bis heute 63 Totfunde dieser Tierart im Freistaat – der überwiegende Teil davon kommt aus dem Landkreis Görlitz. Und wie in den meisten Fällen – nämlich 41 aller Totfunde – starb beim jüngsten Vorkommnis der Wolf durch einen Verkehrsunfall. Als weitere Todesursachen listet das Kontaktbüro sieben illegale Tötungen, acht natürliche und sechs unklare Todesursachen sowie eine Einschläferung eines blinden Welpen auf.

Der tote Wolf von Kodersdorf ist eigentlich eine Wölfin. „Eine Fähe“, wie Jana Endel vom Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ bestätigt. Noch ist unklar, woher das Alttier eigentlich genau kommt. Die DBBW ordnet das Fundgebiet den Königshainer Bergen zu. Die Herkunft allerdings ist noch offen. Genetische Untersuchungen wurden nun angeordnet. Die dauern im Moment an. „Die Rudelzugehörigkeit der Fähe wird geklärt“, so die Forstwirtin. Die Vermutung vom Kontaktbüro ist, dass das Tier vom Königshainer oder vom Biehainer Rudel stammt. Beides wäre für die Expertin denkbar. Denn die Königshainer Berge gelten als „Überlappungsgebiet“. Auf einer entsprechenden Karte vom Kontaktbüro sind die Territorien als Kreise oder Ellipsen dargestellt, die sich in ihren Grenzen berühren. „Diese Grenzen sind nicht statisch, sondern können sich von Jahr zu Jahr verschieben“, erklärt Jana Endel. Manchmal allerdings würden Wölfe auch in fremde Gebiete eindringen.

Dort hielten sie sich in der Regel aber nicht lange auf und würden von den alteingesessenen Wölfen vertrieben.

Die sogenannten „Kerngebiete“ allerdings bewohnten die Rudel konstant über viele Jahre hinweg. Und da die Königshainer Berge Kerngebiet des Königshainer-Berge-Rudels sind, würden die sich dort auch vorwiegend aufhalten. Aktuell leben dort laut Kontaktbüro bis zu drei ältere Wölfe. Im Sommer dieses Jahres gab es Nachwuchs bei Familie Canis Lupus – so der lateinische Name. Zwei Welpen erblickten das Licht der Welt. Nachgewiesen wurden die Tiere mithilfe von Fotofallenaufnahmen und genetischer Analyse der Elterntiere. Sichtmeldungen flössen ebenso in das Monitoring für Wolfsnachweise ein. Handelt es sich bei der verunfallten Fähe tatsächlich um eine Königshainer Wölfin, schrumpft die Größe des ohnehin kleinen Rudels. Zum Vergleich: Beim Biehainer Rudel wurden im vergangenen Monitoringsjahr fünf und beim Königshainer Rudel dagegen gar kein Welpe geboren. Das aktuelle Monitoringsjahr ist aber noch nicht abgeschlossen. Es begann Anfang Mai 2017 und endet am 30. April 2018. Weitere Veränderungen der Rudelgrößen sind also noch möglich.